Chamäleon-Zauber
es also geschafft. Das Kitzeln mußte eine Wirkung des abgeschalteten Schilds gewesen sein, denn es hatte ihm ja nichts angehabt.
Jetzt war alles vorbei. Er war für immer von Xanth befreit. Frei, sein eigenes Leben zu leben, ohne gehänselt oder belästigt oder in Versuchung geführt zu werden. Frei, er selbst zu sein.
Bink legte das Gesicht in die Hände und weinte.
8 Trent
Nach einer Weile stand er auf und ging weiter, hinein in die gefürchtete Welt der Mundanier. Sie sah eigentlich nicht besonders andersartig aus: Die Bäume waren die gleichen, die Felsen sahen aus wie sonst auch, und die Küste des Meers, die er entlangging, war eben eine Küste. Und doch packte ihn eine schlimme Wehmut. Seine vorherige Euphorie war nur der eine Ausschlag des Pendels gewesen, der ihn mit einer falschen Fröhlichkeit erfüllt hatte. Es wäre besser gewesen, wenn er beim Grenzübertritt gestorben wäre.
Na ja, umkehren konnte er ja immer noch. Einfach über die Linie gehen. Der Tod würde schmerzlos zupacken, und man würde ihn in Xanth begraben. War es das, was die anderen Exilanten getan hatten?
Er rebellierte gegen diesen Gedanken. Er hatte seinen eigenen Bluff entlarvt. Er liebte Xanth und vermißte es jetzt schon schrecklich, aber sterben wollte er doch nicht. Er würde sich einfach unter den Mundaniern zurechtfinden müssen. Andere vor ihm hatten das bestimmt auch getan. Vielleicht würde er hier ja sogar glücklich werden.
Der Isthmus war gebirgig, und Bink schwitzte, als er den steilen Paß emporstieg. War dies das Gegenstück zu der Spalte, ein Grat, der sich hoch über das Land emporreckte, während sich darunter der Abgrund auftat? Wurden diese Höhenzüge vielleicht von einem Drachen heimgesucht? Nein, nicht in Mundania. Aber möglicherweise hatte eine solche Geographie durchaus mit Magie zu tun. Wenn die magische Kraft von großer Höhe hinabgespült wurde, um sich unten zu sammeln – aber nein, das ergab keinen Sinn. Das meiste wäre dann in den Ozean hinabgespült und dort hoffnungslos verdünnt worden.
Zum erstenmal fragte er sich, wie es um Mundania wohl wirklich bestellt sein mochte. War es tatsächlich möglich, ohne Magie hier zu überleben? Es würde wohl nicht annähernd so sein wie Xanth, aber schon die Tatsache, daß alle Zauber fehlten, war bestimmt eine große Herausforderung. Es mußte auch hier einige ganz nette Orte geben. Die Leute waren bestimmt nicht böse, immerhin waren seine Ahnen ja auch aus Mundania gekommen, und es gab einige Hinweise darauf, daß die Sprache und viele Gebräuche die gleichen waren.
Er kletterte über eine Anhöhe und wollte gerade seinen ersten Blick auf diese neue Welt werfen – da war er plötzlich vonMännern umringt. Ein Überfall!
Bink wirbelte herum, um fortzulaufen. Vielleicht konnte er sie in den Schild hineinlocken und sie auf diese Weise loswerden.
Nicht, daß er für ihren Tod verantwortlich sein wollte, aber irgendwie mußte er fliehen.
Doch als er sich umdrehte – sein Körper reagierte etwas langsamer als sein Geist –, sah er, daß hinter ihm bereits ein Mann mit einem gezückten Schwert stand.
Das vernünftigste war, aufzugeben. Sie waren in der Überzahl und hatten ihn umzingelt, und wenn sie ihn sofort töten wollten, dann konnten sie ihn mit einem Pfeil von hinten niederstrecken. Wenn sie ihn nur ausrauben wollten, dann hatte er nicht viel zu verlieren.
Doch vernünftiges Handeln war noch nie Binks Stärke gewesen. Nicht, wenn er unter Druck stand oder überrascht wurde. Wenn er hinterher über etwas nachdachte, dann war er immer sehr vernünftig und intelligent, doch in diesem Stadium nutzte das nicht besonders viel. Wenn er nur ein Talent besäße wie seine Mutter, nur noch stärker, so daß er sich ein paar Stunden in die Vergangenheit versetzen konnte, um seine Krisen besser zu meistern …
Bink stürzte auf den Mann mit dem Schwert zu und schwang seinen Stock, um die Klinge abzufangen. Doch bevor er zwei Schritte gemacht hatte, stellte ihm jemand von hinten ein Bein, und er stürzte zu Boden, wo er mit dem Gesicht aufschlug und sich sein Mund mit Erde füllte. Doch er sträubte sich weiter und drehte sich zu dem Mann um, der ihn niedergestreckt hatte, um ihm einen Hieb zu versetzen.
Da hatten sie sich auch schon auf ihn gestürzt und drückten ihn wieder zu Boden. Bink hatte keine Chance, wenige Augenblicke später war er bereits gefesselt und geknebelt. Ein Mann mit einem groben Gesicht sah ihm in die Augen, während die
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