Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Chamäleon-Zauber

Titel: Chamäleon-Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
Vom Netzwerk:
»Wenn der hier rot wird, dann gehst du durch die Lücke. Sie sind aufeinander abgestimmt. Die Öffnung wird sich direkt vor der großen Buche auftun, und zwar nur fünf Sekunden lang. Also halte dich bereit und lauf los – bei
    Rot!«
    »Bei Rot loslaufen«, wiederholte Bink.
    »Genau. Und jetzt geh schon! Manchmal heilen diese Zeitsteine ziemlich schnell. Ich beobachte meinen, um den Zauber rechtzeitig durchzuführen. Paß du auf deinen auf.«
    Bink lief in Richtung Westen, den Pfad entlang. Meistens brauchte ein zerborstener Zeitstein etwa eine halbe Stunde, um zu heilen, doch das hing ganz von dem jeweiligen Stein, von der Außentemperatur und von zahlreichen anderen unbekannten Faktoren ab. Vielleicht lag das am ursprünglichen Stück, denn die beiden Teile wechselten stets gemeinsam ihre Farbe, selbst wenn eins davon in der Sonne lag und das andere sich in einem tiefen Brunnen befand. Aber was sollte es schon nutzen, eine Begründung für Magie zu suchen? Das, was war, war eben.
    Und würde nun nicht mehr sein – für ihn. All das hatte in Mundania keinerlei Bedeutung mehr.
    Er seufzte, als er den Schild beziehungsweise, seine Auswirkungen sah. Der Schild selbst war unsichtbar, doch dort, wo er den Boden berührte, war alles tot: ein ganzer Bewuchsstreifen und viele Tiere, die so dumm gewesen waren, die Grenze überschreiten zu wollen. Manchmal waren Sprungrehe so verwirrt, auf die andere Seite in Sicherheit springen zu wollen, doch da waren sie auch schon tot. Der Schild war nur hauchdünn, aber absolut wirksam.
    Manchmal stolperten auch Wesen aus Mundania hinein. Jeden Tag schritt eine Truppe auf der xanthischen Seite die Grenze ab, suchte nach Kadavern und warf sie auf die andere Seite, wenn sie zum Teil herübergelangt waren. Es war durchaus möglich, etwas, das auf der anderen Seite des Schilds lag, zu bewegen, solange kein Lebender es selbst berührte. Aber es war dennoch eine schaurige Aufgabe, die manchmal auch als Strafe verhängt wurde. Es fanden sich dort niemals die Leichen von menschlichen Mundaniern, aber man lebte in der ständigen Furcht, daß dies einmal der Fall sein könnte, vor allem, wenn man an all die Komplikationen dachte, die damit zusammenhingen.
    Vor ihm befand sich die große Buche. Ein Ast reckte sich zu dem Schild hinüber, und seine Spitzen waren tot. Der Wind mußte ihn dagegengedrückt haben. Immerhin wußte Bink dadurch genauer, wo der Schild anfing.
    Es roch auch sehr eigenartig an dieser Todeslinie. Wahrscheinlich lag das an der Verwesung der vielen Kleintiere: Würmer in der Erde, Insekten, die versucht hatten, den Schild zu durchfliegen, und nun verfaulten, wo sie herabgestürzt waren – es war eine Zone des Todes.
    Bink blickte auf seinen Stein und hielt vor Schreck den Atem an:
    Er war rot geworden!
    Hatte er sich eben erst verfärbt oder war es schon zu spät? Von der Antwort auf diese Frage hing sein Leben ab.
    Er stürzte auf den Schild zu. Er wußte zwar, daß es am vernünftigsten gewesen wäre, wenn er zu dem Schildwächter zurückgekehrt wäre, um ihm zu erklären, weshalb sich seinÜbergang verzögert hatte, aber er wollte es endlich hinter sich bringen. Vielleicht hatte ja schon die Verfärbung des Steins seine Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt, als sie noch im Gange war. In dem Fall hatte er noch ausreichend Zeit. Also entschied er sich für das gewagtere Vorgehen und stürzte sich auf die Grenze zu.
    Eine Sekunde. Zwei. Drei. Es wäre schon besser, wenn er alle fünf Sekunden zur Verfügung hätte, denn er war noch nicht da. Der Schild schien zwar nicht mehr weit entfernt zu sein, aber er hatte ja auch Zeit dafür verbraucht, eine Entscheidung zu fällen, seine Trägheit zu überwinden und loszulaufen. Wie wild jagte er an der Buche vorbei. Jetzt war er schon zu schnell, um noch zu bremsen. Vier Sekunden – er überschritt die Todesgrenze. Wenn sie sich jetzt schloß und sein Sprungbein erwischte, würde er dann sterben müssen, oder wäre dann nur das Bein tot? Fünf – er spürte ein Kitzeln. Sechs – nein, die Zeit war abgelaufen, hör auf zu zählen, fang an zu keuchen. Er war hindurchgelangt. Lebte er noch?
    Er wälzte sich auf der Erde und wirbelte trockene Blätter und kleine Knochen empor. Natürlich lebte er noch! Wie könnte er sich sonst noch Sorgen darüber machen? Das war wie bei der Manticora, die sich um ihre Seele sorgte: Wenn er keine hätte, dann würde er auch nicht…
    Bink setzte sich auf und schüttelte etwas aus seinem Haar. Er hatte

Weitere Kostenlose Bücher