Cato 05 - Beute des Adlers
verstehe das nicht.«
»Lügner!«, zischte der König verächtlich. »Du weißt ganz genau, wer das getan hat. Römer! In einer anderen Hütte liegen die Leichen der hilflosen Bauern und ihrer Kinder. Dies ist also das Werk des Imperiums, mit dem wir Frieden schließen sollen?«
»Das waren nicht die Römer.« Cato versuchte, so gefasst wie möglich zu klingen, obwohl sein Herz in Todesangst wie ein Trommelwirbel klopfte. »Das waren Wahnsinnige.«
»Römische Wahnsinnige! Wer sonst hätte dies tun können?« Caratacus hob die Faust und deutete mit dem Finger auf Cato. »Willst du etwa meine Männer beschuldigen?«
»Nein.«
»Wer sonst würde … könnte so etwas tun? Nur die Römer.« Er funkelte Cato herausfordernd an. Der Centurio war sich nur zu bewusst, dass ein Abstreiten ihn das Leben kosten könnte.
Cato schluckte nervös. »Ja, aber … aber sie haben nicht auf Befehl gehandelt.«
»Und das soll ich dir glauben? Schon seit Tagen erhalte ich Meldungen über Strafaktionen, die deine Legionäre über die Menschen verhängt haben, die im Tal leben. Sie haben Frauen und Kinder auspeitschen lassen, Gehöfte verbrannt und viele getötet … und jetzt das. Gestern hast du mir noch das Ende des Krieges in Aussicht gestellt. Und ich … ich hätte dir beinahe geglaubt. Doch jetzt kenne ich das wahre Gesicht des römischen Friedens. Ich kenne es nur zu gut, und ich weiß auch, was ich jetzt zu tun habe. Es wird niemals Frieden zwischen uns geben. Niemals. Also … werde ich dein Volk bis aufs Blut bekämpfen, solange ich lebe.«
Beim Anblick von Caratacus ’ wutverzerrter Miene und seiner so fest geballten Fäuste, dass die Knöchel wie blanke Knochen hervorstanden, wusste Cato, dass es zu Lebzeiten des Keltenkönigs keinen Frieden geben würde. Auch Catos eigenes Leben und das der Männer im Pferch war verwirkt. Und das alles nur, weil Metellus seine Gier nach einer ordentlichen Mahlzeit nicht hatte zügeln können. Einen Augenblick lang wünschte Cato Metellus einen langsamen und schmerzhaften Tod als Vergeltung für das Leid, das sein Appetit über sie gebracht hatte. Traurig, dass seine letzten Gedanken von so viel Bitterkeit erfüllt waren, dachte Cato mit einem bedauernden Lächeln. Aber so war es nun mal. Er sah zu Caratacus auf und bereitete sich auf sein Ende vor.
Doch bevor der feindliche Heerführer etwas tun konnte, drangen verängstigte, alarmierte Stimmen von draußen an die Ohren der beiden Männer, die sich zum Eingang umwandten. Caratacus eilte nach draußen, und als er sich durch den Eingang zwängte, lag die Hütte für einen Augenblick im Dunklen. Dann richtete sich auch Cato auf, warf einen letzten Blick auf die Leichen und folgte ihm.
»Was ist?«, rief Caratacus seinen Männern zu. »Was ist los?«
»Eine römische Patrouille, Herr.« Einer der Krieger streckte den Arm aus und deutete auf den Pfad, der zu den Gehöften führte. »Etwa zwanzig Mann. Sie sind zu Fuß.«
»Wie weit entfernt?«
»Höchstens eine halbe Meile.«
»Sie werden uns den Weg abschneiden, bevor wir die Flucht ergreifen können«, sagte Caratacus. »Weiß jemand, ob noch ein anderer Weg hier rausführt?«
»Herr«, meldete sich einer seiner Leibwächter. »Ich kenne die Gegend. Hier ist fast überall Schlamm und Sumpf. Da kriegen wir die Pferde nie durch.«
Caratacus schlug sich vor Enttäuschung mit der Hand gegen den Oberschenkel. »Nun gut. Holt die Pferde und versteckt sie hinter den Hütten. Sie dürfen keinen Laut von sich geben, verstanden?«
»Ja, Herr.«
»Dann los!«
Der Krieger zerrte einen Kameraden mit sich, und gemeinsam rannten sie auf die Pferde zu, die zwischen den Hütten an einen Balken gebunden waren. »Folgt mir. Nehmt den Gefangenen mit«, befahl Caratacus den übrigen drei Männern.
Cato wurde an der Schulter gepackt und hinter dem feindlichen Anführer hergeschoben. Caratacus führte die kleine Gruppe an den Bauernhäusern und Viehställen vorbei auf den einzigen Hügel weit und breit zu. Eilig näherten sie sich der noch etwa hundert Schritt entfernten, mit einigen verkrüppelten Bäumen bewachsenen Hügelkuppe. Dies war Catos Gelegenheit, sich loszureißen und einen Fluchtversuch zu wagen. Seine Kameraden würden ihm helfen – und obwohl er noch immer zum Tode verurteilt war, konnte er ja möglicherweise auf eine Begnadigung hoffen, wenn er den Standort des feindlichen Lagers preisgab.
Sein Puls beschleunigte sich, seine Muskeln spannten sich an. Während er sich auf den
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