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Chamäleon-Zauber

Titel: Chamäleon-Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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wickelte sich noch fester um sein Handgelenk. Doch da hatte er auch schon einen spitzen Knochensplitter am Boden erspäht, ein Überbleibsel früherer Opfer. Er hob ihn mit der freien Hand auf und bohrte ihn in die Liane.
    Aus der Wunde quoll dicker, orangefarbener Sirup. Der ganze Baum erzitterte vor Schmerz und zog die Liane zögernd zurück. Bink riß sich los. Das war mal wieder knapp gewesen!
    Er rannte zum Strand hinunter, auf der Suche nach irgend etwas, was ihm dienlich sein konnte. Vielleicht fand er ja einen scharfen Stein, mit dem er eine Liane abschneiden konnte – doch nein, dann würden ihn die anderen Tentakel einfangen. Der Plan taugte
    also nichts. Vielleicht ein langer Stock? Nein, das würde nur Ähnliches heraufbeschwören. Dieser scheinbar so friedliche Strand war ein Morast der Gefahr und wurde immer lebendiger. Alles hier war mittlerweile in Aufruhr geraten.
    Dann erblickte er eine menschliche Gestalt: Trent, der mit gekreuzten Beinen auf dem Sand saß und irgend etwas betrachtete. Es sah aus wie ein bunter Kürbis. Vielleicht aß er ja gerade davon.
    Bink blieb stehen. Trent könnte ihm helfen. Der Magier könnte den Schlafbaum in einen Salamander verwandeln und ihn töten oder wenigstens unschädlich machen. Doch auf lange Sicht stellte Trent eine viel größere Gefahr dar als der Baum. Wofür sollte er sich nun entscheiden?
    Nun, er würde versuchen, zu verhandeln. Die eindeutige Gefahr, die von dem Baum ausging, mochte wohl weniger schlimm sein als das ungewisse Böse in dem Magier, aber auf jeden Fall war sie im Augenblick bedrohlicher.
    »Trent«, sagte er zögernd.
    Der Mann betrachtete ihn nicht. Er starrte weiterhin auf seinen Kürbis. Er schien ihn gar nicht zu essen. Was faszinierte ihn denn dann so daran?
    Bink zögerte, den Mann zu provozieren, aber er wußte nicht, wie lange er noch warten durfte. Fanchon lag im Sterben. Wann war es zu spät mit ihr für eine Wiederbelebung, selbst wenn sie vor dem Baum gerettet wurde? Er mußte einfach ein Risiko eingehen.
    »Magier Trent!« sagte er mit fester Stimme. »Ich glaube, wir sollten das Abkommen doch verlängern. Fanchon ist gefangen und…« Er hörte auf zu sprechen, denn der andere beachtete ihn immer noch nicht.
    Binks Furcht verwandelte sich wieder in Wut, wie schon zuvor bei Fanchon. »Hören Sie zu, sie steckt in Schwierigkeiten!« fauchte er. »Wollen Sie ihr nun helfen oder nicht?«
    Doch Trent würdigte ihn noch immer keines Blickes.
    Matt und gereizt bekam Bink einen Tobsuchtsanfall.
    Er schlug dem Magier den Kürbis aus der Hand und brüllte ihn an: »Verdammt noch einmal, antworten Sie mir gefälligst!« Der Kürbis flog sechs Fuß weit durch die Luft, fiel in den Sand und rollte weiter.
    Trent blickte auf. Er wirkte nicht im mindesten wütend, eher milde erstaunt. »Hallo Bink!« sagte er. »Was haben Sie auf dem Herzen?«
    »Was ich auf dem Herzen habe!« schrie Bink. »Das habe ich Ihnen doch dreimal gesagt!«
    Trent sah ihn verwirrt an. »Ich habe Sie nicht gehört.« Er dachte nach. »Ich habe nicht einmal gesehen, wie Sie gekommen sind. Ich muß wohl eingeschlafen sein, obwohl ich das gar nicht wollte.«
    »Sie haben dagesessen und den Kürbis angegafft«, erwiderte Bink hitzig.
    »Jetzt fällt es mir ein. Ich habe ihn auf dem Strand liegen gesehen, und er wirkte so faszinierend…« Er brach ab und betrachtete seinen Schatten. »He, das war ja vor einer Stunde! Wie die Zeit vergeht!«
    Bink spürte, daß hier irgend etwas nicht stimmte. Er schritt zu
    dem Kürbis, um ihn aufzuheben.
    »Halt!« bellte Trent. »Das Ding ist hypnotisch.«
    Bink blieb abrupt stehen.
    »Was?«
    »Hypnotisch. Das ist ein mundanischer Begriff, der bedeutet, daß es einen in Trance fallen läßt, in einen Wachschlaf. Meistens dauert es eine Weile, aber eine magische Zauberhypnose könnte natürlich auch sofort wirken. Schauen Sie den Kürbis nicht allzu genau an. Seine hübschen Farben dienen wohl dazu, die Aufmerksamkeit des Auges auf ihn zu lenken. Außerdem besitzt er, ja, jetzt weiß ich es wieder, ein Guckloch. Wenn man auch nur einmal kurz hineinblickt, bleibt man eine Ewigkeit am Anblick seiner faszinierenden Innereien kleben. Ein sehr hübscher Einfall.«
    »Aber wozu?« fragte Bink und vermied es, den Kürbis anzublicken. »Ich meine, ein Kürbis kann doch keinen Menschen fressen…«
    »Aber der Kürbisstrauch vielleicht!« meinte Trent. »Es kann aber auch sein, daß ein gelähmter lebender Körper einen ausgezeichneten

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