Cato 10 - Die Legion
Cato starrte zur Landzunge. Er zwang sich, seine Sorge um Macro beiseitezuschieben und sich auf die Zeitberechnung zu konzentrieren. Aus der Erfahrung der letzten zwei Monate wusste er, dass eine geübte Besatzung ein auf dem Strand liegendes Schiff in weniger als einem Viertel der vom Trierarchen genannten Zeit flottmachen konnte. Wenn Ajax sich beeilte, konnte er mit seinen Männern ins offene Meer stechen, bevor die Falle zuschnappte. Das durfte nicht geschehen. Cato wandte sich dem Trierarchen zu.
»Kann das Schiff nicht schneller fahren?«
»Doch, Herr. Das Beschleunigen bis zur Rammgeschwindigkeit gehört zu unserer Ausbildung. Aber dieses Tempo können wir nur kurze Zeit durchhalten.«
»Dann erteile den Befehl.«
»Aber Herr, dann sind die Männer bald erschöpft. Sie brauchen ihre Kraft noch zum Kämpfen.«
»Zum Kampf wird es nur kommen, wenn wir die Bucht rechtzeitig erreichen. Deine Männer müssen ihr Äußerstes geben. Verstanden?«
»Jawohl, Herr.«
»Dann erteile den Befehl. Signalisiere ihn auch an die anderen Schiffe. Los!«
Der Trierarch kletterte so schnell er konnte die Leiter zum Deck hinunter und rannte zur Luke mittschiffs, um seinem Taktgeber den Befehl zuzurufen. Cato hörte, wie das Tempo der Trommel anzog. Ein leiser Ruck lief durch das Schiff, und es schoss nun noch schneller vorwärts. Vor dem Backbordbug im Osten färbte der Himmel sich rosa und tauchte die Unterseite der wenigen Wolken in ein zartes Licht. Cato hätte das Schiff am liebsten durch Willenskraft vorangetrieben. Die Flammen auf dem Turm waren inzwischen erloschen, und er fragte sich unwillkürlich, was aus Macro und seinen Männern geworden war. Falls sie noch lebten, waren sie auf sich selbst gestellt, bis die Kriegsschiffe die Bucht erreichten. Ganz in Gedanken bei seinem Freund, sah Cato plötzlich einen winzigen Lichtpunkt, der die Landzunge entlangtanzte. Dann erblickte er einen zweiten und noch weitere, und mit einem unguten Gefühl in der Magengrube begriff er, dass Ajax und seine Männer bereits hinter Macro und seiner kleinen Truppe her waren.
Kapitel 8
H
err«, rief jemand Macro zu. »Sie kommen!«
Macro eilte zur Turmbrüstung und sah die Gestalten, die in weniger als einer Viertelmeile Entfernung zwischen zwei Felsen auftauchten. Sie rannten, und Macro erkannte rasch, dass das Kräfteverhältnis mindestens drei zu eins gegen seine Männer stand.
»Was hast du vor?«, fragte Hamedes. »Es sind zu viele. Wir sollten hier verschwinden, solange noch Zeit ist. Oder uns ergeben.«
»Ergeben? Diesem Drecksack? Niemals!«, knurrte Macro wütend.
»Dann lass uns weglaufen.«
»Weglaufen? Wohin denn? Wir sind auf einer Landzunge. Da kann man nirgendwohin laufen, du Trottel. Und jetzt halt den Mund und hilf mir.« Macro trat zu einer der Ballisten und schwenkte sie herum – den Angreifern entgegen. »Mach die Kiste mit den Geschossen auf«, fuhr er Hamedes an und deutete auf einen verwitterten Kasten an der Mauer. Während Hamedes ein Bündel der schweren Bolzen herbeiholte – sie waren einen halben Meter lang und hatten schwere Eisenspitzen sowie eine hölzerne Befiederung – , drehte Macro an der Kurbel und spannte mithilfe der Ratsche das dicke, geteerte Seil zwischen den beiden Armen der Waffe. Dann nahm er den ersten Bolzen aus den Händen des Priesters entgegen und legte ihn in die lange Rinne, die zwischen den beiden Kästen mit den Torsionsseilen verlief. Der erste Aufständische war inzwischen nur noch hundert Schritte vom Turm entfernt. Macro zog den Feststellzapfen für die Richthöhenverstellung heraus, richtete stöhnend das Bett der Waffe nach oben aus, visierte den Mann mit der Balliste an und steckte den Zapfen wieder zurück. Er richtete sich auf.
»Zurücktreten zum Abschuss.«
Er sah sich um und packte dann die Abzugsleine, mit dem die Ratsche gelöst wurde. Dann zog er mit einem Ruck daran, und die Wurfarme schnellten mit einem scharfen Krachen gegen die ledernen Prellpolster. Gleich darauf blickte Macro über die Brüstung und sah, wie der schlanke Schatten des Bolzens durch die Morgenluft auf die Angreifer zuschoss. Er flog über den Kopf des vordersten Mannes hinweg, bevor dieser ihn überhaupt bemerkte. Der Bolzen überflog noch zwei weitere Männer, traf dann auf dem Boden auf, wirbelte eine Kieswolke hoch, schnellte zurück und zerriss einem der Aufständischen das Bein. Der Mann wurde hochgeschleudert, prallte gegen die Männer unmittelbar hinter ihm und riss sie zu
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