Cato 10 - Die Legion
abzunehmen. Oder uns zu vertreiben.«
Ajax bemerkte den wachsamen Tonfall seines Kameraden und lächelte. »Sei unbesorgt, Karim. Wir sind hier, um dem Prinzen als Ablenkung zu dienen. Wir stehen hier nicht auf verlorenem Posten. Zur gegebenen Zeit werden wir entkommen. Unterdessen haben wir den Auftrag, die Römer so lange wie möglich zu beschäftigen.«
Karim schwieg kurz und fragte dann: »Traust du ihm über den Weg?«
»Prinz Talmis? Nein. Aber es dient im Moment unseren Zwecken, ihm zu helfen.«
»Aber hat er vielleicht die Absicht, uns zu opfern?«
Ajax drehte sich um und lächelte seinen Kameraden an. »Hast du so wenig Vertrauen zu mir? Meinst du, ich weiß nicht, wie gefährlich es sein kann, den Nubiern zu dienen?«
Karim senkte den Kopf. »Entschuldigung, General. Ich hatte keine Zweifel an dir. Nur am Wort des Prinzen.«
»Was gibt es da zu bezweifeln? Er hat uns nichts versprochen, außer der Gelegenheit, Krieg gegen Rom zu führen. Dazu noch alles, was wir uns an Beute nehmen können. Letzteres bedeutet mir wenig, aber ich bin mir sicher, die meisten Männer werden sich über Gold oder irgendwelchen Tand freuen, der ihnen in die Augen sticht. Zweifellos ist Talmis der Meinung, dass er uns billig bekommen hat, aber die Gelegenheit, Rom einen schweren Schlag zu versetzen, ist alles, was ich mir wünsche. Vorher waren wir gut zwanzig Flüchtlinge. Nun aber hat der Prinz uns diese fünfhundert Mann gegeben.« Ajax deutete zum Außenhof des Tempels hinunter, wo Krieger in schwarzen Gewändern in der Dämmerung ihre Kamele festbanden. Das Stöhnen der Tiere drang zum Dach des Pylonen herauf und übertönte fast das Geschrei einiger Männer, die sich um die reich verzierte Robe eines Priesters stritten, die sie im Tempel geplündert hatten.
Karim betrachtete sie kurze Zeit. »Wollen wir hoffen, dass sie sich disziplinierter zeigen, wenn die Zeit kommt, dem Feind entgegenzutreten.«
»Die Bewährungsprobe kommt heute Nacht«, erwiderte Ajax. Er drehte sich um und blickte zum Nil. Etwa zwei Meilen entfernt waren die Umrisse eines kleinen befestigten Lagers mit einem Signalturm auf einem Hügel zu erkennen. Nichts wies darauf hin, dass die Garnison Ajax’ Männer entdeckt hatte. Die Kolonne war von Westen her aus der Wüste gekommen. Die römische Armee, die ein Stück weiter flussabwärts am anderen Ufer lagerte, hatte noch keine Kenntnis von ihrer Anwesenheit. Aber selbst wenn doch Alarm gegeben wurde, würde es einige Stunden dauern, bis die Römer eine starke Truppe auf diese Seite des Nils transportieren konnten. Ajax lächelte. Sein Spion im römischen Lager hatte sich bereits bewährt. Ajax kannte wichtige Einzelheiten über die Stärke der römischen Armee und, besser noch, er hatte Informationen über ihre Anführer. Es war gut zu wissen, dass die beiden römischen Offiziere, die er aus ganzem Herzen hasste, in der Nähe waren. Er hatte seinem nubischen Verbündeten nur eine einzige Forderung gestellt: Sollten Macro und Cato lebend gefangen genommen werden, müsste man sie ihm übergeben. Ajax hatte beschlossen, sie kreuzigen zu lassen – so wie sie seinen Vater gekreuzigt hatten. Diese Aussicht erfüllte ihn mit Befriedigung, aber jetzt durfte er sich nicht dem Gedanken an Rache hingeben, sondern musste rasch handeln.
»Karim, ich lasse dich mit dreihundert Mann hier zurück. Ich möchte, dass du den Tempel ausreichend befestigst und Patrouillen zur Flussseite schickst.« Er deutete auf ein kleines Dorf, das einen Pfeilschuss vom Tempel entfernt lag. »Zerstöre die Häuser, nachdem du sie nach Nahrungsmitteln durchsucht hast.«
Der Parther nickte.
»Du kennst deine Befehle. Ich sollte mit den anderen Männern etwa um die dritte oder vierte Stunde der Nacht zurück sein. Sorge dafür, dass deine Wachposten und Patrouillen Bescheid wissen. Ich möchte nicht durch einen Pfeilschuss meiner eigenen Leute ums Leben kommen.«
»Das wäre bedauerlich«, antwortete Karim todernst.
Ajax lachte und schlug ihm auf die Schulter. »Bis später, mein Freund.«
Die Nacht hatte sich herabgesenkt, und die warme Luft war vom schrillen Zirpen der Zikaden erfüllt, das in unregelmäßigen Abständen an- und abschwoll. Der letzte Abendwind spielte in den Palmwedeln. Ihr Rascheln übertönte die Schritte von Ajax und seinen Männern, die sich dem befestigten Lager vorsichtig näherten. Vor dem Samtblau des Sternenhimmels zeichneten sich die Mauern schwarz ab. Er hatte beschlossen, den Angriff mit den
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