Chamäleon-Zauber
hindurch. Plötzlich spürten sie alle gleichzeitig ein unwiderstehliches natürliches Bedürfnis und mußten sich schleunigst verteilen, um ihr Geschäft sofort erledigen zu können. Das waren wirklich sehr praktisch eingestellte Pflanzen, dachte Bink. Ihr Zauber zwang vorbeikommende Tiere dazu, ihre Ausscheidungen auf dem Boden abzulagern, wodurch dieser wesentlich fruchtbarer wurde. Fruchtbarkeitszauber!
Etwas weiter begegneten sie einem Tier, das weder vor ihnen floh noch sich feindselig verhielt. Es war ein Vierbeiner, der ihnen bis an die Knie reichte und eine sehr lange Schnauze besaß. Trent zog sein Schwert, als das Tier auf sie zukam, doch Fanchon hielt ihn ab. »Das da kenne ich«, sagte sie, »das ist ein Zauberschnüffler.«
»Der schnüffelt magisch?« fragte Bink.
»Der schnüffelt Magie aus«, sagte sie.
»Wir haben eines dieser Tiere auf dem Hof meiner Eltern dazu benutzt, magische Kräuter und solche Sachen zu erschnüffeln. Je stärker die Magie, um so heftiger reagiert es. Aber er ist harmlos.«
»Wovon ernährt er sich?« fragte Trent, der die Hand immer noch am Schwertgriff hielt.
»Von Zauberbeeren. Andere Magie scheint ihn nicht weiter zu beeinflussen. Er ist einfach nur neugierig. Er unterscheidet nicht nach Art der Zauber, sondern nur nach ihrer Stärke.«
Sie blieben stehen und sahen zu. Fanchon stand vorne, so daß der Schnüffler sie als erstes anging. Er schnaubte und gab ein flötenähnliches Geräusch von sich. »Seht ihr, ich habe etwas Magie. Er mag mich«, sagte sie.
Was für Magie nur? fragte Bink sich. Sie hatte nie magisches Talent gezeigt und ihm auch niemals gesagt, was sie eigentlich konnte. Es gab noch sehr vieles, was er noch nicht über sie wußte.
Als seine Neugier befriedigt war, lief der Schnüffler zu Trent hinüber. Diesmal reagierte er viel heftiger, er tanzte um Trent herum und gab ein ganzes Konzert von Tönen von sich. »Klar«, sagte Trent mit einem (gewiß verständlichen) Anflug von Stolz, »er erkennt einen Magier schon, wenn er einen zu riechen bekommt.«
Dann kam er zu Bink – und tobte fast genauso heftig herum wie bei Trent. »Soweit also zur Zuverlässigkeit seiner Wahrnehmung«, sagte Bink und lachte verlegen.
Doch Trent lachte nicht. »Er glaubt, daß Sie ein fast ebenso starker Magier sind wie ich«, sagte er und befingerte unbewußt sein Schwert. Doch dann nahm er sich zusammen und entspannte sich wieder.
»Ich wünschte, es wäre so«, erwiderte Bink. »Aber ich bin wegen mangelnden magischen Talents verbannt worden.« Und doch hatte der Magier Humfrey ihm gesagt, daß er eine sehr kraftvolle magische Fähigkeit besitze, die nur nicht an die Oberfläche treten könne. Was konnte das nur für ein Talent sein, das sich so hartnäckig versteckte – oder wurde es von einem fremden Zauber verdeckt?
Sie zogen weiter. Unterwegs schnitzten sie sich Gehstöcke, mit denen sie den Boden nach unvermuteten Gruben und Fallen abstocherten, und wenn dies ihr Vorankommen auch bremste, so hatten sie doch auch keine Eile. Sie wollten lediglich versteckt bleiben und überleben.
Nahrungsprobleme hatten sie keine. Sie trauten den verschiedenen Obst- und Bonbonbäumen nicht, denn einige davon konnten magischer Art sein und eher ihren Besitzern dienen als den Essenden, auch wenn sie erntereifen Bäumen glichen. Doch Trent verwandelte einfach einen feindseligen Distelbaum in einen üppigen Vielfruchtbaum, so daß sie sich an Äpfeln, Birnen, Bananen, Brombeeren und Tomaten gütlich tun konnten. Das erinnerte Bink wieder daran, wie mächtig ein wahrer Magier wirklich war, denn Trents Talent schloß die Fähigkeit zum Nahrungszauber als reines Untertalent einfach mit ein. Wenn man sie richtig ausnutzte, dann hatte seine Magie einen enormen Wirkungsbereich.
Doch noch immer schritten sie in die Wildnis hinein und nicht aus ihr heraus. Die Illusionen wurden immer frecher, zählebiger und hindernisreicher. Ab und zu erbebte der Boden, und in nicht allzu großer Ferne hörten sie Geheul. Mit zuckenden Blättern neigten sich Bäume auf sie herab.
»Ich glaube, wir haben uns über die Kraft dieses Waldes falsche Vorstellungen gemacht«, meinte Fanchon. »Er wirkte vielleicht nur deswegen so harmlos, damit wir hineingehen sollten.«
Bink, der sich nervös umblickte, nickte. »Wir haben den anscheinend sichersten Weg gewählt. Wahrscheinlich hätten wir lieber die Strecke nehmen sollen, die von vornherein als am gefährlichsten aussah.«
»Um dann von einem
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