Cato 05 - Beute des Adlers
derartig feige Anschuldigungen zur Wehr zu setzen. Er musste vorsichtig vorgehen, bevor der alte Centurio noch gänzlich in Panik verfiel und eine übereilte, womöglich fatale Entscheidung traf. Außerdem war sich Cato sicher, dass Tullius im Unrecht war.
»Wie konnte ich nur so verrückt sein?«, fuhr Tullius verbittert fort. »Völlig verrückt. Ich hätte dich niemals laufen lassen dürfen. Im Gegenteil, ich sollte dich deines Kommandos entheben.«
»Einen Augenblick, Herr.« Macro trat vor. »Das ist ungerecht. Wir alle haben uns auf diesen Plan geeinigt. Da darfst du nicht Cato allein die Schuld geben.«
Tullius sah Macro wütend an. »Vielleicht sollte ich euch beide in Ketten legen lassen.«
»Herr«, unterbrach ihn Cato sanft. »Wir sollten uns nicht vor den Männern streiten.«
Tullius sah sich um. Die Legionäre in der Nähe beobachteten sie neugierig. »Zurück auf eure Plätze! Haltet nach dem verdammten Feind Ausschau!«
Die Männer sahen weg und versuchten so zu tun, als würde sie der Streit ihrer Offiziere nicht im Geringsten interessieren. Tullius senkte die Stimme, bevor er sich wieder Cato und Macro zuwandte.
»Um euch kümmere ich mich später. Jetzt wird jeder Mann gebraucht, der ein Schwert halten kann. Aber eins verspreche ich euch: Wenn wir das hier auf wundersame Weise überleben sollten, werdet ihr mir für diese Scheiße hier geradestehen.«
Macro blähte die Nasenlöcher, holte tief Luft und setzte gerade zu einer passenden Antwort an, als Cato ihn am Unterarm packte, damit er die ganze Situation nicht noch weiter verschlimmerte.
»Ja, Herr. Einverstanden. Aber kümmern wir uns zunächst um die Angreifer. Später kannst du mit uns tun und lassen, was du willst.«
Centurio Tullius nickte. »Also gut. Wir müssen dieser Falle irgendwie entkommen.«
»Wenn wir die Barrikade verlassen«, sagte Macro, »solange sie noch ihre Wunden lecken und sich für die nächste Attacke vorbereiten, könnten wir es rechtzeitig zum Lager schaffen. Dort haben wir bessere Aussichten.«
»Vorausgesetzt, die Streitmacht, die sich bereits dort befindet, ist klein genug, um sie überrennen zu können«, antwortete Tullius. »Außerdem wissen wir nicht, wie schwer die Verteidigungsanlagen bereits beschädigt sind.«
»Herr?«
»Was ist denn jetzt, Cato? Hast du schon den nächsten genialen Plan auf Lager?«
»Nein, Herr. Ich glaube nur nicht, dass es sehr sinnvoll ist, zum Lager zurückzukehren, wenn wir nicht wissen, was wir dort vorfinden werden. Vielleicht sind die Verteidigungsanlagen noch intakt, vielleicht aber auch nicht. Dann sollten wir lieber hierbleiben. Außerdem glaube ich nicht, dass uns diejenigen, die das Lager angegriffen haben, gefährlich werden können.«
»Ach, wirklich? Wie kommst du denn darauf?«
Cato ignorierte den Sarkasmus seines Vorgesetzten. »Das sind nicht Caratacus ’ Männer. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um die Dorfbewohner. Sie nutzen die Gelegenheit, um sich an uns zu rächen. Sie plündern, was nicht niet- und nagelfest ist, und zerstören alles Übrige. Ich glaube, danach werden sie es mit der Angst bekommen und davonrennen.«
»Du glaubst … «
»Wenn Cato recht hat, was ist dann mit Maximius und Felix? Und dem armen Nepos?« Macro sah besorgt zu dem unablässig aufsteigenden Rauch hinüber. »Wir müssen sie retten. Lass mich gehen, Herr. Ich brauche nur eine halbe Centurie, um … «
»Zwecklos«, schnitt ihm Cato das Wort ab. »Die sind bereits tot. Wer auch immer dort ist – der Feind oder die Dorfbewohner – , hat sie mit Sicherheit nicht verschont. Außerdem hat der Kohortenkommandant recht – hier wird jeder Mann gebraucht. Wir müssen Caratacus so lange aufhalten, bis Vespasian eintrifft.«
»Wenn er denn eintrifft«, gab Macro zu bedenken.
»Also gut.« Cato nickte. »Wenn er denn eintrifft. Aber davon hängt nun alles ab. Wenn die Legion uns nicht zu Hilfe eilt, kämpfen wir auf verlorenem Posten. Sollte der Legat jedoch tatsächlich auf dem Weg hierher sein, müssen wir so lange wie möglich aushalten. Nur das zählt.« Cato starrte Centurio Tullius entschlossen an. »Herr, wir haben keine Wahl. Wir müssen hier standhalten.«
Tullius schwieg. Ihm wollte nichts einfallen, was Catos Beschreibung ihrer Situation widersprochen hätte. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr war er davon überzeugt, dass sie keine andere Wahl hatten.
»Schon gut. Macro?«
»Herr?«
»Schick einen Mann auf den Hügel da, er soll Ausschau nach
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