Cato 10 - Die Legion
kühner Schritt«, sagte Macro. »Ich bin mir nicht sicher, ob der Statthalter glücklich sein wird, dass du den Befehl über die Truppen an dich gezogen hast. Schließlich steht nur diese Armee zwischen Prinz Talmis und dem Unterlauf des Nil.«
»Der Statthalter ist weit vom Geschehen entfernt«, erwiderte Cato. »Von da, wo er ist, kann er gar nicht beurteilen, was hier nottut. Jedenfalls lauten die letzten Berichte, dass die Nubier nur noch einen Tagesmarsch entfernt sind. Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Ihn in einer Botschaft um Rat bitten, wie wir vorgehen sollen, und dann auf dem Arsch sitzen und auf seine Antwort warten? Bis die eintrifft, hat Prinz Talmis uns überrannt und ist auf dem Weg nach Memphis und ins Deltagebiet. Es wäre ein Desaster, verdammt nochmal, und das weißt du auch.«
»Natürlich weiß ich das.« Macro lächelte. »Aber schließlich habe nicht ich vor, den Befehl über die Armee zu übernehmen. Jedenfalls beweist das, dass du ein ganz schöner Draufgänger bist, mein Freund.«
»Ach ja?« Cato wandte sich ihm zu. »Denk ja nicht, dass ich der Einzige bin, der sich weit aus dem Fenster lehnt. Ich übernehme vielleicht den Befehl über diese Armee, aber meine erste Amtshandlung wird sein, dich zu meinem Lagerpräfekten zu machen. Du kannst also nur hoffen, dass wir uns hier mit Ruhm bekleckern, denn andernfalls wird es ziemlich ungemütlich für uns.«
»Eines kapiere ich nicht: Wie bei allen Göttern konnte Ajax uns entkommen?«, meinte Macro wütend. Er setzte sich auf einen der bequemen Hocker im Quartier des Legaten. »Wir hatten das richtige Grab. Seine Männer waren dort, und er hat zwei seiner Verwundeten zurückgelassen. Wir haben keine Seitengänge oder Öffnungen übersehen. Er muss also aus dem Grab entwichen sein, bevor wir die Falle schließen konnten.«
»Offensichtlich.«
»Aber wie ist er dann aus dem Tal entkommen? Er kann nicht hinausgeklettert sein, denn dann hätten wir ihn gesehen, und er kann auch nicht an uns vorbeigeschlüpft sein.«
Cato schwieg einen Moment lang. »Doch. Wir sind an ihm vorbeimarschiert.«
Macro runzelte die Stirn. »Wovon redest du?«
»Denk einmal darüber nach, Macro. Sobald wir wussten, in welchem Grab er sich aufhielt, sind wir direkt dorthin marschiert. Wir sind ins Tal eingedrungen und haben den Seitenweg zu dem Grab eingeschlagen, das du durchsucht hast. Was ist also deiner Meinung nach geschehen?«
Macro dachte einen Augenblick nach und sog scharf die Luft ein. »So einfach war das? Unmöglich.«
Cato zuckte die Schultern. »Wie soll er denn sonst entkommen sein? Er muss gehört haben, wie wir vorbeimarschiert sind. Bei den Göttern, es würde mich nicht überraschen, wenn er so kühn gewesen wäre, uns aus einem der Gräber am Eingang des Tals zu beobachten. Sobald wir außer Sichtweite waren, kamen er und seine Männer heraus, schlichen sich den Weg zum Nil hinunter und entkamen.«
»Unmöglich zu sagen, wo er jetzt ist«, überlegte Macro laut.
»Das stimmt.«
Macro schüttelte verwundert den Kopf. »Ajax muss der schlaueste Hund sein, mit dem wir je zu tun hatten. Abgesehen von diesem kleinen Scheißkerl Narcissus daheim in Rom. Er muss gewusst haben, dass wir versuchen würden, sein Versteck auszukundschaften. Dann hat er uns gerade genug von sich sehen lassen, um unsere Kundschafter an der Nase herumzuführen. Anschließend ist er mit seinen Männern in ein anderes Grab umgezogen. Raffiniert.«
»Ja, raffiniert. Oder vielleicht gibt es auch einen anderen Grund, aus dem er uns entkommen ist.«
»Du meinst Glück? Er hat zufällig gerade im richtigen Moment das Grab gewechselt? Unwahrscheinlich.«
»Äußerst unwahrscheinlich.« Cato faltete die Hände, beugte sich über den Tisch des Legaten und richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf Macro. »Ich rede von etwas anderem, Macro. Ich bin der Meinung, dass Ajax gewarnt worden ist. Jemand hat ihm gesagt, dass wir Kundschafter ausgeschickt haben, um sein Versteck zu finden. Deswegen hat er das Grab gewechselt und konnte uns austricksen.«
»Gewarnt? Von wem denn?«
Cato antwortete nicht. Er schwieg kurz und versuchte, sich trotz seiner Müdigkeit zu konzentrieren. Schließlich lehnte er sich zurück und wendete sich in gelassenem Tonfall an seinen Freund. »Findest du nicht, dass Ajax eine außergewöhnliche Glückssträhne hatte, seit wir ihn durch Ägypten verfolgen?«
»Eine Glückssträhne?« Macro schob die Lippen vor. »Was genau meinst du
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