Chalions Fluch
bringen.
»Beschütze ihn mit deinem Leben«, befahl er dem Tierpfleger. »Wenn er stirbt, stirbst auch du!« Er blickte finster, um die Wirkung seiner Worte zu unterstreichen. Es war eine leere Drohung, aber sie musste für den Augenblick genügen. Zumindest die Knechte sahen beeindruckt aus. Wenn er stirbt, stirbt auch Orico? Das klang mit einem Mal beängstigend plausibel. Cazaril wandte sich ab und half, die schweren Leiber der Bären nach draußen zu schaffen.
»Sollen wir sie abziehen, Herr?«, fragte einer der Stallburschen und starrte auf die Opfer von Teidez’ höllischer Jagd, die auf den Pflastersteinen aufgestapelt lagen.
»Nein«, entgegnete Cazaril. Nicht einmal die wenigen von Fonsas Krähen, die sich noch auf dem Vorhof der Stallungen tummelten, machten Anstalten, sich den Kadavern zu nähern, obwohl sie die blutigen Überreste wachsam beäugten. »Behandelt sie, wie ihr Soldaten des Königs behandeln würdet, die in der Schlacht gefallen sind. Verbrennen oder vergraben. Nicht abziehen! Und nicht essen, um der Götter willen!« Cazaril schluckte und beugte sich hinab, um die Körper der beiden toten Krähen der Strecke hinzuzufügen. »Für heute wurden Frevel genug begangen.« Und die Götter mochten verhüten, dass Teidez einen Heiligen zusammen mit den heiligen Tieren ermordet hatte.
Das Klappern von Hufen kündigte die Ankunft Martou dy Jironals an, der vermutlich aus dem Stadtpalast der Jironals geholt worden war. Er wurde von vier Dienstmannen begleitet, die ihm zu Fuß den Hügel hinauf gefolgt waren und nun nach Luft schnappten. Der Kanzler schwang sich von seinem schnaubenden, unruhigen Pferd und reichte die Zügel einem ehrerbietigen Stallknecht. Dann trat er näher heran und starrte auf die Reihe der toten Tiere. Der eisige Wind zauste am dunklen Pelz der Bären; sonst rührte sich nichts. Dy Jironals Lippen zuckten unter stummen Flüchen. »Was ist das für ein Wahnsinn?« Er schaute auf und blickte zu Cazaril hinüber, und in verwirrtem Argwohn kniff er die Augen zusammen. »Habt Ihr Teidez darauf gebracht?« Dy Jironal schien sich nicht zu verstellen; er war ebenso aus dem Gleichgewicht gebracht wie Cazaril.
»Nein! Ich habe keinen Einfluss auf Teidez.« Verbittert fügte er hinzu: »Und Ihr auch nicht, wie es scheint. In den letzten beiden Wochen war er ständig in Eurer Begleitung. Hattet Ihr keinen Hinweis darauf?«
Dy Jironal schüttelte den Kopf.
»Teidez hatte wohl den aberwitzigen Gedanken, dass diese Tat dem König helfen würde – so viel muss man zu seiner Verteidigung sagen. Dass er nicht darüber nachdachte, daran ist sein Alter Schuld. Aber dass er es nicht besser wusste … nun, Ihr und auch Orico habt ihm einen schlechten Dienst erwiesen: Hätte er die Wahrheit gekannt, wäre in seinem Verstand weniger Platz für Lügen gewesen. Ich habe seine baocische Wache einsperren lassen und den Prinzen selbst in seine Gemächer gebracht, um dort …« Auf die Befehle des Königs zu warten, klang jetzt nicht besonders passend, also schloss Cazaril: »Auf Eure Befehle zu warten.«
Dy Jironal machte eine knappe Handbewegung. »Einen Moment. Die Prinzessin – er hatte gestern eine vertrauliche Unterredung mit seiner Schwester. Kann sie ihn darauf gebracht haben?«
»Fünf Zeugen können bestätigen, dass das nicht der Fall ist. Einschließlich Teidez selbst. Gestern gab es keine Hinweise auf ein solches Vorhaben.« Fast keine. Hätte ich nur, hätte ich nur …
»Ihr habt ziemlichen Einfluss auf die Prinzessin Iselle«, sagte dy Jironal bitter. »Meint Ihr etwa, ich wüsste nicht, wer sie in ihrer Auflehnung bestärkt hat? Ich verstehe zwar nicht, worauf ihre schädliche Vorliebe für Euch beruht, aber ich habe die Absicht, diese Verbindung zu trennen.«
»Ja.« Cazaril fletschte die Zähne. »Dy Joal hat gestern Abend versucht, dabei für Euch die Klinge zu führen. Jetzt wird er wissen, dass er beim nächsten Mal mehr für seine Dienste berechnen muss – Gefahrenzulage.« Dy Jironals Augen funkelten verstehend. Cazaril atmete tief ein, um seine Selbstbeherrschung wiederzugewinnen. Er durfte ihre Feindseligkeiten nicht so offensichtlich werden lassen. Dy Jironals volle Aufmerksamkeit konnte er jetzt am wenigsten gebrauchen. »Wie auch immer, hier gibt es kein Geheimnis: Teidez verkündete, dass Euer liebenswerter Bruder Dondo dies hier gemeinsam mit ihm geplant hat, vor seinem Tod.«
Dy Jironal trat einen Schritt zurück. Er riss die Augen auf, biss aber die Zähne
Weitere Kostenlose Bücher