Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
Centurio!“
„Also hast du doch etwas vergessen?“
„Jawohl, Centurio, ich habe vergessen ‚Jawohl, Centurio!’ zu sagen!“
Während dieses Wortwechsels war es Lucius heiß und kalt geworden. Gleichzeitig ließ Valens seinen Stock über Lucius’ Körper wandern. Von der Brust auf die Schulter, dann über den Kopf und bis an die Kehle.
„Dann vergiss es nicht wieder!“, erwiderte Valens plötzlich lächelnd und tippte ihm mit dem Stock an die Kehle.
„Nein, Centurio!“, versicherte ihm Lucius und eilte nach vorne, nachdem der Ausbilder den Stock gesenkt hatte.
Als Nächstes ließ Valens die übrigen Rekruten abzählen, immer eins und zwei.
„Alle, die ‚eins’ gezählt haben, gehören zur ersten Centurie des Hastatenmanipels der 4. Kohorte!“, erklärte Valens. „Alle anderen zur zweiten Centurie des Hastatenmanipels der 4. Kohorte! Wenn ihr euch meldet oder eure Einheit nennt, meldet ihr euch so: Ich bin Probatus in der ersten Centurie der Hastaten der 4. Kohorte der XIX Legion! Ist das klar?“
„Jawohl, Centurio!“, klang es zurück.
Dann rückten die Rekruten ab. Die erste Centurie folgte Vitellius, die zweite Centurie Vulso. Zunächst würden noch einmal alle vom Arzt untersucht werden, dann sollten sie ihre Unterkünfte beziehen und anschließend ausgerüstet werden.
Valens baute sich vor den drei wartenden Centurionen-Anwärtern auf. Er hielt Mellonius den Stock unter die Nase.
„Weißt du, was das ist?“
„Jawohl, Centurio!“, erwiderte Mellonius.
„Nun?“
„Das ist die Vitis. Das Zeichen unseres Ranges!“, antwortete Mellonius eifrig.
Valens trat neben ihn, legte ihm kameradschaftlich den linken Arm um die Schulter und hielt den Stock mit der rechten Hand hoch. „Genau! Das ist die Vitis“, sagte er mit liebenswürdiger Stimme. „Und wenn du oder einer von euch anderen es noch einmal wagt, sich als Centurio zu bezeichnen, schlage ich demjenigen hiermit seinen Schwachkopf ein. Ist das klar?“
„Jawohl, Centurio!“, stießen Lucius und Carvus hastig hervor. Mellonius’ Stimme war nur ein Krächzen. Lucius sah, wie Valens mit seiner Armbeuge Mellonius die Luft abschnürte. Der lief schon blau an, als ihn Valens endlich losließ. Mellonius schnappte verzweifelt nach Luft.
„Ihr seid erst einmal ein Nichts. Nach der ärztlichen Untersuchung dürft ihr euch wie alle anderen Probatus nennen, einen Anwärter nach der Musterung. Und wenn ihr die Grundausbildung übersteht, dann werdet ihr vielleicht ja einmal Centurio, wer weiß das schon?“ Valens machte eine drohende Pause, bevor er falsch lächelnd fortfuhr: „Ihr werdet jetzt zum Arzt gehen und euch danach bei Galarius, dem Lagerpräfekten, melden!“
Die Untersuchung beim Arzt war nur eine Formsache, da die Musterung ja schon vorher stattgefunden hatte. Anschließend machten sich Lucius, Mellonius und Carvus gemeinsam wieder auf den Weg zum Forum.
Sie betraten die Baracke. Ein Schreiber ließ sie im Vorraum warten und verschwand hinter einem Vorhang. Nach kurzer Zeit kam er wieder und wies die drei Centurionen-Anwärter mit einer Kopfbewegung an, einzutreten. Sie traten in ein schlicht eingerichtetes Büro: ein Schreibtisch, der mit Papieren übersät war, ein Beistelltisch, auf dem noch die Reste eines Essens standen, einige Klappstühle. Die Wand war vollständig von einem Regal verdeckt, das mit Rollen und Tafeln überladen war. Der Schriftverkehr einer Legion. Eine Reihe von Tapferkeitsauszeichnungen und Beutestücken zeigte, dass der Nutzer dieses Büros kein Verwaltungsmensch, sondern ein tapferer und kampferfahrener Soldat war. Der massige Mann hinter dem Schreibtisch sah nicht auf, als sie hereinkamen. Unbeirrt studierte er die Schriftrolle, die vor ihm lag. Sie warteten schweigend, bis er schließlich hochblickte.
Quintus Galarius musterte Lucius, Mellonius und Carvus von oben bis unten und schnaubte durch die Nase. Das hörte sich wie eine verrostete Trompete an. Er brummte etwas, das wie „Neue Zeiten!“ klang.
Schließlich gab er sich einen Ruck und sprach: „Tiberius Silvanus Mellonius, Lucius Justinius Marcellus und Marcus Flavius Carvus. Ich habe im Hauptquartier nachgefragt, ob kein Irrtum vorliegt, dass ihr als Centurio in die Legion eintreten sollt. Es liegt kein Irrtum vor.“ Er winkte mit der Schriftrolle. „Allerdings habe ich gesonderte Anweisungen für eure Ausbildung bekommen. Da ihr keinerlei Kampferfahrung und keinerlei Erfahrung im Umgang mit Waffen habt, nichts von der
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