Caylebs Plan - 6
am nächsten war, und nun saß er ab und stellte sich neben die Bataillonsstandarte, das Schwert in der Hand, den Blick fest auf den Feind gerichtet.
Keiner seiner Marines würde die Zeit haben, ein einziges Mal nachzuladen, bevor die ersten der Heranstürmenden das Karree erreicht hätten. Nichts konnte daran etwas ändern. Zhanstyn hatte daher nicht die Absicht, die immense psychologische Wirkung einer massierten Salve zu verschwenden, indem er zu früh feuern ließe. Es war nicht nur eine Frage der Reichweite und der Treffsicherheit; es war auch eine Frage des richtigen Zeitpunkts, damit diese Kavalleristen nicht nur physisch von den Kugeln der Marines getroffen, sondern auch ihre Kampfmoral zerschmettert würde. Also wartete Zhanstyn geduldig - auf den absolut richtigen Moment.
Die corisandianische Kavallerie donnerte den Hügel hinab, schwärmte dabei zu ordnungsgemäßen Doppelreihen aus. Nun spannten sich die vordersten Soldaten im Sattel an und bereiteten sich auf den Aufprall vor, während sie geradewegs auf die charisianische Formation zuhielten. Das Gewirr unerschütterlicher Bajonette blitzte bedrohlich im Schein der frühen Abendsonne, doch es waren wenigstens keine Piken. Noch ein paar Sekunden ...
In einem plötzlichen, donnernden Feuerstoß zerbarst das ganze Universum.
Das charisianische Karree bestand aus etwa achthundert Mann. An jeder der kurzen Seiten hatten sich vier Züge - etwa achtzig Soldaten - postiert, um die Flanken zu sichern. Weitere einhundert Mann bildeten die rückwärtige Seite des Karrees, den Blick den Hügel hinab gerichtet; sie sicherten den zweihundertzwanzig Mann den Rücken, die an der eigentlichen Front standen. Eine Reserve von vierzig Mann stand in der Mitte der Formation bereit, um einzuspringen, sobald sich Schwachstellen zeigten. Die Längsseite maß von einer Seite zur anderen ungefähr einhundert Schritt, was kaum einem Drittel der anrückenden Kavalleriefront entsprach. Einer solchen Bedrohung gegenüber wirkte das charisianische Karree geradezu fragil, ganz leicht zu überrennen.
Falls die Charisianer, die zu dem Karree gehörten, sich dessen bewusst waren, ließen sie sich davon nichts anmerken.
Während Windshares Kavallerie weiter den Hügel hinabstürmte, einem reißenden Fluss aus Pferdemuskeln und Stahl gleich, feuerten die einhundertfünfzig Gewehre in der zweiten und dritten Reihe des Karrees absolut gleichzeitig.
Die Wirkung dieser tödlichen Salve war unfassbar, und das in mehr als einer Hinsicht. Jeder Soldat unter Windshares Kommando hatte die Bajonette gesehen. Niemand hatte zuvor schon einmal von Ringbajonetten gehört. Ringbajonette wurden um die Mündung einer Muskete herum angebracht, statt in den Lauf der Waffe geschoben zu werden. Weil Windshares Männer das nicht wussten, wussten sie nur eines: Es war völlig unmöglich, dass die gegnerischen Musketiere das Feuer eröffneten. Als der Gegner schoss und dazu noch wie ein Mann, völlig gleichzeitig nämlich, war die Überraschung perfekt. Nicht einmal eine Kugel hätte treffen müssen. Denn auch ohne einen Treffer wäre der Schock groß genug gewesen: Der Feind hatte immer neue Überraschungen für die Corisandianer auf Lager. Dem Selbstvertrauen und der Entschlossenheit von Windshares Truppen hätte kein tödlicherer Stoß versetzt werden können.
So bedauerlich es für Corisande auch war: Die charisianische Salve forderte Opfer.
Pferde stellen recht große Ziele dar; Menschen sind dagegen relativ schwer zu treffen. Die Kugeln der Charisianer erwischten wohl zwischen zwanzig und dreißig von Windshares Soldaten. Als die massiven Kugeln Brustpanzer wie Knochen gleichermaßen durchschlugen, gingen daher von der heranstürmenden Angriffswelle gerade einmal eine Hand voll zu Boden, mehr nicht.
Bei den Pferden hingegen sah das anders aus: Zahllose Pferde stürzten mit schrillem Wiehern zu Boden. Große Löcher wurden in die Reihen der Corisandianer gerissen. Reiter wurden aus dem Sattel geschleudert und fanden sich unmittelbar darauf genau im Weg der zweiten Angriffswelle wieder. Normalerweise würde ein Pferd fast alles tun, um den Zusammenstoß mit einem Menschen zu vermeiden. Doch hier war das völlig unmöglich. Die Pferde waren zu schnell, hatten zu viel Schwung, und hinter ihnen waren zu viele weitere Pferde, und so zertrampelten sie die gestürzten Kavalleristen zu blutigem Brei.
Die Kadaver der toten Pferde aber waren ein ernsthafteres Hindernis. Die Front der heranstürmenden
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