Celaenas Geschichte 1 - Throne of Glass: Roman (German Edition)
aufgerichtet hatte, dann erst stand sie selbst auf. Beide waren klatschnass und voller Sand und bestimmt war ihr Zopf halb aufgelöst und sie sah aus wie eine tobsüchtige Geisteskranke.
»Also«, sagte Sam, zog seine Stiefel aus und schleuderte sie hinter sich in den Sand. »Erklärst du mir jetzt, was du vorhast?« Er krempelte die Hosenbeine bis zu den Knien auf und machte ein paar Schritte ins Wasser.
Celaena ging auf und ab, die Wellen plätscherten über ihre Füße. »Ich will nur …«, fing sie an, fuchtelte dann aber nur mit dem Arm und schüttelte heftig den Kopf.
»Du willst was?« Sams Worte gingen fast in der Brandung unter.
Sie wandte sich ihm zu. »Wie kannst du den Anblick dieser Leute ertragen, ohne etwas zu unternehmen?«
»Der Sklaven?«
Celaena ging wieder auf und ab. »Es macht mich krank. Es macht mich … es macht mich so wütend, dass ich am liebsten …« Sie konnte den Gedanken nicht zu Ende formulieren.
»Dass du am liebsten was?« Plätschernde Schritte waren zu hören und sie sah über die Schulter. Sam kam auf sie zu, die Arme kampfbereit verschränkt. »Dass du am liebsten etwas so Idiotisches tun würdest wie Rolfes Männer in ihrer eigenen Lagerhalle angreifen?«
Jetzt oder nie. Eigentlich hatte sie Sam da nicht hineinziehen wollen, aber … Sie hatte ihre Pläne geändert und brauchte seine Hilfe.
»Dass ich am liebsten etwas so Idiotisches tun würde, wie die Sklaven zu befreien«, erwiderte sie.
Sam wurde so starr, als hätte er sich in eine Statue verwandelt. »Ich wusste, dass du etwas vorhast – aber sie befreien …«
»Genau das werde ich tun, ob du mitmachst oder nicht.« Zuerst hatte sie nur das Geschäft platzen lassen wollen, aber seit sie am Abend diese Lagerhalle betreten hatte, wusste sie, dass sie diese Menschen nicht ihrem Schicksal überlassen konnte.
»Rolfe wird dich umbringen«, sagte Sam. »Oder Arobynn, wenn Rolfe nicht schnell genug ist.«
»Ich muss es versuchen«, gab Celaena zurück.
»Warum?« Sam kam so nah, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um sein Gesicht zu sehen. »Wir sind Assassinen. Wir töten Menschen. Wir zerstören jeden Tag Leben.«
»Früher, als wir noch klein waren«, flüsterte Celaena, »gab es nur Arobynn oder den Tod –, aber jetzt … Jetzt haben du und ich eine Wahl bei den Dingen, die wir tun. Adarlan hat sich diese Sklaven einfach genommen . Sie haben um ihre Freiheit gekämpft oder wohnten einfach zu nah an einem Schlachtfeld oder ein paar Söldner kamen durch ihre Stadt und haben sie mitgenommen . Das sind unschuldige Menschen.«
»Wir etwa nicht?«
Beim Aufblitzen der Erinnerung bohrte sich etwas Eisiges in Celaenas Herz. »Wir töten korrupte Staatsbeamte und untreue Ehemänner; wir arbeiten schnell und sauber. Das hier sind ganze Familien, die auseinandergerissen wurden. Jeder einzelne dieser Sklaven ist einmal ein Mensch gewesen.«
Sams Augen schimmerten. »Ich stimme dir ja zu. Die ganze Sache gefällt mir überhaupt nicht. Nicht nur das mit den Sklaven, sondern auch dass Arobynn da mitmacht. Und diese Kinder …« Er presste die Finger an die Schläfen. »Aber wir sind nur zu zweit – umringt von Rolfes Piraten.«
Celaena warf ihm ein schiefes Grinsen zu. »Dann ist es gut, dass wir die Besten sind. Und«, fügte sie hinzu, »dann ist es gut, dass ich ihn so geschickt nach seinen Plänen für die nächsten zwei Tage ausgefragt habe.«
Sam staunte. »Dir ist klar, dass das das Waghalsigste ist, was du je getan hast, oder?«
»Das Waghalsigste, aber vielleicht auch das Sinnvollste.«
Sam blickte Celaena so lange an, dass ihre Wangen glühten, so als könnte er in sie hineinschauen – in ihr lesen wie in einem offenen Buch. Was auch immer er entdeckte, er wandte sich nicht ab, und das ließ das Blut in ihren Ohren rauschen. »Wenn wir sterben, dann sollte es für eine gute Sache sein, finde ich«, sagte er.
Celaena schnaubte und benutzte es als Vorwand, um sich einen Schritt von ihm zu entfernen. »Wir werden nicht sterben. Wenigstens nicht, wenn wir uns an meinen Plan halten.«
Sam stöhnte. »Du hast schon einen Plan?«
Celaena grinste ihn an und erzählte ihm alles. Als sie fertig war, kratzte er sich nur am Kopf. »Ich muss zugeben«, sagte er und setzte sich in den Sand, »das könnte funktionieren. Wir müssten den richtigen Zeitpunkt abpassen, aber …«
»Aber es könnte funktionieren.« Sie setzte sich neben ihn.
»Wenn Arobynn das rauskriegt …«
»Arobynn überlässt du
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