Caylebs Plan - 6
Ihr.« Caylebs Schultern sackten herab. »Ich wünschte nur, es wäre anders. Sie hat ihn geliebt wie einen Vater, Merlin! Das wird ihr das Herz brechen. Und um ehrlich zu sein, fürchte ich mich ein wenig davor.«
»Fürchtet Ihr, sie könnte seinen Tod indirekt Euch anlasten?«, erkundigte sich Merlin sanft. »Sie könnte ihre Entscheidung, Euren Heiratsantrag anzunehmen, als den wahren Grund für das ansehen, was er getan hat ... und damit auch für seinen Tod?«
»Ja«, gestand der Kaiser.
»Ich kann nicht versprechen, dass dem nicht so sein wird, Cayleb. Niemand kann das. Aber Sharleyan ist nicht die Erste, die eine Ehe eingegangen ist, die geliebte Menschen missbilligen. Und sie hat nicht so lange auf dem Thron von Chisholm überlebt, ohne zu lernen, wie Gefühl und Verstand arbeiten, wenn es um Politik und Macht geht. Seien wir doch ehrlich: Sie hat ihren Onkel doch in erster Linie nach Charis mitgenommen, eben weil sie gefürchtet hat, sie könne ihm nicht mehr so weit vertrauen, dass sie ihn unbesorgt in Chisholm hätte zurücklassen dürfen! So viel hat sie schon über ihn gewusst, lange bevor sie Euch geheiratet hat. Natürlich können Menschen sich selbst für Dinge strafen, die für Außenstehende keinerlei Sinn ergeben. Also ist es sehr gut möglich, dass sie zu dem Schluss kommt, ihre Eheschließung habe ihn dazu gebracht, zu tun, was er getan hat. Da kann ihr Verstand ihr tausend Mal vorhalten, er habe diese Entscheidung ganz allein getroffen. Sollte sie jedoch nach einem Schuldigen für Halbrook Hollows Tod suchen, wird sie wahrscheinlich eher sich selbst für schuldig halten als Euch.«
»Es wäre mir fast lieber, wenn sie mir die Schuld gäbe«, bemerkte Cayleb sehr leise und blickte auf seine Hände hinab. Er nestelten unruhig an einer kleinen Schachtel voller Positionsmarker, die auf dem Kartentisch lag.
Dieses Mal erwiderte Merlin nichts. Mehrere Sekunden lang herrschte Schweigen im Kommandozelt. Dann straffte Cayleb die Schultern.
»Also gut«, sagte er mit forscherer Stimme, »ich denke, Ihr habt Recht, was Nahrmahn betrifft. Also sollte ich wohl verlauten lassen, dass ich ihn sprechen möchte.«
»Und während wir warten«, ergänzte Merlin, »sollten wir beide noch ein wenig über die Frage nachdenken, wie ein Kaiser und Feldherr mitten in der Nacht aus seinem Feldlager-Hauptquartier verschwinden kann, für ... ach, sagen wir: vier oder fünf Stunden.«
»Ganz zu schweigen davon, wie wir besagten Kaiser und Feldherrn überhaupt erst einmal aus seinem Lager herausschaffen«, pflichtete Cayleb ihm bei. Er schüttelte den Kopf und lachte leise. »Ich bin wirklich sehr gespannt darauf, dieses Aufklärer-Schwebeboot, von dem Ihr berichtet, mit eigenen Augen zu sehen - ich habe zwar eine Heidenangst davor, aber ich bin trotzdem sehr gespannt! Tja, das wird richtig Arbeit, uns zu überlegen, wie wir hier unbemerkt verschwinden. Es wird sicher viel mehr Arbeit, als beispielsweise eine Lösung für eine Kleinigkeit wie die Frage zu finden, wie wir Hektor von Corisande davon überzeugen, dass ich in Wirklichkeit sein bester Freund bin!«
.XVII.
An Bord eines Aufklärer-Schwebeboots,
hoch über Carters Ozean
Cayleb Ahrmahk presste das Gesicht gegen die Innenseite der Panzer-Plastik-Kuppel, als das Aufklärer-Schwebeboot den Nachthimmel durchschnitt. Mehr als achthundert Jahre nach Ankunft der Kolonisten war er der erste gebürtige Safeholdianer, der tatsächlich wieder flog. Cayleb saß in dem Andrucksessel direkt hinter Merlin. Die Begeisterung des jungen Mannes war so groß, dass der flugerfahrene Merlin sie fast körperlich spüren konnte.
Gemeinsam aus dem Lager herauszukommen hatte sich als deutlich einfacher erwiesen, als zumindest Cayleb sich das vorgestellt hatte. Natürlich war es nicht seine Schuld, dass er sich viel zu großen Schwierigkeiten gegenüber gewähnt hatte. Im Gegensatz zu Merlin wusste er nichts über Dinge wie tragbare Holo-Projektoren. Am besten funktionierte der Projektor, den Merlin an seinem Gürtel befestigt hatte, bei nicht ganz optimalen Sichtverhältnissen - ganz wie die Tarnvorrichtung des Aufklärers, die im Rumpf mit bedingter KI eingebaut war. Doch sie hatten Glück gehabt: Am Nachmittag waren Regenwolken aufgezogen. Es goss nicht allzu heftig, aber der feine Regenschleier trübte die Sichtverhältnisse und hatte den beiden dabei geholfen, gut mit dem Hintergrund zu verschmelzen. Daher konnten sie deutlich früher aufbrechen als ursprünglich
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