Cato 05 - Beute des Adlers
Halte dich verborgen, bis das Bein besser wird. Dann lauf nach Südosten.«
»Herr, ich dachte, wir wollten uns im Sumpf verstecken?«
Cato schüttelte den Kopf. »Nein. Da ist es nicht sicher. Sollten uns Caratacus ’ Männer erwischen, dann wird uns eine schnelle Hinrichtung direkt verlockend vorkommen.«
Sie lächelten sich kurz an. »Figulus meint, dass wir größere Chancen haben, wenn wir uns an die Dumnonier wenden. Die sind wohl irgendwie mit Figulus ’ Stamm in Gallien verwandt. Er spricht ein paar Brocken ihrer Sprache und kann sie vielleicht überreden, uns Unterschlupf zu gewähren. Solltest du ihren Stammesangehörigen begegnen, erwähne einfach Figulus ’ Namen.«
»Das werde ich, Herr. Sobald mein Bein besser geworden ist.« Pollius klopfte sich auf den Oberschenkel.
Cato nickte nachdenklich. »Und wenn nicht … «
»Dann werde ich euch später einholen. Macht euch keine Sorgen, Herr. Lebend werden sie mich nicht bekommen. Darauf hast du mein Wort.«
»Dein Wort reicht mir, Pollius.« Er schämte sich abgrundtief, weil er diesem unglücklichen Veteranen ins Gesicht gelogen hatte. »Sollten sie dich doch schnappen, dann sag ihnen nur nicht, wo wir hinwollen. Oder dass Macro uns geholfen hat.«
Pollius zog das Schwert aus dem Gürtel. »Das hier sollte sie eine Weile auf Distanz halten. Und wenn nicht, dann sorge ich damit dafür, dass mich niemand mehr zum Reden bringen kann.«
Angesichts der Tatsache, dass dieser Mann so oder so dem Tod geweiht war, wählte Cato seine nächsten Worte mit Bedacht. »Verteidige dich, so gut es geht. Aber vergiss nicht: Die Männer, die uns verfolgen, sind auch nur Soldaten, die Befehle befolgen. Sie tragen keine Schuld daran, dass es so weit gekommen ist. Verstehst du, was ich dir sagen will?«
Pollius blickte traurig auf sein Schwert. »Ich hätte nie gedacht, dass ich es mal gegen mich selbst richten müsste. Ich dachte, das wäre nur ein Zeitvertreib für Senatoren und solche Leute.«
»Na siehst du, es geht aufwärts mit dir.«
»Das sieht von hier unten aber nicht so aus.«
»Wie dem auch sei … Ich muss los.« Cato ergriff die freie Hand des Mannes und drückte sie fest. »Bis bald, Pollius. Ich werde dich wiedersehen, das weiß ich. In ein paar Tagen.«
»Wenn ich es einrichten kann.«
Cato lachte, dann stand er auf und lief ohne ein weiteres Wort los. Figulus und die anderen hatten bereits ein gutes Stück Weg zurückgelegt. Er sah sich noch einmal um, dann verschwand die Stelle, an der sie den Bach durchquert hatten, hinter einer Anhöhe. Pollius hatte sich ans Ufer geschleppt. Er saß da, hatte das Schwert zwischen den gespreizten Beinen in den Boden gerammt und die Hände auf den Knauf gestützt. Dann legte er das Kinn auf die Hände und blickte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. In diesem Augenblick begriff Cato, dass seine List unnötig gewesen war. Pollius war bereit. Er würde dafür sorgen, dass er sein Ende fand, bevor er auch nur ein Sterbenswörtchen über den Verbleib seiner Kameraden verlieren konnte. Trotzdem war diese Täuschung notwendig. Selbst die ehrbarsten Männer mit den ehrbarsten Absichten konnten überrumpelt werden. Cato hatte den Folterknechten der Zweiten Legion oft genug zugesehen, um zu wissen, dass ihnen nur Männer von übermenschlichem Durchhaltevermögen die Informationen vorenthalten konnten, die sie hören wollten. Und schließlich und endlich war Pollius auch nur ein Mensch.
Der Regen verwandelte sich im Laufe des Morgens in ein leichtes Nieseln, doch der düstere, bewölkte Himmel spendete den Männern nicht einen wärmenden Sonnenstrahl. Cato und Figulus trieben sie unbarmherzig an. Abwechselnd im halben und im Laufschritt näherten sie sich Meile um Meile dem Sumpf, der die besten Möglichkeiten bot, den unvermeidlichen Spähtrupps zu entwischen. Obwohl der Regen den gröbsten Dreck der gestrigen Nacht von ihnen gewaschen hatte, waren die Männer noch immer mit Schlamm beschmiert. Sobald sie in einen langsameren Trott verfielen, kühlte der Schweiß auf ihren Körpern und ließ sie frösteln. Ohne Feldflaschen hatten sie ihren Durst nur an dem Bach stillen können, an dem sie Pollius zurückgelassen hatten. Cato spürte, wie seine Zunge während des erbarmungslosen Eilmarschs anschwoll und am Gaumen klebte. Trotz ihrer Müdigkeit gab kein Mann auf, und keiner fiel zurück – wussten sie doch, dass jeden Nachzügler der Tod erwartete. Dies erfüllte Cato mit Erleichterung, denn schließlich
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