Cato 09 - Gladiator
Feuer und Schwert jeden vernichten werden, der sich zwischen uns und die Freiheit stellt … Und jetzt steh auf, du feiges Ungeziefer. Auf mit dir! Bevor ich’s mir anders überlege.«
Micon rappelte sich hoch und stand zitternd vor Ajax da.
»Hast du verstanden, was du tun sollst, Römer?«
»J-ja.«
Ajax wandte sich an Chilo. »Gib ihm ein Pferd und eskortiere ihn in sichere Entfernung, damit unsere Leute nicht in Versuchung kommen, ihm nachzureiten und ihm die Kehle durchzuschneiden. Und dann lass ihn frei. Verstanden?«
Chilo neigte das Haupt. »Jawohl, Herr. Wie du befiehlst.«
Die Lagerfeuer loderten in den Nachthimmel empor und wärmten die Sklaven, die ihren Sieg feierten. In der Mitte des Lagers, einer bunt zusammengewürfelten Ansammlung von Hütten und Zelten, befand sich vor dem Zelt, das Ajax und seinen engsten Vertrauten vorbehalten war, ein großer freier Platz. Man hatte dort zahlreiche Feuergruben angelegt, und als es dunkel wurde, drehten sich über der leuchtenden Glut Fleischspieße, die einen köstlichen Duft verströmten. Für Sklaven, die für gewöhnlich mit Haferschleim und den kleineren Tieren vorliebnehmen mussten, die sie mit Schlingen fingen, war dies der Gipfel des Luxus. Ein Festmahl, wie es nur ihre ehemaligen Herren gekannt hatten und von dem sie nur hatten träumen können. Auf Anweisung von Ajax wurden Wein, Brot und Obst aus den Küchen der geplünderten Gutshöfe in Hülle und Fülle ausgeteilt.
Während seine Anhänger schmausten, ging Ajax von Lagerfeuer zu Lagerfeuer und lauschte geduldig den prahlerischen Erzählungen von der Schlacht. Es tat ihm im Herzen gut, zu erleben, wie kämpferisch die zerlumpten, eingeschüchterten Flüchtlinge waren, die sich seinem Kampf gegen Rom angeschlossen hatten. Wohin er sie in der Schlacht auch führte, sie folgten ihm blindlings. Er kannte die Huldigungen des Pöbels, der in Rom den Spielen beiwohnte, doch das hier war etwas anderes. Diese Sklaven, diese Menschen, folgten ihm nicht deshalb, weil er ihnen Sicherheit bot oder weil er ihren Blutdurst anstachelte. Sie folgten ihm, weil sie dasselbe Schicksal geteilt hatten. Und jetzt, überlegte er, teilten sie auch eine Bestimmung.
Mit kleinen Überfällen auf Gehöfte, Dörfer und schließlich auf römische Patrouillen hatte er ihren Ehrgeiz geweckt. Erst als er den Eindruck hatte, sie seien bereit, plante er den großen Hinterhalt von vergangener Nacht. Er hatte die römische Kolonne seit ihrem Aufbruch von Gortyna beobachtet. Mit einer Reihe von Geplänkeln hatte er ihre Kommandanten in die Berge gelockt und dann, als der Hinterhalt gelegt war, den Jungen vorgeschickt. Als er Pollio fragte, ob er die Aufgabe, die ihm aller Wahrscheinlichkeit nach das Leben kosten werde, übernehmen wolle, hatte der nicht einen Moment lang gezögert. Der Vater des Jungen war von einem Aufseher getötet worden, seine Mutter hatte man an ein Bordell verkauft. Rache war sein einziger Lebensinhalt. Er war bereitwillig in den Tod gegangen, und Ajax war froh darüber gewesen, denn er wusste, er hätte an seiner Stelle das Gleiche getan. Schon vor langer Zeit war er zu der Einsicht gelangt, dass er zu allem bereit war, wenn es darum ging, Rom und dem, wofür es stand, zu trotzen und zu schaden. Mit der Zeit würden seine Anhänger sich diese Sichtweise ebenso zu eigen machen wie der Junge, und Rom würde zittern, wenn sich diejenigen, die es wie Besitztümer behandelte hatte, anschickten, das Imperium wie eine Woge zu überschwemmen.
Ajax schwelgte eine Weile in der Vorstellung, Rom unter seinen Stiefeln zu zertreten. Dann zügelte er seine Fantasien und konzentrierte sich auf die unmittelbare Zukunft. Eine kleine Schlacht war gewonnen. Jetzt galt es, den Sieg zu nutzen, bevor die Römer sich von der Niederlage erholten.
Als die Lagerfeuer erloschen, verzehrten die Sklaven die letzten Happen und tranken den Rest des Weins. Einige begannen zu singen, Lieder aus der Zeit, bevor sie oder ihre Vorfahren versklavt worden waren. Lieder aus allen Winkeln des Imperiums, und die bisweilen fremdartig klingenden Melodien und Rhythmen rührten Ajax tief. Es gab wohl keinen Flecken auf der Erde, der die Geißel Roms nicht zu spüren bekommen hatte. Abermals füllte sein Herz sich mit kalter, eiskalter Wut und Rachedurst.
Er ging zurück zur Mitte des Lagers, kletterte auf einen mit erbeuteter Ausrüstung beladenen Wagen und stellte sich auf den Kutschbock, in der einen Hand das Schwert, in der anderen die Standarte
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