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Chamäleon-Zauber

Titel: Chamäleon-Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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etwas ganz anderes. Deshalb fehlte diesem ganzen Zusammenbruch das Greifbare.
    Er schlug mit dem Gesicht auf eine Wand. Es tat kaum weh, aber es verblüffte ihn, und er rieb sich blinzelnd die Wange. Es war ein Holzpaneel, von dem sich die Farbe abpellte. Die echte Wand des wirklichen Hauses. Die Illusion hatte sie verborgen, doch nun trat die Wirklichkeit hervor. Zweifellos hätte sie auch dafür sorgen können, daß sich die Wand anfühlte wie Gold oder Kristall oder sogar wie schleimige Würmer, aber die Illusion brach langsam zusammen. Er würde schon hinausfinden.
    Bink tastete sich die Wand entlang und beachtete die schrecklichen Bilder und Geräusche nicht weiter. Er hoffte nur, daß sie nicht die Art verändern würde, wie sich die Wand anfühlte, um ihn dadurch in die Irre zu führen. Angenommen, sie würde sich in eine Reihe von Mausefallen verwandeln oder in einen Distelbusch, so daß er die Hand fortziehen mußte?
    Er fand die Tür und riß sie auf, ohne daß sie zu sehen gewesen wäre. Er hatte es geschafft! Einen Augenblick sah er sich um. Iris stand voller Wut hinter ihm. Sie war eine Frau mittleren Alters, die zu Übergewicht neigte; sie hatte einen abgetragenen Hausmantel an, und auf dem Kopf trug sie ein ausgebeultes Haarnetz. Sie hatte tatsächlich die körperlichen Eigenschaften, die sie ihm mit ihren Kunststückchen vorgegaukelt hatte, aber mit Vierzig wirkten sie weitaus weniger verführerisch als mit illusionären Zwanzig.
    Er trat hinaus. Es blitzte und donnerte, so daß er unwillkürlich zusammenzuckte. Doch er erinnerte sich daran, daß Iris eine Meisterin der Illusion war, nicht aber der Unwetter, und ging weiter.
    Der Regen trommelte auf ihn nieder, und auch Hagelkörner prasselten auf ihn herab. Er spürte, wie das eisige Wasser auf seiner Haut auftraf, wie die Körner ihn piekten – und doch besaßen sie keinerlei Substanz, und nachdem er sich daran gewöhnt hatte, fühlte er sich nicht mehr naß an und auch nicht wundgescheuert. Iris’ Magie war wirklich sehr kraftvoll, sie stand wohl gerade auf ihrem Höhepunkt, doch auch die Illusion hatte ihre Grenzen, und seine eigene Ungläubigkeit nahm ihr viel von ihrer Wirkung.
    Plötzlich hörte er einen Drachen fauchen. Wieder zuckte er zusammen. Ein feuerspeiendes, geflügeltes Untier kam auf ihn zu, kein bloßer Dampfdrache wie der Spaltendrache, sondern ein echter Flammer. Er schien wirklich zu sein. War er es nun, oder war es nur eine Illusion? Wahrscheinlich doch wohl letzteres, aber er durfte das Risiko nicht eingehen. Er ging in Deckung.
    Der Drache stürzte auf ihn zu, verfehlte ihn jedoch. Er spürte den Wind und die Hitze. Er wußte immer noch nicht, was es nun mit ihm auf sich hatte, aber das würde er schon anhand seiner Reaktionen feststellen können. Echte Feuerspeier waren ziemlich dumm, verglichen mit anderen Drachen, weil die Hitze ihre Gehirne schrumpfen ließ. Wenn dieser hier sich intelligent verhalten sollte…
    Sofort wirbelte das Ungeheuer herum und stürzte erneut auf ihn zu. Bink machte einen Scheinausfall nach rechts und sprang zur Linken. Der Drache ließ sich davon nicht täuschen, er jagte direkt auf ihn zu. Das war also die Intelligenz der Magierin, nicht die des Tieres.
    Binks Herz klopfte wild, doch er zwang sich dazu, aufrecht zu stehen und dem Untier die Stirn zu bieten. Er hob einen Finger und machte eine obszöne Geste. Der Drache riß das Maul auf und stieß eine enorme Wolke aus Flammen und Rauch aus, die Bink sofort umhüllte, jeden Teil des Körpers versengte – und ihn völlig unversehrt ließ.
    Er hatte alles auf eine Karte gesetzt und gewonnen. Er war sich seiner Sache fast völlig sicher gewesen, doch noch immer zitterte er vor Erregung, denn keines seiner Sinnesorgane hatte die Echtheit der Illusion bezweifelt. Nur sein Gehirn hatte ihn geschützt und ihn davor bewahrt, sich zitternd und bebend dem Willen der Magierin zu unterwerfen oder sich in die Arme irgendeiner tödlichen Gefahr treiben zu lassen. Illusionen konnten durchaus töten – wenn man sie nur beachtete.
    Etwas beruhigt schritt Bink weiter. Wenn es hier in der Nähe einen echten Drachen gegeben hätte, dann wäre ein unwirklicher nicht nötig gewesen. Folglich waren alle Drachen hier nur Trug.
    Er stolperte. Illusionen konnten ihm allerdings auf andere Weise schaden, etwa indem sie gefährliche Risse im Boden zudeckten, so daß er möglicherweise in eine Kluft oder in einen Brunnen stürzte. Er mußte wirklich aufpassen, wohin er

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