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Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Pollmann
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passiert. Es wird viel geredet und gewartet. Es gibt vielleicht mal einen kleinen Überfall, aber große Schlachten sind die Ausnahme. Und hier überfallen werden? Wenn du alleine unterwegs wärst oder mit einem Händlerzug, könnte dir das passieren. Aber um eine Hundertschaft zu überfallen, musst du selbst eine Hundertschaft haben. Was meinst du, was es für ein Getöse gibt, wenn hundert Mann versuchen, durch den Wald zu schleichen? Und selbst wenn sie sich lautlos bewegen könnten, fallen sie auf – und ich meine nicht nur unseren Spähern, sondern auch den Tieren. Schau dir den Himmel über einem Wald an! Wenn du Vögel entdeckst, hat etwas sie aufgeschreckt. Also, wenn der Feind nicht direkt vom Himmel fällt, kann er uns nicht überraschen! Deine Nervosität gibt den Männern ein schlechtes Beispiel. Legionäre ziehen ihre Kraft aus der Stärke ihrer Anführer, und du bist offensichtlich nervös und angespannt.“
    Wahrscheinlich hatte Drusillus recht. Er musste den Männern ein gutes Beispiel geben. Dies war leichter gesagt als getan. Wie spielte man den ruhigen, gelassenen Anführer, wenn einem Furcht und böse Vorahnungen den Magen zuschnürten? Lucius setzte sich ins Gras und nahm den Helm ab. Er versuchte, sich zu entspannen. Dies gelang ihm aber nur äußerlich. Er zeigte den Männern ein Lächeln und wechselte einige Scherzworte mit ihnen. Dann trank er einen Becher unverdünnten Wein, um seine Nerven zu beruhigen. Diesem einen Becher folgte noch ein weiterer und er spürte, wie ihn eine angenehme Wärme durchflutete und sich ein leichter Schleier über seine Sinne legte.
    Dies half ihm am Nachmittag, seinen Aufgaben gelassener nachzugehen, da er seine Umwelt ein wenig entrückt wahrnahm. In der Nacht konnte er das erste Mal durchschlafen. Am nächsten Morgen trank er zum Frühstück wieder zwei Becher Wein, um seiner Nervosität Herr zu werden. Er nahm sich fest vor, dies nicht zur Gewohnheit werden zu lassen, da er bei Feindberührung schließlich einen klaren Kopf brauchen würde. Aber für ein paar Tage nur konnte es ja nicht schaden. Bis jetzt war seine Einheit noch auf keinen Feind gestoßen, ja, sie hatten überhaupt noch keine Menschenseele getroffen. Die helvetische Einöde machte ihrem Namen alle Ehre. Nur ab und zu sahen sie Rauchwolken aufsteigen, vielleicht von niedergebrannten Höfen oder Scheunen.
    Die XVI Legion Gallica brach einige Tage nach der Augusta von Basilia auf. Sie zog den Rhenus entlang und erreichte nach fünf Tagen den Lacus Venetus. Hier begannen die Legionäre mit dem Bau von Schiffen. Sie verwendeten dabei das Holz und die Bretter, die sie selbst im Vorjahr vorbereitet hatten. Die Offiziere der Gallica hatten sich verwundert über diese ihrer Meinung nach unnütze Tätigkeit geäußert, aber Tiberius hatte ihnen nur mitgeteilt, dass ein Legionär alles können musste – und das zu jeder Zeit.
    Während der Bauzeit machte Tiberius mit drei Kohorten und drei Alen einen Streifzug zu den Quellen des Danuvius und organisierte den Nachschub bei den Latrobigen. Innerhalb von sechzehn Tagen bauten die restlichen Legionäre eine Flotte von
naves actuariae
für den Truppentransport. Diese Moneren waren groß genug, eine Centurie zu befördern, und mit ihrem flachen Kiel bestens geeignet, Truppen in flachem Wasser anzulanden. Einen Tag später schon wurden die Legionäre eingeschifft und verließen den kleinen Seitenarm des Lacus Venetus, der als Hafen gedient hatte. Ein Teil der Schiffe steuerte das Südufer des Sees an, die restlichen ruderten zum Nordufer. Auf dem Landweg wurden sie von Reitertrupps begleitet.
    Die Strategie war einfach: Die Alen schreckten die am See lebenden Briganten auf, die sich vor ihnen zurückzogen. Dann landete eine Gruppe Legionäre in ihrem Rücken und griff sie an.
    Rings um den See gerieten die Briganten in Aufregung. Viele flohen zum östlichen Ufer, wo Brigantium, ihre größte Siedlung, schwer zugänglich inmitten einer ausgedehnten Sumpflandschaft lag. Hier verschanzten sich die Kelten und hofften darauf, dass die Römer weiterzogen. Eine Ansammlung von Fischerbooten, mit Kriegern bemannt, sicherte Brigantium von der Seeseite her. Die Legionäre begannen Lager rund um das Feuchtgebiet anzulegen, um die Briganten vom Hinterland abzuschneiden. Die römischen Späher kundschafteten gangbare Wege aus, die durch Knüppeldämme gesichert und dann durch Wälle versperrt wurden. Nach drei Tagen emsiger Arbeit, unterbrochen nur durch gelegentliche

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