Chalions Fluch
Wolle.
Cazaril wandte sich wieder Teidez zu, dessen Blicke in unsicher umherhuschten. Der Prinz wich zur leblosen Hülle des Leoparden zurück, die sechs Fuß von der Nase bis zur Schwanzspitze maß und schlaff auf den Fliesen lag. Das wunderschön gefleckte Fell verbarg die Wunden, die nur durch die Blutflecken an den Seiten zu erkennen waren. Cazaril dachte an dy Sandas durchbohrten Leichnam.
»Ich habe das Tier mit meinem eigenen Schwert erschlagen, weil es ein königliches Symbol meiner Familie ist, selbst wenn es verwunschen war«, stieß Teidez hervor. »Und um meinen Mut zu beweisen. Es hat mich am Bein gekratzt.« Er bückte sich und rieb sich über das rechte Schienbein, wo seine schwarze Hose tatsächlich zerfetzt war und in blutigen Streifen herabhing.
Teidez war der Thronfolger von Chalion und Iselles Bruder, doch Cazaril wünschte sich in diesem Moment beinahe, das Tier hätte ihm die Kehle herausrissen. »Bei den fünf Göttern, wie seid Ihr nur auf diesen abscheulichen Unsinn gekommen?«
»Es ist kein Unsinn! Ihr wusstet, dass Oricos Krankheit etwas Unheimliches an sich hatte! Ich habe es Euch angesehen. Bei den Dämonen des Bastards, jeder konnte es sehen! Lord Dondo hat mir das Geheimnis enthüllt, ehe er starb. Ehe er ermordet wurde – ermordet, um dieses Geheimnis zu bewahren. Aber es war zu spät!«
»Habt Ihr Euch diesen Angriffsplan selbst ausgedacht?«
Stolz hob Teidez den Kopf. »Nein. Aber nachdem ich als Einziger übrig war, habe ich ihn alleine durchgeführt! Wir wollten es eigentlich gemeinsam tun, nach Dondos Hochzeit mit Iselle – den Fluch brechen und das Haus von Chalion von dessen üblem Einfluss befreien. Aber dann blieb es mir überlassen. Also habe ich mich zu Dondos Bannerträger gemacht, zu seinem Arm, der noch aus dem Grab herausreichen und einen letzten Streich für Chalion führen kann!«
Cazaril war derart verzweifelt, dass er im Kreis umherstapfte. Hatte Dondo an seinen eigenen Unsinn geglaubt, oder war es nur ein durchtriebener Plan gewesen, um Teidez zu benutzen, Orico auszuschalten oder zu ermorden? Bosheit oder Dummheit? Wer konnte das bei Dondo schon wissen?
»Lord Cazaril, was sollen wir mit den Baociern anfangen?«, fragte Foix zaghaft.
Cazaril blickte auf und sah den entwaffneten Hauptmann der baocischen Wache zwischen Foix und einer der Zangre-Wachen. »Du Narr!«, fuhr Cazaril ihn an. »Du Dummkopf! Du hast dich hergegeben für dieses Sakrileg und keinem davon erzählt? Oder bist du immer noch eine von Dondos Kreaturen? Ah! Nehmt ihn und seine Männer mit und sperrt sie ein, bis …« Cazaril zögerte. Das war Dondos Werk, o ja! Es war eindeutig seine Handschrift. Doch Cazaril hatte den Verdacht, dass dieses eine Mal Martou nicht hinter Dondo steckte – ganz im Gegenteil. »Bis der Kanzler unterrichtet ist!«, beendete Cazaril seinen Satz. »Du da!« Er winkte einen anderen Wach soldaten zu sich. »Lauf sofort zur Kanzlei, oder zum Stadtpalast der dy Jironals, oder wo sonst du ihn finden kannst, und erzähl ihm, was hier geschehen ist. Bitte ihn, mit mir zu reden, ehe er sich zu Orico begibt.«
»Lord Cazaril, Ihr könnt meine Wachen doch nicht einsperren lassen!«, rief Teidez.
Cazaril war der einzige Anwesende, der ausreichend Autorität verbreitete, um den nächsten Schritt zu tun: »Ihr geht sofort auf Euer Gemach, Teidez, bis Euer Bruder etwas anderes anordnet. Ich werde Euch persönlich dorthin bringen.«
»Rührt mich nicht an!«, kreischte Teidez, als Cazaril mit eisernem Griff seinen Oberarm packte. Aber er wagte es nicht, Widerstand zu leisten, als er in Cazarils Gesicht blickte.
Mit einer Stimme, die vor falscher Freundlichkeit triefte, sagte Cazaril: »Aber nicht doch. Ihr seid verwundet, junger Herr, und es ist meine Pflicht, Euch zu einem Arzt zu bringen.« Flüsternd, nur für Teidez hörbar fügte er hinzu: »Und wenn es sein muss, werde ich Euch niederschlagen und wegschleppen.«
Teidez sammelte alle Würde zusammen, die er in dieser Situation aufbringen konnte, und meinte murrend zum Hauptmann seiner Wache: »Geh unauffällig mit ihnen. Ich werde später nach dir schicken lassen, sobald ich Lord Cazarils Irrtum bewiesen habe.« Die verletzten Tierpfleger kauerten inzwischen an Pallis Seite und versuchten, ihm mit Umegat zu helfen. Palli blickte über die Schulter und winkte Cazaril beruhigend zu.
Cazaril antwortete mit einem Nicken. Er drängte den Prinzen aus dem albtraumhaften Schlachthof, in den dieser die königliche
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