Cato 09 - Gladiator
blähte sich knatternd das Segel. Er gab Befehl, es dichtzuholen, dann nahm die Horus in der schwachen Dünung Fahrt auf, während am Horizont bereits der Morgen dämmerte. Diejenigen, die nichts zu tun hatten, legten sich erschöpft nieder. Senator Sempronius bettete Kopf und Schultern seiner Tochter auf seinen Schoß und deckte sie mit seinem Umhang zu. Als der Maat sich vergewissert hatte, dass das Schiff so gut auf Kurs war, wie es in Anbetracht der provisorischen Ausbesserungsarbeiten möglich war, erstattete er Macro und Cato Meldung.
»Wir halten Kurs parallel zur Küste, Herr. Wir sollten Matala bis zum Abend erreichen. Dort können wir das Schiff instandsetzen.«
»Sehr schön.« Macro lächelte. »Du hast deine Sache gut gemacht.«
Der Maat war zu müde, um sich für das Lob zu bedanken, daher nickte er nur wortlos und ging nach achtern, erteilte dem Steuermann ein paar Anweisungen und beugte sich dann über die Reling. Macro rieb die Hände aneinander und blickte in die Morgendämmerung. »Hast du das gehört? Bis zum Abend sind wir in Sicherheit.«
Cato blickte wortlos zur fernen kretischen Küste. Nach einer Weile bewegte er die Schultern und massierte sich den Nacken. »In Sicherheit? Na, hoffentlich.«
Macro runzelte die Stirn. »Was hast du? Reicht dir die Aussicht nicht, von diesem Wassergrab erlöst zu werden?«
»Oh, da hab ich nichts dagegen.« Cato rang sich ein flüchtiges Lächeln ab. »Die Sache ist nur die: Wenn die Flutwelle um ein Haar das Schiff zerstört hätte, wird sie auch auf der Insel Kreta eine Menge Unheil angerichtet haben …«
kapitel 4
A ls die Horus um die Landspitze bog, sahen die Menschen an Bord zum ersten Mal das Ausmaß der Verwüstungen, welche die Riesenwelle im Hafen von Matala angerichtet hatte. Die Lager und Werften waren zerschmettert worden, die Trümmer hatte das Wasser den dahinter befindlichen Hang hochgespült, wo die dichtgedrängten Häuser unter der Gewalt der anbrandenden Wassermassen eingestürzt waren. Fischerboote und Schiffe lagen an beiden Seiten der Bucht zertrümmert auf Felsen und Klippen. Oberhalb der normalen Hochwassermarke setzten sich die Zerstörungen fort. Große und kleine Gebäude waren in sich zusammengestürzt, als wären sie vom Fuß eines Titanen zerschmettert worden. Weiter landeinwärts loderten Brände, Rauchsäulen stiegen in den Abendhimmel. Nur eine Handvoll Menschen war zwischen den Ruinen zu sehen, einige wühlten in den Trümmern verzweifelt nach ihren Angehörigen oder Wertsachen. Andere saßen einfach nur da und starrten ins Leere.
Macro schluckte. »Was zum Hades ist hier passiert?«
»Die Flutwelle«, sagte Julia. »Sie muss den Hafen zerstört haben, bevor sie uns erreicht hat.«
»Das war nicht die Welle allein.« Cato schüttelte den Kopf. »Die Welle ist zwar ein Stück weit landeinwärts vorgedrungen, aber auch weit von der Küste gibt es zahlreiche Schäden. Er wandte sich an den Senator. »Sieht so aus wie bei dem Erdbeben in Bithynien, von dem du uns erzählt hast.«
Sempronius musterte einen Moment lang die Stätte der Verwüstung, ehe er antwortete: »Hier ist’s schlimmer, viel schlimmer. So etwas habe ich noch nicht gesehen.«
Langsam fuhr die Horus in die Bucht ein. Trotz der im Verlauf der Nacht durchgeführten Reparaturen leckte das Schiff noch immer, und die regulären Wachen der überlebenden Seeleute und Passagiere wechselten sich mit Wasserschöpfen ab. Den ganzen Tag über war das Wasser im Frachtraum langsam gestiegen, und der Tiefgang hatte stetig zugenommen, so dass sich die Geschwindigkeit der Horus noch weiter verringert hatte.
Der Maat sah aufs Wasser hinunter und bemerkte unter dem Bug einen dunklen Flecken überfluteter Felsen. Er richtete sich auf und zeigte zu einem schmalen Kiesstreifen am Fuß der Klippen an der anderen Seite der Bucht. »Dort will ich das Schiff auf den Strand setzen. Die Horus wird’s nicht mehr lange machen, Herr«, erklärte er. »Wenn sie auf Grund liegt, können wir wenigstens den Rest der Ladung bergen.«
»Klingt vernünftig«, meinte Cato. »Allerdings bezweifle ich, dass man das Schiff in der nächsten Zeit wird instandsetzen können. Und woanders wird es ganz ähnlich aussehen.«
»Glaubst du wirklich?«, fragte Julia überrascht.
»Du hast die Welle mit eigenen Augen gesehen. Was hätte sie auf ihrem Weg entlang der Küste und hinaus auf die hohe See aufhalten sollen? Es würde mich gar nicht wundern, wenn sie bis nach Syrien gelangt wäre und
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