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Caylebs Plan - 6

Titel: Caylebs Plan - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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gedacht, schon lange, bevor die Nacht hereinbrach.
    Noch früher aufzubrechen wäre nicht sinnvoll gewesen. Schließlich galt es, die Zeitunterschiede zu bedenken. Wenn es in Corisande sieben Uhr abends war, war es in Tellesberg gerade erst ein Uhr Mittag. Doch Merlin war durchaus zufrieden damit, ein wenig mehr an Zeit zur Verfügung zu haben. Das bedeutet, dass er dieses Mal keine allzu hohe Mach-Zahl vorlegen musste. Das war auch gut so, denn dieses Mal gab es kein Gewitter, das praktischerweise den Überschallknall verdeckt hätte. Auch sonst war Merlin dankbar dafür, nicht so schnell fliegen zu müssen: So brauchte er sich keine Sorgen zu machen, der Rumpf des Schwebers könnte sich weit genug aufheizen, um von Orbital-Sensoren aufgefangen zu werden, die nicht Merlin selbst kontrollierte. Zudem wollte Merlin ohnehin lieber ein wenig früher am Tag eintreffen. Je eher Cayleb und er auf Sharleyans Balkon waren, um so besser! Notfalls könnte er immer noch ein wenig Zeit totschlagen, indem er über Tellesberg kreiste, so weit oben, dass niemand ihn vom Boden aus würde sehen können.
    Beim ersten Anblick des Schwebeboots hatte Caylebs Verhalten Merlin recht eindeutig an Zhan erinnert, den jüngeren Bruder des Kaisers. Um ehrlich zu sein, mutierte Cayleb zum kleinen Jungen mit kindlichem Staunen und kindlicher Begeisterungsfähigkeit just in dem Moment, als Owl den Schweber geschickt in der Luft stehen ließ und die Tarnvorrichtung deaktivierte.
    »Oh, Mann!«, hatte der Kaiser gehaucht und mit großen Augen zugeschaut, wie das Luftgefährt plötzlich sichtbar wurde und sich dann sanft auf das verwehte Laub absenkte, das wie ein Teppich den ganzen Boden der Lichtung bedeckte. Der ausgewählte Landeplatz lag kaum zwei Meilen jenseits des gesicherten Bereiches des Feldlager-Hauptquartiers.
    Caylebs unverhohlene Begeisterung brachte Merlin dazu, die schlanke, fast verwegen wirkende Anmut des Fahrzeugs noch einmal mit anderen Augen zu sehen. Selbstverständlich vermochte er sich gar nicht wirklich vorzustellen, wie der schnittige Rumpf mit dem nadelförmigen Bug und den leicht geschwungenen Tragflächen auf jemanden wirken musste, der nicht in einem hochgradig technisierten Universum aufgewachsen war. Caylebs Reaktionen auf diesen Anblick betonte einmal mehr, welch gewaltiger Abgrund doch zwischen der Lebenserfahrung Nimue Albans und der des Kaisers von Charis gähnte. Merlin bemerkte, dass ihm das in seiner Zeit als › Seijin Merlin‹ auf Safehold längst nicht so aufgefallen war.
    Der Kaiser hatte zugeschaut, wie die Kuppel zurückgeglitten und die Leiter sich selbst entfaltet hatte. Dann war er, ein wenig arg vorsichtig, mit Merlins Hilfe eingestiegen. Er hatte sich in den hinteren Andrucksessel gesetzt. Irgendwie war es ihm gelungen, nicht gleich wieder aufzuspringen, als die Sitzfläche sich unter ihm bewegte, um sich an die Konturen seines Körpers anzupassen. Es war ihm gelungen, den Fluchtinstinkt zu unterdrücken, weil Merlin ihn vor diesem Effekt gewarnt hatte. Dennoch war Caylebs Erstaunen offensichtlich.
    Geduldig hatte Merlin ihm die verschiedenen Displays erläutert. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, Cayleb zu warnen, nichts zu berühren, was er nicht ausdrücklich berühren dürfe. Zum einen war Cayleb klug genug, das selbst zu begreifen. Zum anderen hatte Merlin sämtliche Steuereinheiten auf das vordere Cockpit umgeleitet. Er hatte dem jungen Kaiser gezeigt, wie er seine visuellen Displays so rekonfigurieren konnte, dass sich die Heck-Optiken in jede gewünschte Richtung ausrichteten. Die ersten dreißig oder vierzig Minuten des Fluges hatte Cayleb damit verbracht, voller Begeisterung die Optik hin und her zu schwenken und immer wieder auf das Land, den Ozean und die Inseln unter ihnen zu zoomen.
    Genau diese dreißig oder vierzig Minuten lang hatte er auch mit der gleichen Begeisterung unablässig aufgezählt, was er alles aus ihrer Flughöhe von etwas mehr als 65 000 Fuß sehen konnte. Doch jetzt wurde er endlich ein wenig ruhiger.
    »Das also haben uns Langhorne und die anderen genommen«, sagte er leise und lehnte sich schließlich in seinem Sitz zurück.
    »Das ist ein Teil dessen, was sie euch allen genommen haben«, verbesserte Merlin ihn sanft. »Glaubt mir, Cayleb: So aufregend und neu das alles für Euch sein muss, das kratzt kaum an der Oberfläche dessen, was Shan-wei Euren Vorfahren wiedergeben wollte. Oh, mit einem hatten Langhorne und die Planer durchaus Recht. Etwa die ersten

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