Cato 09 - Gladiator
zugestoßen, doch Macro konnte nicht viel tun, außer einen Suchtrupp loszuschicken, der ihre Route abritt. Er versuchte, die Besorgnis beiseitezuschieben, und musterte die Gegend. Beiderseits der Straße, die durch die fruchtbare Ebene an der Südseite der Insel führte, lagen Felder, die Hütten der Kleinbauern, größere Besitzungen und hier und da ein Dorf. Sie gelangten zu einer Kreuzung mit einem Meilenstein und schlugen die Richtung ein, die Portillus ihnen genannt hatte. Die Kolonne ließ die Hauptstraße hinter sich und folgte dem Weg, der zur Besitzung des Demetrius führte. Vorbei an Blumen, die von Insekten umsummt wurden, marschierten sie durch die friedliche Landschaft.
»Herr.« Einer der Hilfssoldaten der vorderen Abteilung zeigte plötzlich nach vorn.
Zunächst machte Macro nur einen Lumpenhaufen aus, dann wurde ihm bewusst, dass dies ein Mensch war. Er hob den Arm und rief: »Anhalten!«
Die Soldaten und Wagen kamen zum Stillstand. Macro schritt vorsichtig den steinigen Weg entlang und blickte sich nach allen Seiten um, als er sich dem Toten näherte. Es war ein Mann, der mal eine eindrucksvolle Statur gehabt haben musste, trotz seines ergrauten Haars und seiner erschöpften Gesichtszüge. Der Tote lag zusammengekrümmt auf der Seite und war mit Blutergüssen und Schnittwunden übersät. Schwellungen deuteten auf Knochenbrüche hin, und der vordem kräftige Kiefer war dermaßen zerschmettert, dass ihn selbst seine Angehörigen vermutlich kaum mehr wiedererkannt hätten.
Macro ging in die Hocke und rümpfte die Nase ob des Verwesungsgestanks. Die Tunika des Mannes war von guter Qualität, die Gürtelschließe aus Silber. Der Tote trug Armeestiefel, alt, aber gut gepflegt, und um seinen Hals war eine dicke Lederpeitsche geschlungen. Zwischen seinen geschwollenen Lippen schaute die Zunge hervor, die Augen quollen ihm aus den Höhlen. Auf der Stirn war ihm das Mithraszeichen eingebrannt. Macro begriff, dass er einen ehemaligen Legionär vor sich hatte. Nach dem Ausscheiden aus der Armee war er Sklavenaufseher geworden. Aufgrund des harten Lebens in der Legion waren solche Männer gut für diese Aufgabe geeignet, zogen im Falle eines Aufstands aber auch als Erste den Zorn der Sklaven auf sich.
Macro schob die Hände unter den Toten und wälzte ihn ins Gras am Straßenrand. Dann richtete er sich auf und winkte die Kolonne weiter. Die vorbeimarschierenden Soldaten warfen nur einen kurzen Blick auf den Toten. Die erfahreneren und nervöseren unter den Männern musterten nach diesem ersten Warnsignal wachsam die Umgebung. Nach einer Weile kamen sie durch eine Olivenbaumpflanzung, dann gelangten sie zu einer weitläufigen Ansammlung von Gebäuden und leeren Getreidegruben. Die Sklavenunterkünfte lagen eine Viertelmeile entfernt. Die Umschließungsmauer wies große Lücken auf, durch die man die Überreste langgestreckter Baracken sah, in denen die Sklaven nachts angekettet worden waren. Kein Mensch war zu sehen.
Beißender Brandgeruch lag in der Luft, und Macro ließ die Kolonne vor dem Tor anhalten.
»Erste Abteilung zu mir!«
Die Hand um das Heft seines Schwertes gelegt, näherte er sich vorsichtig dem Eingang von Demetrius’ Landsitz. Einer der Torflügel war unversehrt, der andere aufgebrochen. An der Spitze seiner acht Hilfssoldaten trat Macro durchs Tor. Der große, offene Hof war von einer Kolonnade umgeben, die vor dem Erdbeben überdacht gewesen war. Jetzt häuften sich die zerbrochenen Dachziegel zu Füßen der Säulen. Gegenüber dem Tor lag das ausgebrannte Hauptgebäude. Die verrußten Wände und das verkohlte Gebälk bildeten einen scharfen Kontrast zum blauen Himmel. In der Mitte des Hofes sah man die Überreste eines großen Scheiterhaufens: verbranntes Holz, unförmige schwarze Haufen und Asche. Um das Feuer herum hatte man drei große Kreuze errichtet. An jedes Kreuz war ein Mensch genagelt, mit dem Gesicht zum Feuer. Der Rücken war unversehrt, die Kleidung hing noch an den Toten. Die Vorderseite aber war langsam gebraten worden. Hier war die Kleidung verbrannt, die Haut geschwärzt und voller Blasen. Die Toten bleckten die Zähne und schienen die entsetzten Soldaten anzugrinsen.
Macro nahm einen nur leicht verkohlten Stock in die Hand und stocherte damit in der Asche.
»Sieht so aus, als wäre da jemand verbrannt worden.« Er drehte sich um und musterte den Boden, bis er das Loch entdeckt hatte, in dem das vierte Kreuz gestanden hatte. Das Ende des Querbalkens ragte noch aus
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