Chamäleon-Zauber
die Zappler wieder zeigen? Wer wird Xanth dann noch einmal retten?«
»Das weiß ich nicht«, gab Bink zu.
»Manchmal frage ich mich, ob der Schild wirklich eine solch gute Idee gewesen ist. Er bewirkt letztlich, daß sich die Magie in Xanth bis zum Explosionspunkt aufstaut. Und doch möchte ich ganz bestimmt nicht wieder in der Zeit der Wellen leben!«
So hatte Bink die Sache noch nie betrachtet. »Irgendwie habe ich Schwierigkeiten, die Probleme der Verdichtung der Magie in Xanth richtig zu verstehen«, sagte er. »Ich wünsche mir immer, daß es doch ein bißchen mehr davon geben möge. Genug für mich, für mein Talent.«
»Vielleicht hast du es besser, wenn du keine magischen Fähigkeiten hast«, meinte sie. »Wenn du dir vom König einen Dispens geben lassen könntest…«
»Ha!« machte Bink. »Da wäre ich als Einsiedler in der Wildnis
noch besser dran. Mein Dorf läßt keinen ohne Magie zu.«
»Merkwürdige Umkehrung«, murmelte sie.
»Was?«
»Ach, nichts weiter. Ich dachte nur gerade an Herman den Einsiedler. Er wurde vor ein paar Jahren aus unserer Herde wegen Obszönität ausgeschlossen.«
Bink lachte. »Was kann denn für Zentauren obszön sein? Was hat er denn getan?«
Cherie blieb abrupt neben einem Feld voller hübscher Blumen stehen. »So, weiter gehe ich nicht«, sagte sie mit angespannter Stimme.
Bink merkte, daß er etwas Falsches gesagt hatte. »Ich wollte dich nicht verletzen… ich bitte um Verzeihung, falls ich irgend etwas…«
Cherie entspannte sich wieder. »Das konntest du nicht wissen. Der Duft dieser Blumen bringt Zentauren dazu, die unmöglichsten Sachen zu machen. Ich muß klar bleiben, außer in echten Notfällen. Ich glaube, Magier Humfreys Schloß ist fünf Meilen weiter südlich. Paß auf feindselige Magie auf. Ich hoffe, du findest dein Talent.«
»Danke«, sagte Bink froh. Er rutschte von ihrem Rücken. Seine Beine waren ein wenig steif von dem langen Ritt, aber er wußte, daß sie ihm einen ganzen Reisetag erspart hatte. Er schritt um sie herum und reichte ihr die Hand.
Cherie nahm sie, dann lehnte sie sich vor und gab ihm einen mütterlichen Kuß auf die Stirn. Bink wünschte sich, daß sie das nicht getan hätte, aber er lächelte mechanisch und ging los. Er hörte, wie ihre Hufe durch den Wald klapperten und fühlte sich plötzlich sehr allein. Zum Glück war seine Reise fast vorüber.
Aber er fragte sich immer noch, was Herman der Einsiedler wohl getan haben mochte, das bei den Zentauren als obszön galt.
3 Die Schlucht
Bink stand entsetzt an der Kante. Plötzlich hatte ein weiterer Graben den Pfad unterbrochen – nein, kein Graben, sondern ein mächtiger Abgrund, eine Schlucht von einer halben Meile Breite und einer anscheinend bodenlosen Tiefe. Cherie hatte davon wohl nichts gewußt, sonst hätte sie ihn sicherlich gewarnt. Also mußte sie erst vor kurzem entstanden sein – vielleicht sogar erst im letzten Monat.
Nur ein Erdbeben oder Erdbebenmagie konnte eine solche Schlucht so schnell entstehen lassen. Da es seines Wissens keine Erdbeben gegeben hatte, mußte es Magie sein. Und das wiederum setzte einen Magier voraus – einen, der gewaltige Macht hatte.
Wer konnte das sein? In seinen besten Tagen hätte der König eine solche Schlucht schaffen können, indem er einen gelenkten Sturm, einen kanalisierten Hurrikan, beschwor – aber der hatte keinen Grund zu so etwas, und außerdem hatten seine Kräfte schon viel zu sehr nachgelassen. Der Böse Magier Trent war ein Verwandler gewesen, kein Erdbeweger. Die Magie des Guten Magiers Humfrey war in hundert verschiedene Zauber aufgeteilt; einige von diesen mochten es ihm vielleicht ermöglichen, einen solch riesigen Graben zu schaffen, aber es war kaum wahrscheinlich, daß sich Humfrey mit so etwas abgeben würde. Humfrey tat nie etwas, wenn damit nicht eine üppige Belohnung verknüpft war. Gab es in Xanth noch einen großen Magier?
Ach ja, er hatte doch einmal Gerüchte über einen Meister der Illusion gehört. Es war viel leichter, eine scheinbare Schlucht zu erzeugen als eine echte. Das könnte so etwas wie eine verstärkte Form von Zinks Fähigkeit sein, falsche Löcher im Boden zu schaffen. Zink war kein Magier, aber wenn ein echter Magier sein Talent hätte, dann könnte er wohl so etwas wie das hier vollbringen. Wenn Bink vielleicht einfach über die Schlucht hinwegschritt, dann würden seine Beine schon den Pfad finden…
Er blickte hinab. Er sah eine kleine Wolke, die geschmeidig
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