Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
Mensch ist dieser Saxum, dein Ausbilder? Machst du Fortschritte?
Vale
Marcus
MASSILIA
Lucius wies Servius an, ihre Habseligkeiten in die Taverne „Zum Steinbock“ im Hafen zu bringen, da sie in unmittelbarer Nähe zu Krateros’ Geschäftsräumen lag. Der griechische Kaufmann würde ihn höchstwahrscheinlich dazu einladen, bei ihm zu übernachten, aber er wollte sich vorsorglich ein Zimmer besorgen.
Krateros hatte seine Geschäftsräume schon seit langen Jahren in einem alten, ein wenig verwahrlost aussehenden Gebäude. Außen bröckelte der Putz ab, aber innen war es sauber und ordentlich. Es wurde emsig gearbeitet. An einer Reihe von Tischen saßen die Schreiber und waren eifrig mit ihren Schreibarbeiten beschäftigt. Ringsum standen Regale an den Wänden, in denen Briefe und Verträge lagerten. Die Wände hinter den Regalen könnten mal wieder gestrichen werden, dachte Lucius bei sich. Er warf einen skeptischen Blick auf das Dach.
„Das Dach ist dicht!“, sagte eine belustigte Stimme hinter ihm. Krateros’ Kanzleichef Rublius hatte ihn angesprochen. „Krateros hält nichts von einem neuen Anstrich. Er sagt, das kostet nur Geld und bringt nichts. Ein undichtes Dach hingegen kostet viel mehr, als es instand zu halten!“ Er zeigte auf die großen Kerzen an den Schreibpulten. „Nur die besten, damit die Schreiber abends so lange wie möglich arbeiten können!“
Rublius winkte Lucius, ihm zu folgen. Er führte ihn in eine Ecke der Schreibstube, wo Krateros an einem Schreibtisch saß und Schriftrollen studierte. Er sah auf, als Lucius näher kam, und taxierte ihn kurz von oben bis unten. Lucius hatte schon einmal beobachtet, wie Krateros sein Gegenüber mit dunklen Augen anstarrte, als wollte er es durchleuchten und auch dessen letzten Geheimnisse ergründen. Wahrscheinlich berechnet er gerade, wie viel Gewinn ich ihm bringe, dachte sich Lucius belustigt. Dann huschte ein Lächeln über das Gesicht des Griechen und er stand auf.
„Unverkennbar ein Justinii Marcelli!“, sagte er in akzentfreiem Latein. „Aber welcher?“ Er schien zu überlegen und gerade, als Lucius antworten wollte, grinste er breit und sagte: „Willkommen, Lucius Justinius!“, und wies auf einen Schemel vor seinem Tisch. Dann schnippte er mit den Fingern und deutete auf eine Amphore an der Wand, worauf ein Diener ihm sofort zwei Becher Wein brachte.
„Ich frage nicht, wie die Reise war und wie das Wetter in Arausio ist. Dafür ist heute Abend noch Zeit. Lass uns direkt zum Geschäft kommen! Ich nehme an, du bist hier, um den Frachtraum für eure jährliche Weinlieferung nach Rom anzumieten!“ Als Lucius nickte, fuhr er fort: „Dann brauche ich zuerst das Beglaubigungsschreiben, und dann müssen wir uns über die Bedingungen für meine Provision unterhalten!“
„Deine Provision?“, fragte Lucius erstaunt und reichte das Beglaubigungsschreiben über den Tisch. „Ich dachte, du bekommst die gleiche wie in den letzten Jahren?“
Krateros platzierte das Schreiben ungeöffnet auf dem Tisch, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und legte die Fingerspitzen aneinander. „Die Situation ist anders als in den letzten Jahren. Die Preise für Laderaum sind derzeit günstig und ich kann für euch viel bessere Tarife aushandeln als die letzten Jahre. Deshalb ist mein Vorschlag, dass ich zehn Prozent von dem Geld bekomme, das ihr gegenüber letztem Jahr spart.“
Lucius war für einen Moment sprachlos. Er zögerte. Dies klang nach einem gutem Vorschlag, aber sein Bruder hatte ihn immer wieder gewarnt: Misstraue im Geschäftsleben „guten Vorschlägen“ und Geschäftsideen, die nur Vorteile haben. Irgendjemand muss für die günstige Gelegenheit bezahlen – und das ist nie der, der den Vorschlag macht. So sehr Lucius aber über Krateros’ Vorschlag nachdachte, er konnte keinen Haken entdecken. Dies hörte sich nach einem guten Geschäft an. Egal, wie hoch Krateros’ Provision wäre, Lucius’ Familie würde weniger zahlen als im Vorjahr.
„Warum sind die Preise so viel niedriger?“, fragte Lucius, um Zeit zu gewinnen.
„Das Angebot ist größer als die Nachfrage!“, erklärte der Grieche. „Nachdem die Kriege in Hispanien, Africa und im Osten nun vorüber sind, stehen viele Frachtschiffe wieder zur Verfügung, die bis jetzt Nachschub für die Legionen transportiert haben. Die Kriegsschiffe können sich wieder der Sicherheit der Meere widmen, daher gibt es außer in Illyrien kein Piratenproblem im Mittelmeer. Alles Gründe,
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