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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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unangenehmen Anblick gefasst. Der Pfad mündete am Abbruch einer steilen Kluft.
    »Bei der Hölle des Bastards«, flüsterte Foix, senkte seine Armbrust und berührte die fünf heiligen Stellen, Stirn – Lippe – Nabel – Unterleib – Herz, in einer Unheil abwehrenden Geste.
    Sie hatten die Toten gefunden.
    Diese waren in die Müllgrube geworfen worden, über die Kante des Spalts gerutscht und oben auf einem Haufen über die Jahre angesammelter Küchen- und Stallabfälle zum Liegen gekommen. Ein junger Mann, zwei ältere. In dieser ländlichen Gegend war es nicht möglich, anhand der Gewänder den Herrn von seinen Bediensteten zu unterscheiden, denn sie alle trugen dieselbe derbe Arbeitskleidung aus Leder und Wolle. Die Frau – rundlich, unansehnlich und von mittlerem Alter – war völlig entkleidet, wie auch der Junge, der etwa fünf Jahre alt gewesen sein mochte. Beide waren mit Lust an der Grausamkeit verstümmelt worden. Und wahrscheinlich auch vergewaltigt. Anhand der Fraßspuren, welche die Krähen hinterlassen hatten, schätzte Cazaril, dass die Opfer seit etwa einem Tag tot waren. Der Geist der Frau weinte stumm, und der Geist des Kindes klammerte sich an sie und jammerte. Dies waren keine von den Göttern abgewiesene Seelen. Sie waren nur unvermittelt aus dem Leben gerissen worden, immer noch benommen von der Tatsache ihres Todes und unfähig, ohne die richtigen Zeremonien ihren Weg zu finden.
    Cazaril fiel auf die Knie und flüsterte: »Herrin, wenn ich an diesem Ort lebe, müsst auch Ihr anwesend sein. Wenn es Euch beliebt, so schenkt diesen armen Seelen Frieden.«
    Die geisterhaften Gesichter veränderten sich, wogten von Kummer zu Erstaunen. Die körperlosen Leiber verschwammen wie eine Lichtspiegelung in einer hohen Wolke. Dann verschwanden sie.
    Nach etwa einer Minute sagte Cazaril undeutlich: »Hilf mir auf, bitte.«
    Der verwirrte Foix zog Cazaril auf die Füße. Cazaril wankte kurz, dann ging er den Pfad zurück.
    »Sollten wir uns nicht nach weiteren Leichen umsehen, Lord Cazaril?«
    »Nein, das sind alle.«
    Foix folgte ihm ohne ein weiteres Wort.
    Im Hof sahen sie Ferda und einen bewaffneten Knecht aus dem Haupteingang des Gebäudes treten.
    »Habt ihr noch jemanden gefunden?«, fragte Cazaril.
    »Nein, Herr.«
    Nur noch der junge männliche Geist verharrte neben der Tür, auch wenn sein durchscheinender Körper sich aufzulösen schien wie Rauch im Wind. Er wand sich wie in Qualen und winkte Cazaril weiter. Was brachte ihn zu der verzweifelten Tat, sich von den geöffneten Armen der Göttin abzuwenden und an dieser trostlosen Welt festzuklammern?
    »Ja, ja, ich komme«, ließ Cazaril ihn wissen.
    Der Geist schlüpfte ins Haus. Cazaril bedeutete Foix und Ferda, die ihn unbehaglich ansahen, ihm zu folgen. Sie durchquerten die Haupthalle und gingen unter einer Galerie hindurch, dann durch die Küchenräume und über Holztreppen hinunter in einen dunklen Lagerraum mit Wänden aus Stein.
    »Habt ihr euch hier umgeschaut?«, rief Cazaril über die Schulter.
    »Ja, Herr«, entgegnete Ferda.
    »Bringt mehr Licht herunter!« Er musterte den Geist eindringlich. Der kreiste inzwischen aufgeregt durch den Raum, wirbelte in immer engeren Spirale. Cazaril wies auf deren Zentrum und sagte: »Räum die Fässer weg.«
    Foix rollte sie beiseite. Polternd kam Ferda aus der Küche herunter und brachte einen Ständer mit Talgkerzen. Ihre Flammen brannten gelb und qualmten, verbreiteten aber helles Licht in der Düsternis. Unter den Fässern verborgen fanden sie eine Steinplatte im Boden, in der ein eiserner Ring eingelassen war. Mit einer Geste trieb Cazaril Foix an. Der junge Bursche ergriff den Ring und zerrte; schließlich hob er die Platte an und schob sie zur Seite. Darunter kamen schmale Stufen zum Vorschein, die in völlige Finsternis hinunterführten.
    Von unten erklang ein schwacher Aufschrei.
    Der Geist beugte sich zu Cazaril und küsste scheinbar seine Stirn, Hände und Füße. Dann floss er davon in die Ewigkeit. Ein schwacher blauer Funke glitzerte einen Moment lang vor Cazarils zweitem Gesicht – wie ein musikalischer Akkord, der sichtbar geworden war –, dann war er verschwunden. Die Kerzen in der einen, das gezogene Schwert in der anderen Hand, stieg Ferda vorsichtig die steinernen Stufen hinunter.
    Klagen und Stimmen wurden aus der nasskalten Öffnung nach oben getragen. Augenblicke später kam Ferda zurück. Er half einem schmuddeligen, untersetzten alten Mann die Treppen hinauf; das Gesicht

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