CC-5 streng geheim
haben. General Reling saß hinter einem technischen Erzeugnis, zu dem er »Schreibtisch« sagte. Die Arbeitsfläche war mit zahlreichen Geräten, Schaltern und Kontrollbildflächen so überfüllt, daß ich keinen Platz gefunden hätte, um auch nur ein Schriftstück zu unterzeichnen.
Hannibal sagte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Eine Begrüßung war es jedenfalls nicht gewesen, da ich bei ihm von jeher die einfachsten Grundbegriffe der Höflichkeit vermißte.
Er war Leutnant. Ich stand im Range eines Captains. Wenn Sie aber meinen, er hätte mich jemals mit »Sir« angeredet, so haben Sie sich getäuscht. Es war mir überhaupt rätselhaft, wie unser sonst so cholerischer Alte die Geduld aufbrachte, mit der er die Streiche und ironischen Bemerkungen des Kleinen ertrug.
Hannibal war übrigens einer der drei Agenten, die mich von Person kannten. Das lag in früheren Einsätzen begründet, bei denen uns keine Wahl geblieben war, als unser Inkognito aufzuheben.
Der Zwerg mit dem von Falten durchzogenen Gesicht und den rostroten Haarborsten war nur als Nervensäge zu bezeichnen. Sein Benehmen strapazierte meine Nerven stets bis an die Grenze des Erträglichen. Auch sein anzügliches Grinsen stellte meine Beherrschung auf die Probe. Wenn er einmal ernst wurde, mußte er sich schon in einer schwierigen Situation befinden.
Hannibal war auf seine Vornamen sehr stolz, die seine Mutter auf Grund ihrer Vorliebe für alte Feldherren und Könige für ihren Sohn ausgesucht hatte. Über die zweideutige Auslegung seines Familiennamens verlor er nie ein Wort.
Was wollte er hier? Bedeutete das etwa, daß mich der Alte wieder mit ihm in den Einsatz schicken wollte?
»Heil dir, Verfechter der Treue und des Glaubens an die Gerechtigkeit«, schrie der Zwerg mit seiner heiseren Stimme.
Sein Lachen wirkte wie eine Herausforderung. Während ich tief einatmete, um meine Verärgerung zu unterdrücken, fügte er nach einem affektierten Hüsteln hinzu:
»Stehen Sie mal bequem, Langer. Nur keine falsche Scham vor bedeutenden Leuten. Ich war auch einmal ganz unten.«
Der Alte amüsierte sich auf meine Kosten. Ich ließ mir jedoch nichts anmerken. Es war seltsam! Sonst sah man General Reling kaum lachen, doch wenn er mit dem Zwerg zusammen war, schien er stets ausgesprochen erheitert.
»Meinen Sie etwa mich, Leutnant?« fragte ich zurückhaltend.
»Du kannst mich ruhig duzen«, meinte er friedlich. »Das ist ein besonderer Gunstbeweis meinerseits, verstehst du?«
Ich beherrschte mich nur mühevoll. Der Alte spielte den stillen Beobachter.
Da dem Zwerg keine Zurückhaltung auferlegt wurde, setzte er seine Spötteleien fort.
Ich ignorierte seine Sprüche und machte Meldung.
»Danke, Captain«, sagte der Alte. »Nehmen Sie Platz. Zigarren finden Sie dort.«
»Wo?« erkundigte sich der Kleine und schob sich gleichzeitig aus dem Sessel.
General Reling schmunzelte. Er schien keinen Anstoß an Hannibals Verhalten zu nehmen.
»Wenn du nicht deine Finger wegläßt, dann …«
»Hä …?« unterbrach er mich.
»Ich bitte um Ruhe, meine Herren!« sagte General Reling.
Ich drehte mich um. Hannibal verstummte. Aufmerksam sahen wir den Alten an.
»Ich bitte um Ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit.«
In Relings Gesicht zuckte kein Muskel. Er drückte einen Schalter nieder.
»Doktor, kommen Sie bitte zu mir, aber beeilen Sie sich. Bringen Sie alles mit. Ende.«
»Ich habe wichtige Meldungen«, warf ich verstört ein, doch er winkte ab.
»Konnat, wenn Sie glauben, ungefragt sprechen zu können, haben Sie sich getäuscht. Sie sollen warten, habe ich gesagt.«
Innerlich fluchend lehnte ich mich in den Schaumstoffsessel zurück.
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