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Caylebs Plan - 6

Titel: Caylebs Plan - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Merlin und ich uns davongeschlichen haben, um uns mit dem Repräsentanten einer Gruppierung in Manchyr zu treffen. Diese Gruppierung sei, so wurde ihnen gesagt, vielleicht bereit, sich gegen Hektor zu stellen - vorausgesetzt, sie erhielten im Gegenzug angemessene Garantien, ihre eigene gesellschaftliche Stellung behalten zu dürfen. Natürlich war die Garde nicht allzu glücklich darüber, dass ich mit lediglich einem einzigen Leibwächter zu diesem Treffen aufbrechen wollte, auch wenn dieser Mann Merlin sein sollte. Streiten wollten meine Gardisten deswegen allerdings nicht mit mir. Zumindest nicht allzu lange. Sie - und Nahrmahn - haben sehr wohl verstanden, wie wichtig es ist, dass niemand, nicht einmal ein General Chermyn oder ein Bryahn, von diesen Verhandlungen weiß. Lieutenant Ahstyn und Gahlvyn werden ihr Bestes tun, bis zum Morgengrauen jeden von der Zelttür zu vertreiben. Aber wir können nicht versprechen, dass nicht doch noch etwas Unvorhergesehenes geschieht. Also haben wir, so sehr ich bedauere, das sagen zu müssen, nicht allzu viel Zeit. Aber«, er blickte ihr in die Augen und lächelte vieldeutig, »eine oder zwei Stunden von der Zeit, die uns eben bleibt, werden wir beide, Meine Lady, gemeinsam verbringen.«
    »Und das bedeutet«, übernahm Merlin mit leiser Stimme wieder, als Sharleyan noch tiefer errötete, »wir sollten allmählich mit den Erklärungen beginnen, die ich Euch versprochen hatte, Eure Durchlaucht.«
 
    »Kein Wunder, dass Ihr mir immer ein wenig ... ungewöhnlich erschienen seid, Merlin«, sagte Sharleyan beinahe zwei Stunden später. Langsam schüttelte sie den Kopf, die Augen groß vor Erstaunen. Unverwandt sah sie den Gardisten an, der über neunhundert Jahre alt war.
    Seahamper wirkte wie betäubt. Sharleyan erlebte das erste Mal, dass er bereit war, sich in ihrer Gegenwart zu setzten. Normalerweise wäre er selbst einer Aufforderung durch seine Kaiserin nur unter viel Protest nachgekommen. Merlins Geständnis aber hatte ihn förmlich umgehauen. Erst jetzt fand er langsam auch seine Sprache wieder.
    »Anscheinend muss ich mich jetzt in Eurer Gegenwart, Captain, nicht mehr ganz so alt und gebrechlich fühlen!«, sagte er. »Ihr habt uns viel berichtet, und ich will nicht so tun, als verstünde ich alles. Um ehrlich zu sein: Ich verstehe noch nicht einmal die Hälfte! Aber wenigstens weiß ich jetzt, wie sich einiges von den Geschichten erklärt, die überall kursieren. Aber habt Ihr denn wirklich drei Kraken mit bloßen Händen erwürgt?«
    »Nicht ganz mit bloßen Händen«, gab Merlin zurück und gestattete sich ein schiefes Grinsen. Dann wandte er sich wieder Sharleyan zu. »Haben wir damit Eure Fragen beantwortet, Eure Durchlaucht?«, fragte er leise.
    »Oh, Ihr habt mir all die Fragen beantwortet, die ich vorher gehabt hatte«, versicherte sie ihm. »Dafür stellen sich mir aber nun mindestens ein Dutzend neue!«
    »So, Liebste, läuft das mit Merlin immer«, warf Cayleb ein.
    »Am schwersten wird es mir wohl fallen, hinzunehmen, dass alles, was man mich ein Leben lang über Gott und die Erzengel gelehrt hat, nichts als Lüge war.« Sharleyan sprach leise, ihr Ton war bitter. Seahamper sagte nichts, biss aber die Kiefer zusammen. Offenkundig sprach seine Kaiserin aus, was auch er fühlte.
    »Darüber, Eure Durchlaucht, solltet Ihr unbedingt mit Erzbischof Maikel sprechen«, riet Merlin ihr. »Ihr wusstet bereits, dass Clyntahn und Trynair den Glauben zu verderben und zu missbrauchen vermögen. Neu ist nur, dass sie dabei unwissentlich nichts anderes getan haben, als in die Fußstapfen von Langhorne und Bedard zu treten. Dass korrupte, machthungrige Menschen bereit sind, zum Erhalt oder Ausbau ihrer Macht sogar über Gott selbst Lügen zu verbreiten, ist jedoch nichts Neues. Dadurch aber wird doch nicht automatisch Euer Gottesverständnis eine Lüge! Ich gebe es nicht gern zu, aber es ist und bleibt die Wahrheit: Die Religion, die Langhorne und Bédard erfunden haben, um jeden einzelnen Safeholdianer als Sklaven halten zu können, hat auch etwas anderes ermöglicht: Erst die Werte, die ihnen ihre Religion - diese Religion! - nahe gebracht hat, versetzten den Erzbischof und die Bruderschaft von Sankt Zherneau in die Lage, die Wahrheit zu erkennen. Religiöse Uberzeugungen können pervertiert werden, wenn Menschen die Güte Gottes als Waffe benutzen. Meine Uberzeugung ist, dass jemand wie Langhorne oder Bedard sich noch so bemühen mögen: Der wahre Gott findet seinen Weg

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