Cato 04 - Die Brüder des Adlers
Stirn bieten. Wenn eine Nation die Waffen gegen Rom erhebt, ist der Ausgang vorhersehbar. Mag sein, dass Rom einmal einen kurzfristigen Rückschlag hinnehmen muss oder ein Feind seine Niederlage durch einen Partisanenkampf verzögert, wie Caratacus ihn jetzt führt. Doch die Legionen werden immer die Oberhand behalten und jeden feindlichen Stützpunkt unter ihren Stiefelabsätzen zermalmen. Am Ende wird Caratacus die Schlacht nicht gewinnen können. Es wird niemand mehr da sein, der neue Männer, neue Waffen und vor allem Nahrung und Unterkunft stellen könnte.«
Cato machte eine Pause, damit Tincommius seine Worte für alle übersetzen konnte, die wenig oder kein Latein sprachen. Artax schnaubte verächtlich und schüttelte den Kopf.
»Ich will damit die Stämme dieser Insel nicht abwerten«, fuhr Cato fort. »Ganz im Gegenteil, inzwischen bewundere ich sie in vieler Hinsicht.« Vor seinen inneren Augen blitzte plötzlich ein Bild der schauerlichen Trophäen auf, die die Männer beim Hinterhalt erbeutet hatten. »Unter ihnen sind viele großartige Krieger, doch genau das ist auch ihre Schwäche. Eine Armee aus vielen Kriegern kann wenig ausrichten, solange sie nicht zu einer einzigen Einheit mit einem gemeinsamen Ziel verschmolzen ist, die gemeinsam handelt und sich einem einzigen Willen unterwirft. Daher werden die Legionen Caratacus schlagen. Und genau deshalb werden sie auch jeden anderen schlagen, der sich ihnen entgegenstellt. Inzwischen sollte Caratacus wissen, dass er nicht siegen kann. Er sollte wissen, dass er das Leiden der Stämme durch seinen Widerstand nur vergrößert, und das macht mich traurig …«
»Das macht dich traurig?«, unterbrach ihn Verica. »Du trauerst um deinen Feind?«
Cato nickte. »Ja, Majestät. Frieden ist mein höchstes Ziel. Ein Frieden, aus dem sowohl Rom als auch die Kelten ihren Vorteil ziehen. Der Frieden wird so oder so kommen, aber nur zu Roms Bedingungen. Je länger einige andere Stämme an ihrem Widerstand festhalten und die Veränderungen ablehnen, die du und die Atrebates inzwischen akzeptieren, desto länger werden alle Beteiligten leiden. Widerstand ist zwecklos. Nein, schlimmer als zwecklos. Es ist unmoralisch, weiterzumachen und Leid zu verursachen, wenn man genau weiß, dass man unterliegen wird.«
Nach der Übersetzung von Catos Worten folgte ein kurzes Schweigen.
Dann sprach Artax: »Ich frage mich, ob es nicht zunächst mal unmoralisch ist, uns zu so einer Entscheidung zu zwingen. Warum ist Rom an unseren Küsten gelandet? Wozu braucht das Imperium unsere erbärmlichen Hütten, da es doch selbst riesige Städte und unermesslichen Reichtum sein Eigen nennt? Warum versucht Rom, uns das Wenige wegzunehmen, das wir besitzen?« Artax sah ihn feindselig an.
»Ihr mögt jetzt wenig besitzen, aber schließt euch dem Imperium an, so werdet ihr in Zukunft mehr haben«, antwortete Cato.
Artax lachte bitter. »Ich bezweifle, dass Rom aus Wohltätigkeit hier ist.«
Cato lächelte. »Zur Zeit magst du Recht haben. Aber vielleicht wirst du noch erleben, dass sich auf dieser Insel dank Rom vieles zum Besseren wendet.«
Tincommius runzelte die Stirn. »Aber ich verstehe noch immer nicht, warum Rom eigentlich hierher gekommen ist, wenn das Imperium dabei nichts gewinnt.«
»Politik«, erklärte Macro. »Die verdammte Politik. Der Adel erhält die Möglichkeit, sich ein bisschen mit Ruhm zu bekleckern. Die kriegen einen hübschen Eintrag in den Geschichtsbüchern, während wir normalen Soldaten unseren Kopf hinhalten. So ist das nun mal.«
»Dieser Krieg dient also nur dazu, Kaiser Claudius gut dastehen zu lassen?«
»Natürlich.« Macro wirkte erstaunt über die Naivität des britischen Prinzen. »Außerdem«, fuhr er dann mit mahnend erhobenem Zeigefinger fort, »wieso glaubst du eigentlich, dass es bei euch irgendwie anders wäre? Darum geht es doch bei jedem Krieg – dass zum Schluss einer von den Schurken besser dasteht. Und jetzt, wo ist das verdammte Bier? Sklave! Her damit!«
Während Macro darauf wartete, dass ihm nachgeschenkt wurde, wechselte Cato eilig das Thema.
»Majestät, wann bekommen wir denn diese geheimnisvolle Unterhaltungseinlage zu sehen, die du für uns vorbereitet hast?«
»Geduld, Zenturio. Erst müssen wir essen.« Verica nickte zu einigen adligen Damen hinüber, die an einem Nachbartisch saßen und sich angeregt unterhielten. »Nicht, dass die eine oder andere dieser Hübschen nicht mehr weiteressen möchte, wenn sie sieht, was ich für
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