Cato 05 - Beute des Adlers
geschwungenen Schleudern und das Zischen der durch die Luft sausenden Steine ein stetes Hintergrundgeräusch. Doch obwohl die feindlichen Kämpfer reihenweise zu Boden gingen, bewirkte der Angriff nur, dass das Aufspüren und Entfernen der Holzpfähle langsamer vonstattenging. Jeder Mann, der einem Geschoss zum Opfer fiel, wurde umgehend durch einen anderen ersetzt, der schon am Flussufer wartete. Der Hauptteil der britischen Streitmacht hatte sich schweigend in der Glut der Nachmittagssonne entlang des Nordufers versammelt. Immer weitere Männer, Reiter und Streitwagen stießen hinzu, während sie darauf warteten, dass die Furt endlich geräumt wurde.
Macro beobachtete den Fortschritt genau. Sobald der Feind in Reichweite der Wurfspeere war, überlegte er, welche Auswirkungen eine Salve der todbringenden Eisenspitzen haben würde. Leider waren die Gegner zu weit verstreut, als dass die Speere den größtmöglichen Schaden hätten anrichten können, und er beschloss, sie für die Angriffswelle aufzusparen, die der Räumung der Furt folgen würde. Zudem erhöhte der sich verringernde Abstand zum Gegner die Effektivität der Steinschleudern. Voller Zufriedenheit registrierte Macro, dass immer mehr Männer den römischen Geschossen zum Opfer fielen. Er schätzte den britischen Blutzoll bisher bei über hundert Mann, während der arme Lentulus vorerst der einzige römische Gefallene blieb.
Doch ungeachtet ihrer Verluste drängten die Briten vor. Methodisch entfernten sie einen Holzpfahl nach dem anderen. Sie brauchten dazu viel weniger Zeit, als Macros Männer zum Aufstellen verwendet hatten. In gut einer Viertelstunde nach Beginn der Säuberung hatte der Feind schon fast die Barrikade aus Gestrüpp und angespitzten Holzpflöcken am Rande der Insel erreicht. Ein paar Legionäre beugten sich vor und streckten die Speerspitzen dem Feind entgegen.
»Zurück ins Glied!«, blaffte Macro sie an. »Schön ruhig warten, bis ihr den Befehl zum Angriff bekommt!«
Nach Erledigung ihrer gefährlichen Arbeit zogen sich die Briten langsam aus dem Fluss zurück. Dabei suchten sie Deckung hinter ihren Schilden, während die Kiesel um sie herum ins Wasser schlugen. Hinter ihnen bereiteten die Stammesfürsten ihre Männer auf die bevorstehende Attacke vor. Macro bemerkte, dass die erste Angriffswelle aus gut ausgerüsteten Kämpfern bestand: Fast alle trugen Helme und Kettenhemden. Caratacus hatte es anscheinend eilig, seine Armee über den Fluss zu schaffen, wenn er seine Elitetruppe vorschickte. Hinter diesen etwa dreihundert eng zusammengedrängten Männern lauerte eine gewaltige Anzahl von Schleuderträgern und Bogenschützen. Letztere beunruhigten Macro nicht weiter. Obwohl die Pfeile der Kurzbogen für Plänkler eine gewisse Gefahr darstellten, konnten sie die Legionärsschilde nicht durchschlagen. Die Schleudern dagegen würden fürchterlichen Schaden anrichten.
»Jetzt wird’s ernst, Freunde! Lasst die Schilde oben. Nur die hinteren Reihen werfen ihre Speere. Die vorderen Männer behalten ihre bei sich. Macht euch bereit – ich werde nur einen einzigen Befehl geben. Dann raus damit und in Deckung, bis der Haufen da die Barrikade erreicht hat.« Er sah sich um. »Verstanden?«
Die Männer um ihn herum nickten, und er hörte vereinzelt zustimmendes Gemurmel.
»Scheiße! Ich kann euch nicht hören! Habt ihr Hundesöhne mich verstanden?«
»Ja, Herr!«, brüllte jeder Mann der Centurie zurück.
Macro grinste. »Sehr gut! Wenn es zum Nahkampf kommt, dann verpasst ihnen eine tüchtige Abreibung. So schnell sollen sie die Dritte Centurie nicht vergessen!«
»Da kommen sie!«, rief jemand, und alle Augen richteten sich auf das gegenüberliegende Ufer. Die Stammeskrieger stürmten über den Fußweg in den Fluss. Der Vorstoß wurde von Kriegsrufen und dem ohrenbetäubenden Lärm begleitet, mit dem die Kämpfer die Waffen gegen die Metallränder der Schilde schlugen. Diesmal blieben die Hörner stumm – die Kämpfer machten genug Krach, um jede weitere Ermunterung aus den eigenen Reihen zu übertönen. Sie waren nahe genug, dass die Römer die wilde Entschlossenheit in den Gesichtern unter den Helmen erkennen konnten. Das war kein gewöhnlicher Haufen blau bemalter Barbaren mit kalkweißem Haar; diese Männer verstanden sich auf das Kriegshandwerk und würden exzellente Gegner abgeben.
Macro spähte über die erste Linie der durch das Wasser watenden Angreifer und sah, dass die Schleuderträger dahinter ihre Waffen bereits
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