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Catpower: Das ultimative Körperbuch (German Edition)

Catpower: Das ultimative Körperbuch (German Edition)

Titel: Catpower: Das ultimative Körperbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benita Cantieni
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anwinkeln und im Wechsel mitschwingen lassen, linkes Bein, rechter Arm. Der linke Arm schwingt mit dem rechten Bein. Es entsteht in der Brustwirbelsäule (hoffentlich) eine hauchzarte, angenehme, beschwingte Rotation.
    Je öfter und leichter Sie diese Übung machen, umso filigraner wirkt sie. Mit der Zeit entstehen kleine unabhängige Rotationsbewegungen der beiden Beckenseiten, Epizentrum sind die Kreuzbeingelenke. Sie leiten den Bewegungsimpuls zum Steißbein, er steigt hoch zum Brustbein, löst von dort die »Kettenrotation« im gegenseitigen Schultergelenk und in den Armen aus. Wer genau wissen möchte, wie der perfekte aufrechte Gang des Menschen im Bauplan vorgesehen ist, findet den detaillierten Aufbau in meinem Buch »Beschwerdefrei laufen« 6 .

     

 
    7.
     
    Wie oben, so unten. Wie unten, so oben. Das zweite Zwischenstockwerk namens Zwerchfell
     
    I ch sitze im Schneidersitz und experimentiere mit der Atmung. Ich habe seit Langem entdeckt, was für ein wunderbares Transportmittel für Informationen im Körper der Atem ist. Er ist das Bindemittel zwischen meiner Vorstellung und dem eigentlichen Geschehen. Ich kann mit ihm das Bewusstsein überall hinschicken, wo ich es brauche, in den Kopf und in die Füße, ins Becken und zur Wirbelsäule.
    Der Atem ist auch ein großartiger Vermittler zwischen den Muskeln, ich kann ihn diagonal und kreuz und quer benutzen, um Muskeln zu vernetzen, um mich aufzuspannen und auszurichten. Mit dem Atem kann ich Schmerzen auflösen, Verspannungen glätten, aufgeregte Sehnen und Bänder beruhigen. Sogar die Knochen »hören« auf den Atem. Sie runzeln die Stirn? Okay. Stellen Sie sich vor, Sie atmen in der Mitte des Brustbeins ein. Lassen Sie die Hälfte des Atems nach oben fließen, die andere Hälfte gleichzeitig nach unten. Ein paarmal wiederholen und nachspüren. Sie fühlen sich länger? Eben.
    Noch ein Beispiel. Atmen Sie durch die Mitte des Brustbeins ein und durch die Schultern aus. Mehrmals wiederholen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich die Schlüsselbeine dabei ausdehnen.
    Ich möchte mit der Atmung meinen Brustkorb verändern. Der ist durch die Wirbelsäulenkrümmung verbeult, vorne rechts stehen die Rippen bucklig hervor, hinten rechts bilden die Rippen eine Delle, links ist alles irgendwie verzogen. Ich halte eine Hand auf den Rippenbuckel vorne rechts, atme ein, lenke den Atem auf die linke Seite des Rückens. Dann atme ich von vorne links nach hinten rechts. Umgekehrt, vom Rippenbogen hinten rechts zum Rippenbogen vorne links. Schon nach wenigen Atemzügen spüre ich eine klare Verbindung zwischen den Punkten. Der Rippenbuckel vorne rechts verschwindet unter meinen Händen, die Beule hinten rechts füllt sich auf. Ich kann förmlich spüren, wie sich der am meisten verdrehte Brustwirbel bewegt, wie er sich selbsttätig entdreht. Die unteren Rippen werden schmal, die oberen weiten sich, der Brustkorb öffnet und dehnt sich oben, ich bekomme viel mehr Luft. Und ich kann klar und eindeutig spüren, dass es eine Muskeldecke ist, die all das bewirkt: das Zwerchfell.
    Ich hatte es in der Sprachschule gelernt, in der Schauspielschule, im Sprechunterricht beim Schweizer Fernsehen: Das Zwerchfell senkt sich beim Einatmen, hebt sich beim Ausatmen. Beim Einatmen kommen die Schultern leicht hoch, beim Ausatmen senken sie sich wieder.
    Das habe ich Ihnen ja noch gar nicht erzählt. Ich hatte aufgrund eines Hörschadens, den ich als Kleinkind durch einen Schlag bekam, einen heftigen Sprachfehler. Ich konnte keinen Zischlaut aussprechen und wurde dafür gehänselt, bis ich mit 16 das erste Zuhause verließ und in Zürich Sprach- und Schauspielunterricht nahm. Außerdem hatte ich Asthma, in Stresszeiten wuchs es sich zu heftigem Bronchialasthma aus.
    Nun sitze ich da und atme ohne Konzept, höre auf den Atem, vertraue ihm, nehme ihn an und auf. Das Zwerchfell hebt sich beim Einatmen an. Der Rumpf dehnt sich. Die Rippen werden unten schmaler, oben unendlich weit, sie dehnen sich seitlich aus. Ich spüre, wie die Lungen sich füllen, sich immer weiter öffnen, der Busen hebt sich an, die Flanken öffnen sich, das Brustbein fühlt sich an wie flüssiger Honig, die Schultern finden ihren Platz, weich wie Buttercreme. Ich bekomme Luft, Luft, Luft, so viel Luft, mir wird schwindlig. Ich atme weiter, der Schwindel vergeht, mir kommen die Tränen, ich atme weiter, die Tränen versiegen, ich atme weiter, inzwischen habe ich den Dreh raus, wie ich das Zwerchfell bewusst

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