Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
Spott für sein Gefecht mit dem Baum über sich ergehen lassen. Lucius der Baumtöter, was für ein ruhmreicher Beiname!
Lucius war zu erschöpft für ihre Späße und lenkte das Thema eilig auf die unmittelbar bevorstehenden Wahlen. „Mein Bruder dankt euch für eure Unterstützung. Er hofft, euch alle beim Abendessen, das er vier Tage nach der Wahl geben wird, begrüßen zu dürfen.“
Die Wahlen waren ein beliebtes Thema. Über die Wahlkandidaten gab es immer eine Menge Neuigkeiten zu erzählen. Titus konnte kaum warten mit seiner Geschichte. „Habt ihr schon gehört, was Geta passiert ist?“, fragte er. „Man hat ihm gedroht, ihn wegen Wahlbehinderung von der Wahl auszuschließen!“
„Was? Aber wieso das denn?“
„Sein Neffe hatte Anweisung gegeben, eine Wahlparole zu übertünchen!“
Quintus schüttelte entgeistert den Kopf. „So ein Idiot, er muss doch wissen, dass sein Onkel dann von der Wahl ausgeschlossen wird! Welche wollte er denn übermalen?“
„Seine eigene!“, rief Appius dazwischen, der sich kaum noch halten konnte vor Lachen. Die anderen sahen Titus und Appius mit offenem Munde an und brachen dann in Gelächter aus.
„Er wollte seine eigene Parole übermalen und durfte nicht?“, fragte Lucius ungläubig. –
„Gesetz ist Gesetz. Das Übermalen von Parolen ist strafbar. Wenn jemand die Wahlwerbung eines Kandidaten übermalen lässt oder jemanden, der in seinen Diensten steht, damit beauftragt, macht er sich strafbar. Ist er selber Kandidat, wird er von der Wahl ausgeschlossen!“, zitierte Appius die Bestimmungen. „Es steht in der Tat nicht dabei, dass die eigenen übermalt werden dürfen. Normalerweise ist man da nicht so genau, aber diesmal gab es jemanden, der aufgepasst hat!“
„Ja, Hortensius, um genau zu sein. Ihr wisst doch, dass er und Geta sich nicht ausstehen können“, erzählte Titus.
„Was ist genau passiert?“, fragte Sextus begierig. Der Römer, der sich Klatsch entgehen ließ, war noch nicht geboren! Titus steigerte die Spannung, indem er zunächst ein paar Nüsse nahm und dann einen Schluck Wein trank. „Also, es begann mit einer Parole gegen Geta. War einer von euch in letzter Zeit außerhalb der Stadt? Sie prangt an der Via Agrippa am lugdinischen Tor.“
Appius grinste. „Wir, die Diebe von Arausio, schlagen Geta zum Ädilen vor. Er ist sowieso der größte Spitzbube von allen“, zitierte er.
Sie brüllten vor Lachen. „Ja, und als sein Neffe das sah, wurde er ganz grün vor Wut“, sagte Titus. „Er beauftragte einen Freigelassenen, an den Giebel ihres Hauses in großen Buchstaben ‚Römer, geht zur Wahl. Wählt Geta zum Ädilen, wir, die Metzger, befürworten das’ zu schreiben.“
„Und?“ „Der Freigelassene kann Latein kaum unfallfrei sprechen, geschweige denn schreiben. ‚Römers gehen zur Wahl’ hat dieser Trottel geschrieben. Der Neffe stand rot vor Wut daneben und schrie so lange ‚R O M A N I, R O M A N I, GEHT, GEHT’, bis die ganze Nachbarschaft zusammengelaufen war.“
Sie schrien vor Lachen, Lucius schossen Tränen in die Augen. Die anderen Badegäste zischten empört. Ein Badediener kam herbei. „Meine Herren, bitte benehmen Sie sich manierlich. Sie stören die anderen Gäste!“
Lucius erstickte beinahe beim Versuch, das Lachen zu unterdrücken.
„Das Beste kommt noch!“, japste Titus. „Getas Neffe befahl, die Wand neu zu weißen und dann die Parole richtig zu schreiben, aber da stand plötzlich Hortensius da und sagte mit seiner weit tragenden Stimme: ‚Es ist verboten, Wahlparolen vor den Kalenden des Sextilis zu übermalen. Wenn du es doch tust, wird dein Onkel wegen Wahlbehinderung ausgeschlossen!’“
Lucius bemühte sich, nicht zu laut loszuprusten, Quintus schüttelte es.
„Das kann er doch unmöglich ernst gemeint haben!“, sagte Sextus.
„Doch!“, bestätigte Appius. „Heute Morgen hat er Geta vor die Duoviri zitiert und Gallianus hat entschieden: Entweder die Schrift bleibt stehen oder Geta wird ausgeschlossen.“ Er machte eine Pause. „Und dann fügte Gallianus hinzu: ‚Und jetzt, Römer, geht, geht, geht!’“
Sie wieherten wieder los. Sextus fiel von seiner Bank, was das Geheul der anderen noch verstärkte. Quintus, der schon auf dem Boden lag, kugelte sich vor Lachen. Der Badediener stand wieder vor ihnen und versuchte, sie zur Ruhe zu ermahnen, aber es war vergeblich. Schließlich drehte er sich energisch um und ging schnellen Schrittes in den Vorraum – wahrscheinlich, um
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