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Cato 04 - Die Brüder des Adlers

Cato 04 - Die Brüder des Adlers

Titel: Cato 04 - Die Brüder des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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doch Cato konnte nicht länger zusehen und wandte sich ab. Er eilte zur Leiter und kletterte in die Umfriedung hinunter. Als er unten ankam, hörte er das Krachen brechender Gliedmaßen, und der Schrei des Jungen schnitt durch die Morgenluft, als führe ein Dolchstoß tief in Catos Unterleib.

    Es ging den ganzen Vormittag so weiter und immer mehr Gefangene lagen mit zertrümmerten Gliedmaßen auf der Straße. Jetzt, da so viele von ihnen verkrüppelt waren und qualvoll an ihren Knochenbrüchen litten, hörten die Schreie gar nicht mehr auf. Macro zwang sich, auf dem Wehrgang über dem Tor stehen zu bleiben und Tincommius’ regelmäßige Kapitulationsforderungen schweigend zurückzuweisen. Jedes Mal, wenn Macro die Antwort verweigerte, wurde der nächste Gefangene ins Blickfeld der Verteidiger gezerrt, und man schlug erbarmungslos auf seine Beine ein, bis diese brachen. Um seiner Forderung noch mehr Nachdruck zu verleihen, befahl Tincommius dem Krieger mit der Keule, nun auch die Arme zu brechen, und wenn beide Schienbeine zertrümmert waren, nahm dieser sich dann die Ellbogen vor.
    Obwohl Cato sich weit vom Eingang zurückgezogen hatte, konnte er sich dem Schrecken nicht entziehen, denn das Geschrei ging durch Mark und Bein. Keiner in der königlichen Umfriedung sagte ein Wort. Die meisten saßen da, starrten zu Boden und waren jedes Mal sichtlich erschüttert, wenn zu dem schrillen, nervenzerfetzenden Chor die Stimme eines neuen Opfers hinzukam. Manche Männer lenkten sich mit dem Schärfen ihrer Schwerter ab und führten die Wetzsteine heftig über die Klingen, doch auch damit ließ sich das grauenhafte Geschrei nicht übertönen. Schließlich hielt Cato es nicht länger aus und stieg zu Macro hinauf. Der ältere Offizier hatte sich nicht bewegt und starrte mit starrer, unversöhnlicher Miene auf die Straße hinunter. Für Cato hatte er nur einen knappen Blick übrig.
    »Was ist denn?«
    »Ich mache mir Sorgen, wie viele unsere Leute noch aushalten können … Herr.« Cato nickte unauffällig zu den Männern in der Umfriedung hinunter. »Es macht sie fertig.«
    »Es macht dich fertig, wolltest du wohl sagen«, entgegnete Macro höhnisch. »Wenn du das hier nicht wegstecken kannst, was machst du dann eigentlich in dieser Uniform?«
    »Herr«, protestierte Cato bestürzt über Macros heftigen Angriff. »Ich … Ich …«
    »Was? Spuck’s aus.«
    Cato suchte verzweifelt nach einer Antwort, war aber zu erschöpft, um sich mit einem passenden Argument verteidigen zu können. In seinem tiefsten Inneren wusste er, dass Macro Recht hatte: Es ging ihm mehr um ihn selbst als um die Reaktion der Männer, und er blickte schuldbewusst zu Boden.
    »Nichts … Ich kann es nicht ertragen.«
    Der Veteran sah ihn scharf an, die Miene erbittert, und seine Kiefer mahlten. Einen Moment lang dachte Cato, dass Macro explodieren und ihn vor allen Männern niederbrüllen würde. So groß war Catos Angst, sich eigener Unfähigkeit schämen zu müssen, dass diese demütigende Aussicht alles andere in den Hintergrund drängte. Doch dann blickte Macro an Cato vorbei und bemerkte die Gesichter, die sich den beiden Zenturionen zugekehrt hatten. Er atmete heftig durch und zwang sich, seinen völlig verkrampften Körper zu lockern.
    »Nun, du musst es eben ertragen«, erklärte Macro ruhig. »Schlimmer kann es nicht mehr werden, Cato. Du musst ruhig bleiben, dich unter Kontrolle halten und darfst nicht nachgeben. Oder du musst zumindest versuchen, so ruhig wie möglich zu bleiben.« Bei der Erinnerung an den Moment aufwallenden Zorns, mit dem er auf die Verkrüppelung des ersten Gefangenen reagiert hatte, schüttelte Macro traurig den Kopf.
    »Können wir denn gar nichts tun?«
    Macro zuckte mit den Schultern. »An was hattest du denn gedacht?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht könnten wir einen Ausfall machen und unsere Leute zurückholen.«
    »Cato, sie sterben ohnehin. Was ändert es, wenn wir sie jetzt retten? Dann leben sie noch ein paar Stunden länger, bevor die königliche Umfriedung fällt, mehr nicht. Wenn unser Rettungsversuch dagegen fehlschlägt, sterben wir alle ein bisschen früher.«
    »Dann ist es ja eigentlich egal.«
    »Fast«, räumte Macro ein. »Aber ich weiß einfach, dass es unsere Pflicht ist, den König zu bewachen, und zwar so lange wie möglich.«
    »Und wir lassen sie einfach so weitermachen?« Cato zeigte auf die Straße.
    »Was bleibt uns anderes übrig?«
    Der Jüngere öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Er

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