Chalions Fluch
Menagerie verwandelt hatte, und ließ es so aussehen, als stütze er den Jungen. Zu spät, zu spät, zu spät, hämmerte es mit jedem Schritt in seinem Kopf. Draußen kreischten und flatterten die Krähen nicht mehr in der Luft. Aufgeregt sprangen sie über die Pflastersteine und wirkten ebenso verwirrt und durcheinander wie Cazarils eigene Gedanken.
Cazaril hielt Teidez fest im Griff und schritt mit ihm durch die Tore des Zangres, wo endlich mehr Wachen aufgetaucht waren. Teidez biss die Lippen zusammen und unterdrückte jede weitere Klage, obwohl sein missmutiger und beleidigter Gesichtsausdruck für Cazaril nichts Gutes verhieß. Der Prinz lehnte es ab, auf sein verletztes Bein Rücksicht zu nehmen, obwohl es eine Spur aus blutigen Fußabdrücken auf dem Pflaster des Hofes zurückließ.
Cazarils Aufmerksamkeit wandte sich ruckartig nach links, als eine von Saras Kammerfrauen und ein Page am Eingang von Ias’ Turm erschienen. »Rasch! Rasch!«, trieb die Frau den Jungen an, der mit bleichem Gesicht auf die Tore zu eilte. In seiner Eile hätte er Cazaril beinahe umgerannt.
»Wohin läufst du, Junge?«, rief Cazaril ihm hinterher.
Der Page drehte sich um und bewegte sich eine Weile rückwärts: »Tempel, Herr. Kann nicht warten – Königin Sara – der König ist zusammengebrochen!« Er drehte sich um und rannte entschlossen durch die Tore. Die Wachen starrten ihm hinterher.
Unter Cazarils festem Griff schwand der Widerstand aus Teidez’ Arm. Trotz seiner mürrischen Miene erschien ein verängstigter Ausdruck in seine Augen, und er warf seinem selbst ernannten Kerkermeister einen vorsichtigen Seitenblick zu.
Nach einem Moment der Unentschlossenheit drehte Cazaril sich um und hielt auf Ias’ Turm zu, ohne Teidez loszulassen. Er eilte ins Innere, um die Kammerfrau einzuholen, die inzwischen wieder hinter dem Eingang verschwunden war. Er rief ihr hinterher, doch sie eilte die Treppe am Ende des Gangs hinauf und schien ihn nicht zu hören. Cazaril keuchte, als er das dritte Stockwerk erreichte, wo Oricos Gemächer lagen. Besorgt starrte er den Gang entlang.
Königin Sara eilte über den Flur, in ihr weißes Schultertuch gewickelt, dicht gefolgt von einer Hofdame. Als sie das Treppenhaus erreichte, verbeugte sich Cazaril beklommen.
»Majestät, was ist geschehen? Kann ich behilflich sein?«
Sara fuhr sich mit der Hand über ihr verängstigtes Antlitz. »Ich kann es mir selbst kaum erklären, Kastellan. Orico – er hat mir in meinen Gemächern vorgelesen, während ich gestickt habe, wie er es mitunter zu meiner Erbauung tut. Plötzlich hielt er inne, blinzelte, rieb sich die Augen und sagte, dass er die Wörter nicht mehr erkennen könne, und dass es ganz dunkel im Gemach geworden sei. Aber es war gar nicht dunkel! Dann fiel er vom Stuhl. Ich rief nach meinen Damen, und wir brachten ihn zu Bett. Anschließend schickten wir in den Tempel nach einem Arzt.«
»Wir haben den königlichen Pagen gesehen«, bestätigte Cazaril. »Er rannte, so schnell er konnte.«
»Oh, gut …«
»War es ein Schlaganfall? Was meint Ihr?«
»Ich glaube nicht. Ich weiß es nicht! Er kann sprechen, und sein Atem geht nicht allzu angestrengt … Was war das für ein Geschrei, vorher unten bei den Ställen?« Verwirrt wartete sie nicht auf Antwort, sondern ging an Cazaril vorüber und stieg die Treppen hinauf.
Teidez’ Gesicht war starr geworden. Er befeuchtete seine Lippen, sagte aber nichts mehr, als Cazaril ihn herumdrehte und hinunter auf den Hof führte.
Der Prinz fand seine Stimme erst wieder, als sie schon im Hauptgebäude die Treppen hinaufstiegen. Dort wiederholte er atemlos: »Das kann nicht sein! Dondo hat mir erzählt, die Menagerie wäre ein Werk schwarzer Magie, ein Fluch der Roknari, um Orico krank und schwach zu halten. Ich konnte mit eigenen Augen sehen, dass es so war!«
»Es gibt tatsächlich einen roknarischen Fluch, aber die Menagerie ist ein wohltätiges Wunder der Götter, das Orico trotzdem am Leben erhält. Erhielt – bis jetzt«, ergänzte Cazaril bitter.
»Nein … nein, das ist alles verkehrt. Dondo hat mir erzählt …«
»Dondo hat sich getäuscht.« Cazaril zögerte kurz.
»Oder vielleicht wollte Dondo die Ablösung eines Königs beschleunigen, der seinem älteren Bruder gewogen ist, zu Gunsten eines Königs, der ihn selbst bevorzugt!«
Teidez öffnete den Mund, um zu protestieren, brachte aber keinen Laut hervor. Cazaril konnte sich nicht vorstellen, dass der Prinz den entsetzten Ausdruck in
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