Celaenas Geschichte 1 - Throne of Glass: Roman (German Edition)
mitfühlendste Mensch, den sie kannte. Sein Tod hinterließ eine Lücke, die sich wohl nie wieder schließen würde.
Celaena schwitzte so stark, dass ihre Laken feucht wurden, und schlief schlecht. Am Morgen fühlte sie sich, als wäre eine Herde Wildpferde über sie hinweggetrampelt.
Schließlich weckte Sam sie auf – mit einem etwas unsanften Stoßmit dem Schwertknauf. Nach einem einzigen Blick sagte er: »Du siehst grässlich aus.«
Celaena nahm das als Einstimmung für den Tag, sprang aus dem Bett und knallte die Badezimmertür hinter sich zu.
Als sie eine Weile später wieder auftauchte, so frisch, wie es mit einem Waschbecken und den bloßen Händen eben ging, war ihr eine Sache absolut klar.
Unter keinen Umständen würde sie diese Sklaven nach Rifthold bringen – nicht einmal, wenn man ihr die Hölle heißmachte. Sollte Rolfe sie doch behalten. Sie würde die Sklaven jedenfalls nicht in die Hauptstadt transportieren.
Das bedeutete, sie hatte zwei Tage, um einen Weg zu finden, den Handel zwischen Arobynn und Rolfe platzen zu lassen.
Und einen Weg zu finden, das Ganze lebend zu überstehen.
Sie warf sich den Umhang über die Schultern und bedauerte insgeheim, dass der viele Stoff den größten Teil ihrer wunderschönen schwarzen Tunika verdeckte – vor allem die zarte Goldstickerei. Na ja, wenigstens war ihr Umhang auch ein edles Teil. Selbst wenn er von der langen Reise ein wenig schmutzig war.
»Wo willst du hin?«, fragte Sam und setzte sich auf. Er hatte faul auf dem Bett gelegen und sich mit einem Messer die Nägel gesäubert. Sam würde ihr ganz bestimmt nicht helfen. Sie würde auf eigene Faust einen Weg finden müssen, aus dem Geschäft auszusteigen.
»Ich muss Rolfe ein paar Fragen stellen. Allein.« Sie setzte ihre Maske auf und ging zur Tür. »Ich will, dass das Frühstück auf mich wartet, wenn ich zurück bin.«
Sam erstarrte, seine Lippen wurden zu einer schmalen Linie. »Was?«
Celaena deutete zum Flur, Richtung Küche. »Frühstück«, sagte sie gedehnt. »Ich habe Hunger.«
Sam machte den Mund auf und sie wartete auf irgendeine spitze Bemerkung, die aber nie kam. Er machte eine tiefe Verbeugung. »Dein Wunsch sei mir Befehl«, sagte er. Sie tauschten besonders unfeine Gesten aus, bevor Celaena durch den Flur davonging.
Darauf bedacht, nicht in Dreck, Erbrochenes und alles Mögliche andere zu treten, hatte Celaena nur ein klein wenig Mühe, mit Rolfe Schritt zu halten. Am Himmel ballten sich Regenwolken zusammen und die vielen Menschen auf der Straße – abgewrackte Piraten, die sich kaum auf den Beinen halten konnten, Prostituierte, die nach einer langen Nacht vorbeiwankten, barfüßige Waisenkinder, die wild herumrannten – zogen sich in die zahllosen klapprigen Häuser zurück.
Skull’s Bay galt nicht als schöne Stadt und viele der krummen und schiefen Gebäude schienen fast nur aus Holz und Nägeln zu bestehen. Abgesehen von ihren Bewohnern war die Stadt berühmt für den Schiffsbrecher, die lange Kette, die sich quer über die Zufahrt zu der hufeisenförmigen Bucht spannte.
Der Schiffsbrecher befand sich dort schon seit Jahrhunderten und war so gewaltig, dass er, wie sein Name besagte, jedem Schiff, das ihn rammte, den Mast brechen konnte. Er war zwar in erster Linie dazu gedacht, Angriffe abzuwehren, verhinderte aber auch, dass jemand sich einfach davonmachte. Und da die Insel ansonsten von gewaltigen Bergen bedeckt war, gab es kaum andere geschützte Anlegestellen. Alle Schiffe, die in den Hafen fahren oder ihn verlassen wollten, mussten also warten, bis die Kette auf den Meeresboden hinabgelassen war – und eine saftige Gebühr bezahlen.
»Ihr habt drei Häuserblocks«, sagte Rolfe. »Zählt also besser mit.«
Ging er absichtlich so schnell? Celaena versuchte ihre zunehmende Gereiztheit zu überspielen und richtete ihr Augenmerk aufdie zerklüfteten, von Dschungel überwucherten Berge um die Stadt herum, auf den schimmernden Bogen der Bucht, auf die leichte Süße in der Luft. Rolfe hatte das Wirtshaus gerade wegen eines Geschäftstermins verlassen wollen und war bereit, ihre Fragen auf dem Weg dorthin zu beantworten.
»Wenn die Sklaven eintreffen«, fragte Celaena und versuchte so unerfreut wie möglich zu klingen, »habe ich dann Gelegenheit, sie zu inspizieren, oder kann ich mich darauf verlassen, dass wir eine einwandfreie Lieferung bekommen?«
Rolfe schüttelte den Kopf über ihre Arroganz. Celaena sprang über die ausgestreckten Beine eines
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