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Caylebs Plan - 6

Titel: Caylebs Plan - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Kuppel, die ersten Sterne schimmerten, und der Mond schien eine polierte Kupfermünze zu sein, die gerade über den östlichen Horizont aufstieg. Doch noch war es nicht ganz dunkel. Noch konnte Sharleyan über die Dächer von Tellesberg hinwegblicken, über den Hafen, hinaus zu den flackernden Positionsleuchten der Galeonen, die aus dem Hafen ausfuhren und sich vom ablaufenden Wasser hinaus aufs weite Meer ziehen ließen. Überall in den Straßen der Hauptstadt gingen die Lichter an. Sharleyan hob den Kopf und genoss die kühle Brise, die ihr zarte Küsse auf die Wangen hauchte.
    Was für ein friedlicher Anblick, auch wenn Tellesberg das heute gar nicht war, dachte sie. Zorn und Wut aber schienen tatsächlich so gar nicht zu dieser friedlichen Szenerie zu passen, die vor ihr lag. Nur war es geschehen: Wie eine brüllende Welle an sturmgepeitschten Strand war Zorn durch die Straßen der Stadt gewogt. Hätte Sharleyan jemals daran gezweifelt, dass ihre neuen Untertanen sie wirklich ins Herz geschlossen hatten, so hätte dieser allgemeine Zornesausbruch die Zweifel für alle Zeiten zerstreut.
    »Wie schlimm war es denn nun wirklich, Edwyrd?«, fragte Sharleyan und blickte zu den Rauchfahnen hinüber, die in der Nähe des Flusses immer noch aufstiegen. Trotz der Abenddämmerung konnte Sharleyan sie deutlich erkennen. Denn unter dem Rauch glomm noch ein matter, rötlicher Schein; er pulsierte sanft: Glutasche und verkohltes Holz.
    »Nicht so schlimm, wie es hätte werden können, Eure Majestät.« Er zuckte mit den Schultern. »Die Heiler werden eine Zeit lang gut beschäftigt sein. Aber die Stadtwache ist rechtzeitig eingetroffen, um zu verhindern, dass tatsächlich jemand gelyncht wurde. Und die Löschtrupps haben das Feuer so weit eingrenzen können, dass es nur noch auf die Gebäude in unmittelbarer Nähe zur Kirche hat übergreifen können.«
    »Ich wünschte, das wäre nicht geschehen«, sagte Sharleyan leise und starrte immer noch hinüber zu den aufsteigenden Rauchfahnen. Wieder zuckte Seahamper die Achseln. Sein Mitgefühl kannte ganz offenkundig Grenzen, wie Sharleyan jetzt bewusst wurde. Andererseits war ihr Leibgardist schon immer ein ... ziemlich direkter Bursche gewesen. Doch dann überraschte er sie ein wenig.
    »Das Volk ist zornig, Eure Majestät«, sagte er. »Zornig und, so denke ich, beschämt. Soweit wir wissen, waren alle diese Dreckskerle von Attentätern Charisianer. Nun hat das Volk von Charis das Gefühl, das ganze Königreich sei schuld an dem, was geschehen ist.«
    »Das ist so töricht!«, erregte sich Sharleyan. »Die Wach-Abordnung bestand zu drei Vierteln ebenfalls aus Charisianern, und sie alle haben ihr Leben dafür hingegeben, das Attentat zu verhindern!«
    »Natürlich. Und irgendwann wird auch der Rest von Charis sich dessen erinnern. Aber noch nicht jetzt.«
    Sharleyan nickte; sie wusste, dass er Recht hatte. Sie wusste, dass sie eigentlich nichts anderes hätte erwarten dürfen. Ihr Dank galt der Stadtwache, die Todesfälle zu verhindern gewusst hatte. Sharleyan wünschte sich allerdings auch, die Wache hätte rechtzeitig eintreffen können, um auch zu verhindern, dass die zornige Menge die Kirche von Langhorne dem Gesegneten in Brand steckte. Aber damit hätte Sharleyan wohl ein wenig viel erwartet.
    Hin und wieder hatte sie sich schon gefragt, ob es wirklich klug von Cayleb und Erzbischof Maikel gewesen war, den Tempelgetreuen, die so offen ihre Treue zum Rat der Vikare zur Schau stellten, zu gestatten, eine der größten Kirchen der Stadt weiterhin für ihre Zwecke zu nutzen. Ganz besonders Besorgnis erregend hatte Sharleyan gefunden, dass die Leute, die dort nach wie vor zum Gebet ein und aus gingen, nach und nach in die Wohnhäuser gezogen waren, die im Gebiet rings um diese Kirche lagen. Es schien, als legten sie es darauf an, mitten im Herzen von Tellesberg eine Enklave zu errichten. Was heute geschehen war, unterstrich Sharleyans Besorgnis nur noch. Trotzdem war ihr keine bessere Lösung eingefallen als die, für die Cayleb sich entschieden hatte. Allen Nachteilen zum Trotz war die Entscheidung richtig gewesen. Denn das Letzte, was die Krone sich leisten konnte, wäre gewesen, die von der Inquisition erhobenen Anschuldigungen, im ketzerischen Charis werde die wahre Kirche brutal unterdrückt, auch noch zu bestätigen, indem man die Tempelgetreuen verbot zu wohnen, wo sie wollten, und eine Kirche zu haben.
    Na, wir haben denen die Kirche ja auch nicht weggenommen ... nicht,

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