Champagner-Fonds
Haus von Müllers Eltern war kurz und unfreundlich. Thomas und Irene hatten sich nicht einmal umgewandt, als die Tür mit dem hässlichen gelben Riffelglas bereits wieder ins Schloss fiel. Ein bedrücktes Schweigen herrschte im Wagen, als Philipp Irene nach Hause brachte. Er bedankte sich für ihre Hilfe und versprach, sie auf dem Laufenden zu halten. Als sie ausgestiegen war, konnte Thomas offen reden.
»Es ist ein Wunder, dass sie uns überhaupt reingelassen haben. Das lag an der Mutter, sie wollte wohl höflich sein. Als ich von dem Champagner anfing, war der Alte gleich stinksauer, so als wollten wir ihm was wegnehmen. Der ist sein Leben lang zu kurz gekommen, das ewige Opfer, richtig ätzend, so nach dem Motto, was kann der kleine Mann schon ausrichten.« Thomas machte wenig Hehl aus seinerVerachtung. »Ich finde es total verständlich, dass der Junge nichts von den Alten wissen wollte. Dabei glaube ich, der Vater versteckt was.«
»Wie kommst du darauf?«
»Wie ich darauf komme?« Thomas dachte eine Weile nach. »Es ist nichts weiter als ein Gefühl. Er stand immer mit dem Rücken zur Kellertreppe, oder er schob seine Frau davor, also wird der Champagner da unten sein. Ich glaube, man kommt ganz einfach in das Haus rein.«
»Untersteh dich!«
»Nein, Papa, ich meine das ernst. Wir haben einen Augenblick im Wohnzimmer gestanden, da habe ich gesehen, dass sich die Tür zum Garten leicht aufhebeln lässt.«
»Hast du noch alle Tassen im Schrank? Woher hast du das, ich meine das technische Wissen – und die kriminelle Energie?«
»Von dir, Papa.«
»Red keinen Stuss.«
»Doch, als du mal die Schlüssel im Haus vergessen hattest, kam jemand vom Schlüsseldienst und hat die Tür mit einem Kuhfuß aufgehebelt. Das ging ganz leicht, und die kriminelle Energie, die habe ich geerbt. Hinter dem Haus ist eine Hecke. Man müsste sehen, ob da ein Zaun davor ist, aber wenn, dann kann er nicht hoch sein.«
»Untersteh dich!«, wiederholte Philipp drohend, dabei spielte auch er bereits mit dem Gedanken.
15
»Bevor Mister Goodhouse zu uns stößt, möchte ich Ihnen einiges mitteilen. Es sind mehr die persönlichen Dinge, die privaten, damit Sie ihn besser verstehen.«
Langer rückte sich auf dem Sofa im Besprechungsraum der Suite zurecht, die Goodhouse gemietet hatte. Von der Größe her hätte hier die Belegschaft von France-Import Platz für die Montagsbesprechung gefunden. Der große Zampano war also noch beschäftigt, wahrscheinlich saß er im Foyer und las die Börsenberichte in Rosa. Philipp schaute sich um. Die Suite war wie eine Luxuswohnung ausgestattet, und um die Nutzung der verschiedenen hier herumstehenden Geräte zu lernen, hätte man eine Woche bleiben müssen. Für den Preis könnte man sich einen Mittelklassewagen kaufen. Das Schönste war der Blick über den Rhein auf den Dom, aber den gab es von einer Bank am Rheinufer gratis. Philipp blieb am Fenster stehen, vergrub die Hände in den Hosentaschen seines dunklen Anzugs und sah den Lastschiffen nach. Dann bemerkte er die Köln-Düsseldorfer an den Pontonbrücken. Er hätte jetzt lieber an der Reling eines der Fahrgastschiffe gestanden, wenn er nicht brennend an Goodhouse interessiert gewesen wäre und daran, wie er auf die Informationen über Touraines Betrug reagieren würde. Es war allemal interessanter als das, was Langer zu sagen hatte.
Inzwischen verabscheute er seinen unterwürfigen Ton,den er immer dann anschlug, wenn er über den Engländer sprach. Wieso machte sein Chef sich so klein, dass Philipp sich sogar für ihn schämte? Es war ihm peinlich, und es war gerade vor wichtigen Verhandlungen weder angebracht noch entsprach es Langers Position. Er hatte es nicht nötig, sich klein zu machen. Wenn er sich mit den Frankreich-Importeuren verglich, war er groß, wenn er die Großhändler zum Maßstab machte, konnte man France-Import allerdings als klein betrachten. Es kam darauf an, in welcher Liga man spielen wollte – und konnte. Philipp erinnerte sich in diesem Moment an einen hässlichen Spruch: Kleine Köter sollten nicht mit großen Hunden pissen gehen, denn wenn die das Bein heben, werden sie nass.
»Kurz vor Beginn der Finanzkrise starb Mrs. Goodhouse. Ich glaube, die beiden haben eine sehr gute Ehe geführt.« Langers Worte beendeten Philipps Betrachtungen der Binnenschifffahrt.
»Kannten Sie Mrs. Goodhouse persönlich?« Manchmal wunderte sich Philipp darüber, wie gut er Anteilnahme heucheln konnte.
»Nein, damals kannte
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