Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
du brauchst doch so viele Männer nicht als Wachen?“, warf Syros ein.
„Das nicht, aber wenn ich die Tagelöhner erst im Oktober einstelle, bekomme ich nur die, die kein anderer mehr will, die schlechtesten und faulsten von ihnen! Oder Arbeiter, die sich nicht auf die Weinernte verstehen. Nein, das wäre am falschen Ende gespart. Wir stellen sie wie immer zu den Iden des September ein. Ich werde schon Arbeit für sie finden. Sie können die Wannen und Gefäße für die Ernte reinigen und die eine oder andere Ausbesserungsarbeit verrichten. Es gibt immer genug zu tun.“
„Nun, das klingt doch alles ganz vernünftig.“ Lucius sah Syros unsicher an. Irgendetwas musste er schließlich sagen. „Ich werde Gaius empfehlen, deinem Vorschlag zu folgen!“
Dass Arausio eine Stadt im Aufbau war, konnte man am Gebäude der Therme sehen: Statt hoher, luftiger Baderäume wie in Massilia gab es nur flache Bauten. Einzig der Bereich des Warmwasserbeckens war ein wenig großzügiger gestaltet. Es würde noch Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern, bis Arausio eine richtige Therme bekam. Lucius ging zur Palaestra hinüber. Nach seiner Rückkehr vom Hof hatte er den Tag kaum abwarten können, an dem sein Training mit Pertinax beginnen sollte. Heute war es endlich so weit!
In der Palaestra herrschte bereits reges Treiben. Alle jungen Männer schienen den warmen Frühlingsabend nutzen zu wollen, um Sport zu treiben. Lucius schlenderte gemütlich über die Anlage und begutachtete fachmännisch die Ringer und Boxer. Er trainierte selbst seit einem Jahr regelmäßig und hatte nach Aussage seines Trainers Talent. Ein Warnruf veranlasste ihn, abrupt stehen zu bleiben, um nicht zur Zielscheibe für den Diskus zu werden. Er winkte seinen Freunden zu, die verdreckt und verschwitzt unter den Kolonnaden lagerten, wich noch schnell einigen Läufern aus und betrat den Umkleidebereich. Er zog sich rasch um und gesellte sich dann zu den anderen. Titus stand an eine Säule gelehnt und sah den Ringern zu, Quintus und Appius würfelten, während Sextus gerade seinen Becher aus dem Weinschlauch füllte.
„Lucius, du bist spät dran! Wir sind schon fertig mit unserem Training!“, begrüßte ihn Titus.
Lucius setzte sich. „Ich trainiere heute nicht mit euch. Mein Schwertkampftrainer ist eingetroffen!“, sagte er beiläufig. „Los, Sextus, gib mal den Schlauch rüber!“
Der Schlauch blieb auf halbem Weg hängen. „Dein WAS?“, fragte Sextus fassungslos.
„Mein Schwertkampftrainer!“ Lucius tat erstaunt. „Habe ich euch das nicht erzählt? Bestimmt habe ich das!“ Die anderen verneinten empört. „Es ist Pertinax, von der Statilischen Schule“, sagte Lucius, als wäre dies das Normalste der Welt.
„DER Pertinax? Der Pertinax aus Massilia, der vor vier Jahren freigelassen wurde?“, fragte Appius ungläubig. „Du willst uns wohl verkohlen?“
„Nein, ich denke, das ist er!“, sagte Lucius so unaufgeregt wie möglich. Er freute sich über die Gesichter der anderen. Endlich hatte er einmal etwas, womit er auftrumpfen konnte. „Er klärt gerade mit dem Verwalter der Therme das Nötigste, damit ich hier gleich meine erste Stunde im Schwertkampf bekommen kann!“
Appius und Quintus waren sprachlos. Der Jüngste von ihnen, Sextus, sah ihn beinahe ehrfürchtig an. Lucius sonnte sich in der allgemeinen Aufmerksamkeit, bis Titus Sextus plötzlich so in die Seite stieß, dass dieser erschrocken zusammenzuckte.
„Krieg dich wieder ein, Sextus! Noch ist Lucius kein Meistergladiator!“
„Ähem, Lucius, nur mal so gefragt“, begann Quintus vorsichtig, „wofür, in Jupiters Namen, brauchst du Schwertkampftraining?“
Lucius fühlte sich wie in Eiswasser getaucht. „Äh, was?“ fragte er, um Zeit zu gewinnen. Quintus hatte recht, warum hatte sein Vater das angeordnet? Sicher nicht, um ihn in die Arena zu schicken. Vor lauter Freude über die willkommene Abwechslung zum Rhetorikunterricht hatte er sich diese Frage noch gar nicht gestellt. Es war selbstverständlich undenkbar, dass sein Vater abends in Antiochia zu Tisch lag und plötzlich zu Onkel Sextus sagte: „Sextus, mein Lieber, ich will meinem Jüngsten etwas Gutes tun. Such ihm einen guten Schwerttrainer!“
Quintus wiederholte seine Frage. „Mein Vater hat es angeordnet und ich konnte ihn bisher nicht fragen“, suchte Lucius sein Heil in der Rolle des gehorsamen Sohnes. „Warum soll ich mich beschweren? Mein Vater weiß, was er tut. Besser als Reden auswendig zu
Weitere Kostenlose Bücher