Champagner-Fonds
Champagner erzeugen, unsere
Récoltants-Manipulants
, L eute wie ich. Und da sind 43 Genossenschaften, die CMs, die
Coopératives-Manipulants
, die selbst vermarkten. Wer soll da den Überblick behalten ...«
»Der Fonds hat in Villers-Allerand einen Keller angemietet, wo die Flaschen gelagert werden und wo dann das Degorgieren und die Folgearbeiten stattfinden.«
»Gehört habe ich davon noch nicht, aber ich bin mir sicher, du wirst es herausfinden. Von wem sind die
crayères
gemietet?«
»Vermieter soll eine Handelsgesellschaft sein.«
»Wie groß sind sie?«
»Die Keller werde ich mir morgen ansehen. Aber sie müssen groß sein, wenn da alle Flaschen der europäischen Fonds lagern. Du hast nirgends etwas in dieser Hinsicht läuten hören?«
»Woher soll ich wissen, was in den großen Häusern abläuft? Das sind Weltkonzerne wie Louis Vuitton, da ist Champagner ein Produkt von vielen. Oder es sind Handelsgesellschaften, die euren Aldi beliefern, wie die in Villers-Allerand. Außerdem, weißt du, wie viele Flaschen bei uns in den Kreidekellern schlummern?«
»So an die 1,2 Milliarden ...«
»So in etwa. Und was hat Langer damit zu schaffen?«
»Ich fürchte, er will damit Geld verdienen. Entweder hat ihn die allgemeine Gier gepackt, oder das System zwingt ihn, und er hat uns in die Wachstumsfalle gesteuert, genau lässt sich das nicht sagen.«
Yves sah ihn lange an und sagte nichts.
»Du scheinst nicht meiner Meinung zu sein? Was sagt denn ein Philosoph dazu?«
»Zur Gier oder zum Wachstum? Sicher – es gibt Menschen,die kriegen den Hals nie voll ... Ist Monsieur Langer so einer?« Yves nestelte an der Agraffe.
»Seine Beweggründe sind mir nicht bekannt. Er meint, die Firma müsse wachsen.«
»Das beten alle nach. Ich gehe von der Architektur aus. Wenn du anbauen willst, müssen die Fundamente das zusätzliche Gewicht neuer Mauern mittragen, sonst stürzt alles ein. Mit dem Wachstum wachsen auch die Probleme, der Müll, die Nachfrage nach Energie, die Schulden, die Abhängigkeiten. Wenn ein Einfamilienhaus einstürzt, hält sich der Schaden in Grenzen, ein Hochhaus reißt Hunderte mit ...«
»Ich weiß nicht, ob er die Finanzierung zusammenbekommt, Langer scheint mir gehetzt und nervös. Er interessiert sich neuerdings weder für das Tagesgeschäft noch für den Wein – geschweige denn für die Produzenten, so wie früher.«
»Woran hängt sein Herz?«
»Golf und Karneval, gute Restaurants, sein Mercedes ...«
Yves lachte. »Das ist alles? Möglicherweise fürchtet er seine innere Leere. Aus was für Verhältnissen stammt er?«
»Aus einer einfachen Familie, er ist stolz darauf, wie er sich hochgearbeitet hat, vom Weinvertreter zum Firmenchef. Dumm ist er nicht.«
»Solchen Menschen sitzt oft die Angst im Nacken. Sie kriegen nie genug, egal was sie besitzen, Philipp. Häuser, Weinberge, Geld, Frauen. Die Angst treibt sie um, dass es wieder so kommen könnte wie früher. Aber das Trauma ist den wenigsten bewusst. Vielleicht hat er ein sexuelles Problem. Kennst du seine Frau?«
Philipp sah auf Yves’ kräftige Hände, es waren nicht die eines Philosophen, sondern die eines Bauern, wie Helenas Hände. Er packte den Korken und drehte die Flasche. Es zischte nur, Yves wusste, wie man es machte.
»Ich finde Frau Langer langweilig. Sie geht shoppen,spielt Tennis, hat nicht viel zu sagen und interessiert sich für nichts, soweit ich das beurteilen kann. Deshalb poussiert er auf Reisen bei jeder Gelegenheit mit den jungen Frauen vom Marketing und den Messehostessen. Letztes Jahr hat er mich fatal an Berlusconi erinnert. Aber Langer sieht besser aus und ist nicht so schleimig. Nun schenk endlich ein!«
Yves, der bei dem Vergleich mit Berlusconi laut aufgelacht hatte, füllte die Gläser. Der feine Schaum stieg und hielt sich lange, bevor er zusammensank. Mit der Schaumbildung wurde viel experimentiert, und auch Yves legte Wert darauf. Er nahm nur hohe schlanke Gläser, damit die Bläschen beim Aufsteigen vom Grund genügend Zeit hatten, sich mit Kohlensäure zu füllen und oben am Rand des Glases einen Kranz bildeten. Schenkte man zwei Mal ein, um das Glas zu füllen, so wie Yves, dann hielt sich dieser Bläschenkranz länger. Er sah auf und schob Philipp das Glas zu.
»Das Streben nach Gewinn nennen manche Menschen Ehrgeiz, ich halte es von einem gewissen Punkt an für eine Sucht. Die Süchtigsten sind die Erfolgreichsten. Manche Ärzte verstecken ihre Morphiumsucht ein Leben
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