Cato 04 - Die Brüder des Adlers
um Macro eventuelle Unannehmlichkeiten zu ersparen.
»Zenturio Macro will damit sagen, dass die Kohorten zunächst dafür ausgebildet werden müssen, eine anspruchsvollere Aufgabe zu übernehmen. Dieser Sieg ist nur der erste von vielen, und wenn die Wölfe und die Keiler in den Krieg ziehen, kannst du versichert sein, dass sie deine Feinde vernichten und die Grenzen deines Ruhms erweitern werden.«
Macro starrte ihn mit offenem Mund an, doch Verica lächelte nun wieder und schien zufrieden mit der Aussicht, die der junge Zenturio ihm eröffnet hatte.
»Nun gut, meine Herren! Nachher werde ich vielleicht einen Trinkspruch auf den fortgesetzten Erfolg der Partnerschaft meines Volks mit Rom ausbringen. Doch da kommt Cadminius zurück. Das Essen dürfte jetzt fertig sein – das rate ich ihm zumindest. Würdet ihr jetzt bitte euren Platz dort an der Tafel einnehmen? Ich setze mich gleich zu euch.«
Die beiden Zenturionen verbeugten sich und gingen zum erhöhten Tisch am Kopfende der Tafel.
»Was war denn das, verdammt noch mal?«, zischte Macro. »Was denkst du dir eigentlich? Diese beiden Kohorten sind zum Dienst in der Garnison und zum Schutz der Konvois bestimmt. Und das war’s. Mit denen wird er kein Reich erobern und schon gar keine richtige Schlacht gewinnen.«
»Natürlich nicht«, stimmte Cato zu. »Für wie dumm hältst du mich eigentlich?«
»Aber du sagtest doch …«
»Ich habe gesagt, was er hören wollte, das ist alles. Er wird seine Meinung ohnehin rasch ändern, sobald seine Leute wieder zu murren beginnen. Dann wird er froh sein, wenn seine Kohorten ganz in seiner Nähe bleiben.«
Macro starrte seinen jungen Kameraden wütend an. »Ich hoffe bloß, dass du dich nicht irrst und ihm damit Flausen in den Kopf gesetzt hast.«
Cato lächelte. »Kein auch nur halbwegs vernünftiger Mensch hört auf den Rat eines jungen Menschen, den man noch kaum einen Mann nennen kann.«
»Allerdings«, knurrte Macro. »Damit hast du Recht.«
15
Endlich brachten die Küchensklaven das Essen, schnaufend unter der Last der am Spieß gebratenen Schweine. Cadminius ließ vor Erleichterung die Schultern sacken, dass sein Herr nun nicht mehr ungeduldig mit dem Fuß klopfte, sondern stattdessen das dampfende Bratenstück mit der knusprigen Kruste, das gerade für ihn abgeschnitten wurde, erwartungsvoll beäugte. Verica hatte seinen Thron verlassen und lag im römischen Stil auf einer Couch, von der aus er den ganzen Saal überblicken konnte, während seine Ehrengäste die restlichen drei Seiten der Tafel einnahmen. Sie stand auf einer erhöhten Plattform, damit der König und seine Ehrengäste den besten Blick auf die Unterhaltungseinlagen des Abends hatten. Macro und Cato hatten die Ehrenplätze zu Vericas Rechter erhalten, während die verbliebenen Plätze von den atrebatischen Edelleuten und einem rundlichen griechischen Kaufmann mit geöltem und parfümiertem Haar eingenommen wurden. Neben Cato saß Artax, von Cadminius flankiert. Catos und Artax’ Augen begegneten sich kurz und Cato erkannte den gleichen verdrossenen Hochmut, den der junge Edelmann auch schon bei ihrer ersten Begegnung im römischen Lager an den Tag gelegt hatte. Tincommius, der inzwischen von seinem Wachdienst am Eingang befreit war, hatte sich ebenfalls zu ihnen gesellt.
Während sie darauf warteten, dass Verica den ersten Bissen nahm, stieß Cato Tincommius leicht an: »Hast du eine Ahnung, was für eine Abendunterhaltung es geben wird?«
»Nein. Der alte Knabe hat nichts durchsickern lassen. Aber ich denke, Cadminius weiß Bescheid. Deshalb war er den ganzen Nachmittag so nervös – er möchte sichergehen, dass die große Publikumsüberraschung auch wirklich gelingt. «
»So lange werde ich wohl kaum durchhalten, wenn ich nur noch einen Moment länger auf mein Essen warten muss …«
Es entstand eine spürbare Spannung im Saal, während die Gäste des Königs schweigend darauf warteten, dass ihr Gastgeber den ersten Bissen nahm. Erst dann durften sie selbst von ihren voll geladenen Tellern essen. Mit theatralischer Anmut führte der alte König ein Stückchen Schweinebraten zum Mund und knabberte an einer Ecke. Hinter ihm hob einer der Leibwächter die königliche Standarte, hielt sie einen Moment lang oben und stellte sie mit einem dumpfen Krachen auf den Boden zurück. Sofort nahmen die Gäste ihre Gespräche wieder auf, stopften sich gleichzeitig mit Braten voll und spülten das Ganze mit Bier hinunter. Cato hob sein Trinkhorn und
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