Caylebs Plan - 6
benutzt habe. Glauben Sie mir!«
»Ich glaube allmählich, diese Märchen über die Zauberkräfte der Seijin könnten wahr sein!«, meinte Ahstyn.
»Das sind keine Zauberkräfte, Franz. Nur Training und auf diese Weise gesteigerte Fähigkeiten.«
»Ja, sicher!«
»Ja, ganz sicher! Mehr Erklärung kann ich Ihnen nicht bieten, außer Sie wären bereit, zu den Bergen des Lichts aufzubrechen und ein paar Jahrzehnte lang mit mir zu trainieren.« Merlin klopfte dem Lieutenant kameradschaftlich auf die Schulter. »Ich lege es wirklich nicht darauf an, besonders geheimnisvoll zu erscheinen, Franz. Allerdings will ich gern zugeben, dass ich Menschen, die mich und meine Fähigkeiten kennen, hin und wieder auch gern überrasche. Das gehört zu den kleinen Freuden meines Alltags.«
»Wegen Eurer so genannten kleinen Freuden des Alltags dürfen nur so wenige von uns Eure wahren Fähigkeiten kennen lernen«, gab Ahstyn säuerlich zurück. »Denn nur auf diese Weise halten wir wenigstens die Verluste durch Herzanfälle klein!«
Merlin lachte.
»Ach, so schlimm ist es doch nun auch wieder nicht! Außerdem sind Sie doch jung und gesund! Ich bin mir sicher: Ihr Herz kann das verkraften - problemlos.«
»Sehr beruhigend, Sir.« Ahstyn legte so viel Missbilligung in seinen Blick, wie ihm nur möglich war. »Ich bin mir sicher, dass es äußerst unterhaltsam für Euch gewesen sein muss, mich auf einen Schlag ein ganzes Jahr älter werden zu lassen. Aber Seine Majestät schaut schon alle zehn Minuten aus seinem Zelt und hält nach Euch Ausschau. Ich glaube, er hat Euch schon vor einiger Zeit zurückerwartet.«
»Ich weiß.« Merlin zuckte mit den Schultern. »Es hat länger gedauert, den ... Kontaktmann zu finden, als ich erwartet hatte. Und um ganz ehrlich zu sein: Nicht einmal ein Seijin kann geschäftig durch die Gegend laufen, ohne dass jemand ihn schließlich doch bemerkt.«
»Das ist wirklich tröstlich«, erwiderte Ahstyn und lächelte. »Aber jetzt ...«
Er machte eine Handbewegung, als wolle er seinen Vorgesetzten zum Kommandozelt des Kaisers scheuchen, und Merlin nickte. Dann straffte der Seijin die Schultern, ging auf das Zelt zu und klopfte mit den Fingerknöcheln kurz gegen die kleine Glocke, die neben der geschlossenen Zeltklappe angebracht war.
»Euer Majestät, ich bin zurück«, verkündete er und übertönte dabei das melodische Klingeln des Glöckchens.
»Ach, tatsächlich?« Der Kaiser klang unzweifelhaft gereizt. Einen Augenblick später streckte er den Kopf heraus und warf seiner persönlichen Leibwache einen nicht minder verstimmten Blick zu. »Ich dachte, Ihr hättet irgendetwas von Sonnenaufgang gesagt!«, grollte er und deutete mit einer nachdrücklichen Handbewegung auf die späte Morgensonne.
»Das habe ich auch, Euer Majestät«, gestand Merlin. »Aber es hat ein paar Komplikationen gegeben.«
»Das Wort ›Komplikationen‹ gefällt mir nicht«, gab Cayleb zurück und klang sogar noch gereizter. »Aber Ihr solltet wohl besser hereinkommen und mir davon berichten!«
»Selbstverständlich, Euer Majestät«, murmelte Merlin und folgte dem Kaiser in das Zelt.
Ahstyn und Faircaster tauschten vielsagende Blicke aus.
»Machen Sie sich keine Sorgen, Sir!«, meinte der Sergeant mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. »Seine Majestät schätzt den Seijin wirklich sehr.«
Cayleb wartete, bis die Zeltklappe sich wieder geschlossen hatte. Keinen Lidschlag später wandte er sich Merlin zu, verschränkte die Arme vor der Brust und hob fragend die Augenbrauen.
»Meint Ihr nicht«, setzte er an, »es wäre eine gute Idee, mich wenigstens ganz allgemein über diese kleinen Ausflüge in Kenntnis zu setzen, die Ihr hin und wieder unternehmt?«
Es entging Merlin nicht, dass in Caylebs Stimme echter Ärger mitschwang - und dazu hatte der junge Kaiser auch jedes Recht.
»Cayleb, es tut mir Leid«, entgegnete der Mann, der einmal Nimue Alban gewesen war, ernsthaft. »Hätte ich die Zeit dafür gehabt, hätte ich Euch gewiss informiert. Bedauerlicherweise war keine Zeit mehr. Tatsächlich hätte ich es sogar beinahe nicht mehr rechtzeitig geschafft.«
Als Cayleb begriff, in welch ernsthaftem Tonfall Merlin sprach, verzog sich sein Ärger sichtlich.
»Wohin denn geschafft?«, fragte er nur.
Einen Moment lang blickte Merlin ihn nur schweigend an. Er überlegte, wie Cayleb wohl reagieren würde. Mit Hilfe einer seiner SNARCs hatte er die ganze Zeit seiner Abwesenheit hindurch das Lager überwacht. Er war
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