Chamäleon-Zauber
wie gut sie es konnte, genau wie bei der Mahlzeit. Denn sie brauchte seine Bereitschaft, mitzuarbeiten.
Es war wirklich sehr überzeugend. Er würde Bürger werden können und könnte Sabrina behalten, denn es war ja klar, daß die Magierin als Königin niemals preisgeben würde, daß…
Sabrina. Wie würde sie wohl zu diesem Arrangement stehen?
Er wußte es. Sie würde dagegen sein, von Anfang an. Nichts in der Welt würde sie vom Gegenteil überzeugen. Was manche Dinge anging, war Sabrina ziemlich zugeknöpft und auf Anstand
bedacht…
»Nein«, sagte er laut.
Iris’ Neglige wurde wieder undurchsichtig. »Nicht?« Plötzlich klang sie wie Wynne, als er dem schwachsinnigen Mädchen gesagt hatte, daß sie ihn nicht begleiten durfte.
»Ich will kein König werden.«
Iris’ Stimme klang jetzt sehr beherrscht und sanft. »Glaubst du nicht, daß ich es schaffen könnte?«
»Doch, das glaube ich schon. Aber es liegt mir einfach nicht.«
»Was liegt dir denn, Bink?«
»Ich glaube, ich will mich einfach nur wieder auf den Weg machen.«
»Einfach nur auf den Weg machen«, wiederholte sie gepreßt. »Warum denn?«
»Meine Verlobte hätte es wohl nicht besonders gern, wenn ich…«
»Sie hätte es nicht besonders gern!« Iris fing allmählich recht ordentlich zu dampfen an, wie der Spaltendrache. »Was kann sie dir denn bieten, das ich dir nicht sogar hundertfach bieten könnte?«
»Na ja, zum Beispiel Selbstwertgefühl«, erwiderte Bink. »Sie will mich um meiner selbst willen, nicht, um mich zu benutzen.«
»Quatsch! Alle Frauen sind im Prinzip gleich. Sie unterscheiden sich nur äußerlich und durch ihre Talente voneinander. Alle benutzen sie die Männer.«
»Vielleicht. Ich bin überzeugt, daß Sie mehr davon verstehen als ich. Aber ich muß jetzt los.«
Iris wollte ihn mit sanfter Hand zurückhalten. Ihr Neglige war verschwunden. »Warum bleibst du nicht über Nacht? Damit du siehst, was ich dir bieten kann? Wenn du dann morgen früh immer noch gehen willst…«
Bink schüttelte den Kopf. »Ich bin sicher, daß Sie mich über Nacht überzeugen könnten. Deshalb muß ich jetzt gehen.«
»Was für eine Offenheit!« rief sie betrübt. »Ich könnte dir eine Erfahrung bescheren, wie du sie dir niemals hättest träumen lassen.«
In ihrer raffinierten Nacktheit regte sie seine Phantasie sowieso schon mehr an, als ihm guttat. Doch er nahm sich zusammen. »Meine Integrität könnten Sie mir niemals wiedergeben.«
»Du Idiot!« schrie sie plötzlich. Ihr Gesinnungswandel war erschreckend. »Ich hätte dich den Seeungeheuern überlassen sollen.«
»Das waren auch nur Illusionen«, sagte er. »Das haben Sie alles nur ins Spiel gebracht, damit ich Sie treffen sollte. Der Strand, die Bedrohung, alles nur Illusion. Es war Ihr Ledergürtel, der sich um meinen Knöchel gewickelt hatte. Meine Rettung war keineswegs ein Zufall, denn ich war nie wirklich in Gefahr.«
»Aber jetzt bist du in Gefahr«, sagte sie zähneknirschend. Ihr hübscher Torso bedeckte sich plötzlich mit dem Kampfpanzer einer Amazone.
Bink zuckte mit den Schultern und erhob sich. Er schnaubte sich die Nase. »Leben Sie wohl, Magierin.«
Sie musterte ihn forschend. »Bink, ich habe deine Intelligenz unterschätzt. Ich bin aber sicher, daß ich dir ein noch besseres Angebot machen kann, wenn du mir nur sagst, was du willst.«
»Ich will zum Guten Magier.«
Wieder schnaubte sie vor Wut. »Ich werde dich vernichten!«
Bink verließ sie.
Die Kristalldecke des Palastes zersprang. Glassplitter brachen ab und stürzten auf ihn herab. Bink beachtete sie nicht, denn er wußte ja, daß sie unwirklich waren. Er ging unbeirrt weiter. Er war ziemlich nervös, wollte es sich jedoch um keinen Preis anmerken lassen.
Er hörte ein lautes, unheilverkündendes Malmen, so als berste Stein. Er zwang sich dazu, nicht emporzublicken. Die Wände rissen auseinander und stürzten nach innen. Das restliche Dach fiel herab. Der Lärm war ohrenbetäubend. Bink war unter Trümmern begraben, doch er ging weiter und spürte nichts. Trotz des erstickenden Geruchs von Staub und Gips und des anhaltenden Grollens abrutschender Trümmerstücke fiel der Palast nicht wirklich zusammen. Aber Iris war tatsächlich eine wunderbare Meisterin der Illusion! Der Anblick, die Geräusche, der Geruch, der Geschmack – alles, außer der Festigkeit für den Tastsinn. Denn es mußte erst etwas zum Fühlen vorhanden sein, bevor sie es so verwandeln konnte, daß es sich anfühlte wie
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