Champagner-Fonds
sich verbündet. Aber Philipp glaubte nicht, dass sie Freunde geworden waren. Die Menschheit ist übel, dachte er. Was anderes, als den anderen totzuschlagen und ihm das Wenige wegzunehmen, was er besitzt, fällt ihr nicht ein. Und je weiter oben er ist, desto größer muss der Raubzug sein, desto brutaler sind die Methoden.
»Was starrst du so grimmig vor dich hin?«, fragte Thomas.
»Er hat Hunger«, schlug Yves versöhnlich vor. »Wir sollten rüber ins ›Café du Palais‹ gehen. Wenn wir noch warten, können wir allerdings sehen, wie das Licht bei Sonnenuntergang durch die westliche Rosette der Kathedrale fällt. Es ist der sprichwörtlich göttliche Anblick. Oder wir kommen später zurück.«
»Um wie viel Uhr ist das?«, fragte Thomas.
»In dieser Jahreszeit gegen 21 Uhr. Ihr kommt besser im Winter her, da findet das Schauspiel früher statt. Also lasst uns gehen, ich lade euch ein.«
Das »Café du Palais« war kein geeigneter Ort für wichtige Gespräche. Ob es die bleiverglaste Decke mit Art-déco-Motiven war, die historischen Fotografien, Statuen, Gemälde, Kronleuchter oder Vasen, die gesamte Einrichtung lenkte vom Thema ab, auch die aufgekratzten Gäste, und nur mit Mühe bekamen sie Platz an einem großen Tisch. Das Gedränge und der Lärm boten den Vorteil, dass ihnen niemand zuhören konnte, als Philipp und Thomas ihren Bericht über die Kölner Ereignisse wiederholten.
»Möglicherweise hat sogar Goodhouse ihm diesen Floh ins Ohr gesetzt, um ihn an sich zu binden. Langer sagte mir, dass er Anteile am Champagner-Fonds gezeichnet hat. Aber welche Rolle dieser Michael Müller spielt, ist mir nicht ganz klar.«
Yves, der den Namen nicht kannte, ließ sich erklären, was es mit ihm auf sich hatte.
»Soll ich mal so schreien wie Frau Müller, als wir rausgerannt sind?« Thomas hätte es zu gern getan.
Yves konnte der Situation nichts Komisches abgewinnen.
»Wieso sprecht ihr nicht mit dem Champagnerverband?«
Philipp war strikt dagegen. »Wenn es eine offizielle Untersuchung gibt, braucht man dazu eine Genehmigung, die kriegt man nur mit konkreten Beweisen oder einem stichhaltigen Verdacht. Unser einziges Beweismittel habe ich bei Goodhouse im Hotel gelassen.«
»Das stimmt nicht«, warf Thomas ein, »ich habe die Deckel, Sie wissen schon, Monsieur Delaunay, die oben auf die Korken gesetzt werden.«
»Und was ist mit denen?«
»Die sind verdruckt«, erklärte Philipp, »der Passer stimmt nicht mit den vier Einkerbungen überein. Es sieht aus, als seien sie schlecht kopiert und mitgedruckt worden. Bei den Eltern von diesem Müller haben wir die Flaschen gefunden, die im Prospekt des Champagner-Fonds abgebildet sind. Michael Müller selbst ist auf und davon.«
»Und wenn Goodhouse von einer Untersuchung Wind bekommt, wird er sich absetzen. Wollt ihr darauf hinaus?«
»Du hast es erfasst. Ich hatte ihn gar nicht in Verdacht, nur ein dummes Gefühl, ich glaubte, er sei der Betrogene. Nur als er so gar nicht auf meinen Vorstoß wegen des Generals und Müller reagierte, begann ich die Dinge anders zu sehen. Dann kamen die Angebote, mehr Geld, Beteiligung, einen anderen Posten, alles Geschwätz, und anderntags die geballten Angriffe. Das Schlimmste für mich war die Nachricht vom Tod des Generals. Ich habe ihn da reingezogen, er hat uns geholfen ...«
Als alle drei schwiegen, nahmen sie erst das gewaltige Stimmengewirr wahr. Um sie herum brodelte das Leben, die Gespräche wogten von Tisch zu Tisch, Wein und Champagner hoben die Stimmung erheblich, und die drei Männer starrten wortlos auf die Tischplatte.
»Habt ihr eine Vorstellung davon, wie es weitergehen könnte?«, fragte Yves.
Thomas antwortete für beide. »Wir fliegen nach London und erkundigen uns nach diesem Goodhouse. Es gibt jemanden, der ihn kennt.«
»Wir wissen, wer im deutschen Fondsbeirat ist. Die Einnahmen des Fonds gehen nach Liechtenstein, Begünstigte ist eine Stiftung ...«
»Daher weht der Wind«, meinte Yves.
»Das sagt gar nichts. Wir müssen jetzt in Erfahrung bringen, wer die Prüfer dort sind. Es kommt darauf an, ob man sie diskret zu einer Untersuchung bewegen kann.«
»Das glaubst du doch selbst nicht. Es wird so lange alles abgestritten, verschleppt, verschoben und verheimlicht, bis wirklich nichts mehr zu machen ist, das ist so in der Politik wie in der Wirtschaft. Dann heißt es, dass man lückenlos aufklären wird. Und ihr beide lebt weiterhin ziemlich gefährlich.«
»Das heißt doch nur, dass
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