Cato 05 - Beute des Adlers
zurückfallen, bis er auf Höhe ihrer Mitte war.
»Nicht nachlassen, Männer! Macro zählt auf uns. Weiter!«
Im Laufen beobachtete er das gegenüberliegende Flussufer. Die Staubwolke, die Caratacus ’ Armee aufwirbelte, war nun deutlicher zu erkennen. Obwohl von der Barbarenhorde selbst nichts zu sehen war, konnte Cato bereits abschätzen, dass die Kohorte fünfzig zu eins in der Unterzahl sein würde. Wenn Macro auf sich allein gestellt war, würde das Verhältnis etwa dreihundert zu eins betragen. Noch während er diese Berechnungen anstellte, wusste Cato, dass ihr Schicksal in dem Augenblick besiegelt war, in dem es dem Feind gelang, das Südufer zu besetzen. Und dies würde ohne Zweifel geschehen.
Die Hitze und das Gewicht von Kettenhemd, Schild, Helm und Waffen ließen Cato schon bald das Blut in den Ohren pochen. Er atmete schnell und schwer. Seine Lunge fühlte sich an, als hätte man ihm ein Eisenband um die Brust gelegt, das sich immer weiter zusammenzog. Schon bald schrie jede Faser seines Körpers unter Schmerzen auf. Das Verlangen, stehen zu bleiben, sich zu übergeben und nach Luft zu schnappen war fast übermächtig. Allein dass er so viel Angst hatte, sich vor seinen Männern eine Blöße zu geben und das Wissen, dass sich Macro in Gefahr befand, hielten ihn davon ab, sich auf den Boden zu werfen. Stattdessen zwang er sich, den Schmerz Schritt für Schritt zu überwinden – mit derselben eisernen Willenskraft, die ihn bis jetzt jede von der Legion gestellte Herausforderung hatte meistern lassen.
Zwischen dem Kampf mit seiner eigenen Entschlossenheit und den gelegentlichen, an seine Männer gerichteten Anfeuerungsrufen bemerkte er irgendwann, dass Figulus zurückgefallen war und neben ihm herrannte.
»Wieso … bist du nicht auf deiner Position?«, keuchte Cato heiser.
»Hast du es nicht gehört, Herr?«
»Was gehört?«
»Ich dachte, ich hätte Hörner gehört, Herr. Britische Kriegshörner. Gerade eben.«
Cato dachte nach, doch er konnte sich nicht erinnern, etwas anderes als die Schritte der Kolonne vernommen zu haben. »Bist du sicher?«
Figulus blickte unsicher drein. Einen Augenblick lang fürchtete er, dass ihm seine Einbildung einen Streich gespielt hatte. Doch dann hellte sich seine Miene plötzlich auf.
»Da, Herr! Hörst du nicht?«
»Ruhe!« Cato blieb stehen und lauschte. Das Blut rauschte in seinen Ohren, er keuchte und … ja, da war ein leises Pfeifen. Das schrille Kreischen eines ganzen Chors von Kriegshörnern. »Ich höre es. Zurück ins Glied.«
Cato setzte sich wieder in Bewegung. Figulus rannte zum Anfang der Centurie. Sie konnten jetzt nicht mehr weiter als eine Meile von der Furt entfernt sein. Cato sah auf. Der Fluss machte eine Biegung nach Norden. Zu beiden Uferseiten lagen Leichen. Dann konnte er zwischen zwei Hügeln am Nordufer hindurchspähen und bemerkte, dass dort eine gewaltige Anzahl von Fußsoldaten parallel zur Kohorte marschierte.
»Immer weiter!«, rief Cato seinen Männern zu. »Wir sind gleich da! Weiter!«
Er vertrieb alles andere aus seinem Kopf, bis nur noch die Notwendigkeit, die Furt rechtzeitig zu erreichen und Caratacus ’ Armee den Fluchtweg abzuschneiden, seine Gedanken beherrschte – und natürlich, Macro und seine Männer vor der Vernichtung zu retten.
Beim nächsten Schmettern der Hörner wandte Macro sich dem Nordufer zu. Brüllend kamen die Briten die Anhöhe hinab auf die Furt zugestürmt. Der Fluss verwandelte sich in ein brodelndes Chaos aus weißer Gischt, als sie die schillernde Wasseroberfläche durchbrachen.
»Die Reihen schließen!«, brüllte Macro über den Lärm hinweg. »Schilde hoch!«
Zu beiden Seiten rückten die Legionäre zusammen und hoben die Schilde, um den Feind auf eine geschlossene Verteidigungslinie auflaufen zu lassen. Die Römer packten ihre Wurfspeere noch fester, bereit, sie auf Befehl auf den durch den Fluss stürmenden Feind zu schleudern.
»Ruhig bleiben!«, rief Macro. »Sie werden jeden Moment die Pfähle erreichen.«
Die Briten, angefeuert von den kehligen Rufen ihrer Kameraden am Ufer hinter ihnen, waren keine hundert Schritte mehr entfernt. Plötzlich blieben mehrere Männer in der ersten Angriffsreihe unvermittelt stehen und krümmten sich zusammen. Unbeirrt liefen die nachfolgenden Männer weiter – sie wichen ihren verwundeten Mitstreitern aus, nur um selbst von den nächsten Hindernissen aufgespießt zu werden. Weitere Kämpfer drängten von hinten hinzu, und schon bald brach der
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