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Chamäleon-Zauber

Titel: Chamäleon-Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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dem konnte man auch viel zu leicht herunterrutschen. Aber wenn sie keine Zentaurin gewesen wäre, hätte er es niemals gewagt, eine solche Haltung einzunehmen.
    Cherie galoppierte den Hügel hinab und wurde immer schneller. Beunruhigt blickte er unter ihrem Arm hindurch nach vorne und sah den Graben. Graben? Es war eine Schlucht, zehn Fuß breit, die auf sie zukam. Jetzt war er mehr als beunruhigt, er war verängstigt. Seine Hände begannen zu schwitzen, und er rutschte zur Seite herab. Dann sprang sie mit einem einzigen mächtigen Anspannen ihrer Sprungmuskeln, erhob sich und jagte über die Spalte hinweg.
    Bink rutschte weiter herab. Er sah kurz auf den steinigen Boden des Grabens, dann kamen sie auf der anderen Seite auf. Der Aufprall ließ ihn noch weiter herunterrutschen. Seine Hände
    suchten verzweifelt nach Halt – und kamen an eine ziemlich peinliche Stelle. Aber wenn er losließ…
    Cherie ergriff ihn an der Hüfte und stellte ihn auf den Boden. »Immer mit der Ruhe«, sagte sie. »Wir haben es geschafft.«
    Bink errötete. »Es… es tut mir leid. Ich fing an zu fallen und habe einfach zugepackt…«
    »Ich weiß. Ich habe gemerkt, wie sich dein Gewicht verlagert hat, als wir gesprungen sind. Wenn du es absichtlich getan hättest, dann hätte ich dich in den Graben geworfen.« In diesem Augenblick sah sie Chester beunruhigend ähnlich. Er glaubte ihr. Wenn sie einen Grund dafür sah, dann konnte sie einen Mann auch in einen Graben werfen. Zentauren waren rauhe Geschöpfe!
    »Vielleicht sollte ich jetzt besser zu Fuß gehen.«
    »Nein, es kommt noch ein Graben. In letzter Zeit entstehen sie hier einfach.«
    »Na ja, ich könnte ja an der einen Seite hinunterklettern und auf der anderen wieder hochsteigen. Das würde zwar länger dauern, aber…«
    »Nein, am Boden sind Nickelfüßler.«
    Bink zuckte zusammen. Nickelfüßler waren wie Tausendfüßler, aber ungefähr fünfmal so groß und wesentlich tödlicher. Mit ihren zahllosen Beinen konnten sie sich auch an steilen Felswänden festhalten, und ihre Scheren konnten einzollgroße Stücke aus dem Fleisch reißen. Sie bewohnten schattige Spalten und liebten kein Sonnenlicht. Selbst Drachen bewegten sich nur ungern durch Gräben, von denen bekannt war, daß dort Nickelfüßler hausten, und das aus gutem Grund.
    »Die Spalten sind erst in letzter Zeit entstanden«, fuhr Cherie fort, während sie sich hinkniete, um Bink wieder aufsteigen zu lassen. Er nahm seinen Stab wieder auf und benutzte ihn beim Hochklettern. »Ich fürchte, daß sich irgendwo eine mächtige Magie zusammenbraut, die sich durch Xanth verbreitet und Tiere,
    Pflanzen und Gestein durcheinanderbringt. Ich bringe dich über den nächsten Graben. Dann hört das Zentaurengebiet auf.«
    Ihm war noch gar nicht der Gedanke gekommen, daß es solche Grenzen geben könnte. Auf seiner Karte waren sie nicht eingezeichnet. Der Pfad galt als einigermaßen sicher. Doch die Karte war vor Jahren angefertigt worden, und diese Erdspalten waren, wie Cherie gesagt hatte, neu. Nichts in Xanth war von Bestand, und das Reisen war immer etwas riskant. Er hatte Glück, daß ihm diese Zentaurin behilflich war.
    Die Landschaft hatte sich verändert, so als ob die Erdspalte einen Landschaftstyp vom anderen abtrennte. Vorher hatte es wellige Hügel und Felder gegeben; nun war da Wald. Der Pfad war schmaler geworden, von gewaltigen Falschpinien überragt, und der Waldboden war mit einem rotbraunen Teppich aus Falschnadeln bedeckt. Da und dort gab es Flecken mit hellgrünen Farnen, die dort zu gedeihen schienen, wo das Unkraut es nicht konnte, sowie Stellen mit dunkelgrünem Moos. Ein kalter Wind pfiff durch den Wald und fuhr durch Cheries Haar und Mähne, so daß die Strähnen Bink ins Gesicht schlugen. Es war still hier und roch angenehm nach Pinien. Er hätte sich gern hingelegt, auf ein weiches Moosbett, nur um diesen friedlichen Ort zu genießen.
    »Tu es nicht!« warnte Cherie ihn.
    Bink zuckte zusammen. »Ich wußte gar nicht, daß Zentauren Magie praktizieren.«
    »Magie?« fragte sie, und er wußte, daß sie die Stirn gerunzelt hatte.
    »Du hast meine Gedanken gelesen.«
    Sie lachte. »Kaum. Wir machen keine Magie. Aber wir wissen, wie dieser Wald auf Menschen wirkt. Es ist ein Friedlichkeitszauber, den die Bäume machen, um nicht umgehauen zu werden.«
    »Das ist nicht verkehrt«, sagte Bink. »Aber ich wollte sie sowieso nicht fällen.«
    »Sie trauen deinen guten Absichten nicht. Ich werd’s dir zeigen.«

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