Cato 05 - Beute des Adlers
wenn diese Handvoll Ausgestoßener überleben wollte. Cato war der geeignete Mann, um diese Ordnung aufrechtzuerhalten … fürs Erste wenigstens.
Er war so mit seinen Gedanken an die Zukunft beschäftigt, dass er die Hügelkuppe erreicht hatte und auf die in Regen gehüllte Landschaft starrte, aus der sie gekommen waren, bevor er sich dessen überhaupt bewusst war.
Sofort fiel ihm die lang gezogene Reiterformation auf. Es waren etwa zwanzig Mann, die im Abstand von ungefähr fünfzig Schritten durch die Ebene stürmten. Sie waren kaum mehr als zwei Meilen entfernt und ritten genau in die Richtung, die Cato und seine Männer eingeschlagen hatten. Cato warf sich auf den Boden. Mit klopfendem Herzen wartete er auf Anzeichen dafür, dass er bemerkt worden war. Er verfluchte sich, weil er sich der Hügelkuppe nicht vorsichtiger genähert hatte. Wenn das Leben seiner Kameraden auf dem Spiel stand, war Müdigkeit keine Entschuldigung für Unachtsamkeit.
»Du Narr«, knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Du verdammter Narr.«
Doch er konnte keine Hinweise beobachten, dass die Späher auf seine weit entfernte Gestalt aufmerksam geworden waren. Offenbar suchten sie den Erdboden unmittelbar vor ihnen nach Spuren der Ausbrecher ab. Sie führten ihre Pferde in gemächlichem Tempo über das sanft gewellte Grasland und hielten nur an, um die Wäldchen auf ihrem Weg zu durchsuchen. Wenn sie so weitermachten, schätzte Cato, dann würden sie ihn mit großem Abstand verfehlen. Seine zum Zerreißen gespannten Nerven beruhigten sich etwas. Er fragte sich, ob die Späher Pollius begegnet waren und ob der Veteran tatsächlich das Schwert gegen sie erhoben hatte. Oder war er Catos Bitte gefolgt und hatte sich in seine Klinge gestürzt, anstatt sie gegen seine früheren Kameraden zu richten? Vielleicht hatte er sich auch versteckt und war übersehen worden. Insgeheim hoffte Cato, dass sie den Mann gefunden und dass er die falsche Fährte, auf die er Pollius geschickt hatte, ausgeplaudert hatte. Die Späher waren jedenfalls ungefähr in dieser Richtung unterwegs.
Sobald der erste Reiter nur noch eine Meile entfernt war, bemerkte Cato eine plötzliche Bewegung in ihren Reihen. Ein Mann war abgestiegen und rief seinen Kameraden etwas zu. Nach und nach rissen alle die Zügel herum und trotteten auf den stetig anwachsenden Haufen aus Soldaten und Pferden zu. Cato musste seine Augen anstrengen, um Einzelheiten ausmachen zu können. Die meisten Späher waren abgestiegen. Der Offizier redete mit dem Mann, der die Entdeckung gemacht hatte. Plötzlich begriff Cato, dass es sich bei ihnen nicht um Legionäre handelte. Ihre Umhänge und die Mandelschilde auf ihren Rücken ließen auf Hilfstruppen schließen. Als er den dumpfen Glanz einer bärenköpfigen Standarte erblickte, durchfuhr es Cato eiskalt.
»Bataver … «
Dieser grausame germanische Stamm hatte General Plautius eine Anzahl kampferprobter, aber auch unbarmherziger Reiterkohorten zur Verfügung gestellt. Die Bataver hatten sich ihren berüchtigten Ruf vor einem Jahr bei der Schlacht von Medway geholt, in der sie in einem wahren Blutrausch jeden Gefangenen in ihrer Nähe gnadenlos niedergemetzelt hatten. Nicht der einzige dieser Vorfälle, wie sich Cato mit wachsender Furcht erinnerte. Wenn sie ihre Beute erst einmal in den Fingern hatten, kannten sie kein Erbarmen. Die Spannungen zwischen den Legionären und den Batavern gingen weit über die übliche Rivalität hinaus, die zwischen verschiedenen Einheiten einer Armee herrschte. Als sich in Camulodunum römische Einheiten auf Ausgang und Germanen Raufereien geliefert hatten, war es sogar zu Todesfällen gekommen.
Der Anführer der Patrouille entfernte sich von seinen Männern, rollte mit den Schultern, rieb sich den verspannten Rücken und sah sich um. Instinktiv presste sich Cato gegen den Erdboden, als sich der Mann der Hügelkuppe zuwandte. Völlig unnötig, dachte Cato. Auf diese Entfernung und unter diesen Witterungsbedingungen konnte man ihn unmöglich ausmachen. Der Bataver winkte mit den Armen, woraufhin die Männer wieder aufsaßen und sich zu einer lockeren Kolonne formierten. Der Anführer schwang sich ebenfalls in den Sattel und riss an den Zügeln. Auf sein Zeichen hin setzte sich die Kolonne in langsamem Trott in Bewegung. Einen Augenblick später begriff Cato, dass sie genau auf ihn zukamen. Er hatte zwar keine Ahnung, was sie da auf dem Boden gefunden hatten, doch es hatte die Bataver veranlasst, die
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