Celaenas Geschichte 1 - Throne of Glass: Roman (German Edition)
Gebirgspässen der White Fangs warm zu halten.
»Verstehst du, was ich sage?«, fragte Rolfe. Die Frau hob ihre gefesselten Hände. Um die Eisen herum war die Haut rot und wund gescheuert.
»Ich glaube, die Antwort ist nein«, sagte Sam vermittelnd.
Rolfe sah ihn an, dann ging er durch die Verschläge. »Spricht irgendjemand von euch Adarlan?« Er wiederholte seine Frage ein paarmal und wollte schon kehrtmachen, als ein älterer Eyllwe – spindeldürr und voller Schrammen und blauer Flecke – vortrat.
»Ich«, sagte er.
»Nur du?«, fauchte Rolfe die Sklaven an. »Sonst niemand?« Celaena ging auf den Mann zu, der sich gemeldet hatte, und prägte sich sein Gesicht ein. Er schreckte vor ihrer Maske und ihrem Umhang zurück.
»Nun, zumindest er könnte einen höheren Preis einbringen«, sagte Celaena über die Schulter zu Rolfe. Sam stellte Rolfe eine Frage nach den Bergbewohnerinnen vor ihnen, sodass er abgelenkt war. »Wie heißt du?«, fragte Celaena den Sklaven aus Eyllwe.
»Dia.« Seine langen, zarten Finger zitterten leicht.
»Sprichst du fließend Adarlan?«
Er nickte. »Meine … meine Mutter war aus Bellhaven. Mein Vater war ein Händler aus Banjali. Ich bin zweisprachig aufgewachsen.«
Und er hatte wahrscheinlich sein Leben lang noch keinen Tag gearbeitet. Wie war ausgerechnet er in dieses Schlamassel geraten? Die anderen Sklaven an Deck hielten sich zurück, drängten sich ängstlich aneinander, sogar manche der größeren Männer und Frauen, deren Narben und Blutergüsse sie als Kämpfer auswiesen – Kriegsgefangene. Waren sie schon so lange Sklaven, dass sie gebrochen waren? Zu ihrer aller Wohl wollte Celaena das nicht hoffen.
»Gut«, sagte sie und ging davon.
Stunden später bemerkte niemand – oder wenn doch, war es dem Betreffenden egal –, wie zwei Gestalten mit Umhängen in zwei Boote schlüpften und auf die Sklavenschiffe zuruderten, die mehrere Hundert Meter vor der Küste vor Anker lagen. Die riesigenWasserfahrzeuge waren spärlich beleuchtet, aber im hellen Mondlicht konnte Celaena die Golden Wolf leicht erkennen, während sie darauf zusteuerte.
Rechts von ihr ruderte Sam, so leise er konnte, zur Loveless , auf der die Sklaven von gestern untergebracht waren. Ihr Plan konnte nur gelingen, wenn sie so leise wie möglich vorgingen, auch wenn die Stadt bereits in Feierlaune war. Es hatte sich rasch herumgesprochen, dass Arobynn Hamels Assassinen im Wirtshaus Freibier ausschenkten, und als sie zu den Docks aufgebrochen waren, strömten die Piraten bereits in die Gegenrichtung zum Wirtshaus.
Celaena keuchte unter ihrer Maske und ihre Arme schmerzten bei jedem Ruderschlag. Sorgen machte ihr nicht die Stadt, sondern der einsame Wachtturm links von ihr. In seinem schartigen Gefechtsturm brannte ein Feuer, das ein schwaches Licht auf die Katapulte und die schwere Kette über der schmalen Öffnung der Bucht warf. Wenn man sie bemerkte, würde der erste Alarm von dort ertönen.
Vielleicht wäre die Flucht jetzt einfacher gewesen – den Wachtturm außer Gefecht setzen, die Sklavenschiffe stürmen und in See stechen –, aber die Kette war nur die erste Verteidigungslinie. Die Dead Islands ließen sich bei Nacht und obendrein bei Ebbe fast unmöglich umschiffen … Nach wenigen Meilen würden sie auf ein Riff oder eine Sandbank auflaufen.
Celaena glitt die letzten Meter auf die Golden Wolf zu und stemmte sich gegen die Sprosse einer Holzleiter, damit das Boot nicht laut gegen den Rumpf prallte.
Nein, der beste Zeitpunkt war morgen beim ersten Tageslicht, wenn die Piraten zu betrunken oder bewusstlos waren und sie die Flut auf ihrer Seite hatten.
Sam ließ seinen Vergrößerungsspiegel aufblitzen, um zu signalisieren, dass er bei der Loveless angelangt war. Celaena erwiderte dasSignal, indem sie das Licht mit ihrem eigenen Spiegel auffing, dann blinkte sie zweimal zum Zeichen, dass sie bereit war.
Sam antwortete sofort mit demselben Signal. Celaena beruhigte sich mit einem tiefen Atemzug.
Es war so weit.
7
G eschmeidig wie eine Katze kletterte Celaena die Holzleiter an der Schiffswand hinauf.
Der erste Wachposten bemerkte sie erst, als ihre Hände um seinen Hals lagen und die beiden Punkte drückten, die ihn in die Bewusstlosigkeit beförderten – schließlich war sie eine Assassinin und keine Mörderin. Er sackte in sich zusammen und sie packte ihn bei seiner schmuddeligen Tunika, um seinen Fall abzufangen. Leise wie eine Schlange, still wie der Wind, stumm wie ein
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