Cato 09 - Gladiator
so, als hättet ihr in meiner Abwesenheit Besuch gehabt.«
»Jawohl, Herr. Gleich Tausende.«
»Haben sie Ärger gemacht?«
»Sie haben noch am selben Tag angegriffen und schwere Verluste eingesteckt. Dann haben sie sich darauf verlegt, uns auszuhungern.«
»Und wo sind sie jetzt?«
Der Optio schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, Herr. Heute Morgen sind sie abgezogen. Sind nachts abmarschiert und haben die Feuer brennen lassen, so dass wir erst bei Tagesanbruch etwas davon mitbekommen haben. Der Statthalter hat Patrouillen losgeschickt, die herausfinden sollen, wohin sie wollen.«
»Der Statthalter?«, wiederholte Cato stirnrunzelnd. »Wo ist der Präfekt? Wo ist Macro?«
»Macro ist weg, Herr.«
»Weg?« Cato packte den Optio beim Harnisch. »Was soll das heißen, er ist weg?«
»Er wurde gefangen genommen, Herr.«
»Macro gefangen genommen? Das glaube ich nicht. Wie ist das möglich? Du hast gesagt, der Angriff wäre abgewehrt worden.«
»Es ist passiert, als er die Tochter des Statthalters aus der Stadt bringen wollte.«
Cato schluckte und fixierte den Optio. Er senkte die Stimme. »Wurde die Tochter des Statthalters ebenfalls gefangen genommen?«
»Ja, Herr.«
»Woher weißt du das?«
»Der Anführer der Aufständischen, der Gladiator, hat sie in einem Käfig vorgeführt, als er den Statthalter zur Kapitulation aufgefordert hat.«
Urplötzlich verspürte Cato jähe Hoffnung. »Dann sind sie also am Leben.«
»Ja, Herr. Oder jedenfalls waren sie das zu dem Zeitpunkt, als der Gladiator sie dem Statthalter gezeigt hat. Das ist schon ein paar Tage her, Herr. Seitdem wurden sie nicht mehr gesehen.«
Catos Angst kehrte zurück. Er senkte den Blick auf seine weiß angelaufenen Fingerknöchel, dann ließ er den Harnisch des Optios los, trat zurück und deutete auf die Reiter. »Bring die Männer zu den Stallungen am Statthalterpalast. Lass die Pferde versorgen, gib den Männern zu essen und weise ihnen eine Unterkunft zu.«
»Zu Befehl, Herr.«
»Hat der Statthalter sein Hauptquartier noch immer in der Akropolis?«
»Ja, Herr.«
»Gut.« Cato atmete tief durch, um die Beklemmung in seiner Brust zu lindern. »Weitermachen, Optio.«
Cato überließ sein Pferd der Obhut des Decurios und begab sich zu der Straße, die zum Eingang der Akropolis hinaufführte. Die Stadtbewohner, die gezwungen waren, in den Ruinen zu leben, hatten kaum einen Blick für ihn übrig, denn sie waren mit der Zubereitung der Abendmahlzeit beschäftigt. Nur die Kinder wirkten munter wie eh und je und spielten in den Trümmerhaufen zwischen den unversehrten Gebäuden.
Die Erleichterung darüber, dass Macro und Julia noch am Leben waren, wurde erstickt durch das Wissen, dass sie Ajax ausgeliefert waren. Solange sie ihm als Geiseln dienten, würde er ihnen nichts tun, doch sobald er sie als wertlos einstufte, wäre ihr Leben verwirkt. Und da Ajax es sich in den Kopf gesetzt hatte, für seinen getöteten Vater grausame Rache zu üben, würde er Macro und Julia unvorstellbaren Qualen unterwerfen, bevor er ihnen die Gnade des Todes erwiese. Bei der Vorstellung wurde Cato übel, und er musste einen Moment stehen bleiben, bevor er den Aufstieg zur Akropolis fortsetzen konnte.
Senator Sempronius hielt sich in seinem Arbeitszimmer auf. Er saß am Fenster und schaute mit leerem Blick auf die Stadt hinaus. Auf dem Schreibtisch stand ein Weinkrug, und als Cato anklopfte, hielt er einen Becher in der Hand.
»Was gibt es jetzt schon wieder?«, sagte Sempronius matt. »Ich habe doch Anweisung gegeben, mich nicht zu stören.«
»Ich bin’s, Herr.«
Sempronius drehte sich um, seine Mine hellte sich jäh auf. »Cato! Ich hatte schon gefürchtet, ich würde dich nicht mehr wiedersehen. Komm rein, mein Junge. Setz dich!«
Er sprach mit schwerer Zunge. Cato konnte nicht sagen, ob dies seiner Erschöpfung, seinem Kummer oder dem Wein geschuldet war. Sempronius setzte den Becher ab, schenkte nach und schob ihn Cato entgegen. Etwas Wein schwappte auf den Tisch. Der Senator beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf. »Nun, was hast du zu berichten?«
»Herr, ich habe gehört, was Macro und Julia zugestoßen ist.«
Sempronius sackten die Schultern herab. »Ja.«
»Wir müssen glauben, dass sie noch am Leben sind.«
Der Statthalter nickte, und einen Moment lang schauten sie sich in die Augen und teilten einen Kummer, für den es keine Worte gab. Schließlich räusperte sich Sempronius und senkte den Blick auf seine Hände. »Bitte erstatte
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