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Chamäleon-Zauber

Titel: Chamäleon-Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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zwang sich dazu, langsamer zu gehen und seinen Blick nach vorne gerichtet zu halten. Einfach nur weitergehen, mit dem Stab alles abtasten, was verdächtig wirkte, keine Dummheiten –
    Mit dem Ende des Stabs berührte er einen harmlos wirkenden schwarzen Stein. Der Stein flog mit einem lauten schwirrenden Geräusch nach oben davon. Bink schreckte zurück, fiel auf den Boden und hob schützend die Hände vor das Gesicht.
    Der Stein schwang seine Flügel und flatterte davon. »Kuuu!« protestierte er vorwurfsvoll. Es war nur eine Steinschwalbe gewesen, die sich als Tarnung und als Schutz vor der Nacht zu einer Steingestalt zusammengeringelt hatte. Natürlich hatte sie reagiert, als er sie mit dem Stab getroffen hatte, aber sie war völlig harmlos.
    Wenn Steinschwalben hier nisteten, dann war dieser Ort auch für ihn sicher. Alles, was er tun mußte, war, sich irgendwo hinzulegen und zu schlafen. Warum tat er das nicht einfach?
    Weil er, antwortete er sich selbst, eine geradezu närrische Angst davor hatte, nachts allein zu sein. Wenn er nur irgendwelche magischen Fähigkeiten hätte, dann würde er sich gleich sicherer fühlen. Selbst ein schlichter Sicherheitszauber würde ihm schon helfen.
    Er erspähte ein Licht, das vor ihm lag. Die Rettung! Es war ein gelbes Quadrat, ein beinahe sicherer Hinweis auf eine menschliche Behausung. Er war fast zu Tränen gerührt, so sehr freute er sich. Er war kein Kind mehr, doch hier im Wald, abseits der Wegstrecke seiner Karte, fühlte er sich doch wie eines. Er brauchte den Trost menschlicher Gesellschaft. Er eilte auf das Licht zu und hoffte dabei, daß es nicht irgendeine Illusion oder eine Falle war, die ihm ein feindliches Wesen stellte.
    Das Licht war echt. Es war ein kleines Gehöft am Rande eines kleinen Dorfes. Jetzt konnte er auch die anderen Lichtvierecke unten im Tal erkennen. Beinahe freudig klopfte er an die Tür.
    Die Tür öffnete sich knarrend, und eine hausbackene Frau in einer schmutzigen Schürze erschien. Sie blickte ihn argwöhnisch an. »Ich kenne dich nicht«, grollte sie und wollte die Tür wieder zudrücken.
    »Ich bin Bink vom Norddorf«, beeilte er sich zu sagen. »Ich bin den ganzen Tag gereist und bin von der Schlucht aufgehalten worden. Jetzt brauche ich eine Unterkunft für die Nacht. Ich würde gern dafür arbeiten. Ich bin kräftig; ich kann Holz hacken oder Heu stapeln oder Steine schleppen –«
    »Für so etwas braucht man keine Magie«, sagte sie.
    »Nicht mit Magie! Mit meinen Händen! Ich –«
    »Woher weiß ich denn, daß du kein Gespenst bist?« wollte sie wissen.
    Bink streckte ihr seine Linke hin. »Zwick mich; ich kann bluten.« Es war die übliche Prüfung, denn die meisten Nachtwesen besaßen kein Blut, wenn sie sich nicht erst vor kurzem von einem lebenden Wesen ernährt hatten. Selbst dann floß es nie.
    »Ach, komm schon, Martha!« rief eine rauhe Männerstimme von innen. »Hier sind doch schon zehn Jahre keine Gespenster mehr aufgetaucht, und außerdem richten sie sowieso keinen Schaden mehr an. Laß ihn herein. Wenn er etwas ißt, dann ist er auch ein Mensch.«
    »Menschenfresser essen auch«, brummte sie. Aber sie öffnete die Tür weit genug, daß Bink hindurchschlüpfen konnte.
    Jetzt erblickte Bink das Wachtier des Gehöfts: ein kleiner Werwolf, wahrscheinlich eines ihrer Kinder. Es gab keine wirklichen Werwölfe oder andere Werwesen, alle waren es Menschen die das Talent entwickelt hatten. Solche Wechselwesen wurden offenbar immer häufiger. Dieser hier besaß einen flachen Kopf und ein breites, plattes Gesicht, wie sie für die Art kennzeichnend waren. Ein echter Werwolf wäre von einem Tier nicht zu unterscheiden gewesen, bevor er sich wieder verwandelt hatte. Dann wäre er ein wölfischer Mensch. Bink streckte die Hand aus, als das Wesen auf ihn zukam, um ihn zu beschnüffeln, dann tätschelte er ihm den Kopf.
    Das Wesen verwandelte sich in einen Jungen von etwa acht Jahren. »Hab’ ich dich erschreckt, häh?« fragte er bettelnd.
    »Entsetzlich«, meinte Bink gutgelaunt.
    Der Junge wandte sich an den Mann. »Er ist sauber, Pa«, erklärte er. »Er riecht nicht nach Magie.«
    »Das ist auch das Problem«, murmelte Bink. »Wenn ich magische Fähigkeiten hätte, dann würde ich nicht umherreisen. Aber es stimmt schon, was ich gesagt habe. Ich kann gute körperliche Arbeit leisten.«
    »Keine magischen Fähigkeiten?« fragte der Mann, als die Frau Bink einen Teller mit dampfendem Eintopf füllte. Der Bauer war ein

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