Champagner-Fonds
des Kellersystems vermietet wurden, an einen Fonds, alles streng von uns getrennt. Aber fragen Sie mich nicht, was ein Fonds ist und wie das funktioniert. Sicher ist es eine Masche, um anderen Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.«
»Das muss nicht sein«, meinte Philipp, obwohl er dasselbe dachte, Fonds wurden ja nicht aufgelegt, um Kunden zu beglücken. »Und wie sah es praktisch aus, ich meine, was geschah dann?«
»Sie begannen große Mengen Champagner einzulagern. Woher die kamen, von welchen Häusern oder welchen Winzern, das wussten wir nicht. Wir waren nie dabei, nur Touraine und seine Tochter. Sie ist ganz der Vater.
Un pitre présomptueux
, ein eingebildetes Würstchen. Die spielt sich noch schlimmer auf als der Vater. Dabei ist sie höchstens zwanzig.«
»Haben Sie für ihn gearbeitet?«
»Bewahre, nein. Sie bringen immer eigene Arbeiter mit. Wir dürfen keine Flasche anrühren, egal ob sie umräumen oder abfüllen oder etikettieren. Die beginnen erst mit der Arbeit, wenn wir Feierabend machen.«
»Die füllen selbst ab? Ich denke, die kaufen fertige Champagner bekannter Namen?«
»Das sicher auch, Monsieur, aber ich weiß ganz genau, dass sie abfüllen. Wo sie einkaufen, weiß ich nicht. Wenn die Flaschen geliefert werden, sind nirgends Etiketten drauf.«
»Und wieso haben Sie ihn gefragt, ob er schon wieder auf den Beinen sei?«
»Ich kann diesen Touraine nicht leiden, und deshalb ärgere ich ihn gern. Er mag niemandem von uns die Hand geben, und deshalb schütteln wir sie ihm bei jeder Gelegenheit, das machen alle.« Der General lachte. »Entweder mag er keine Arbeiter, oder wir sind ihm zu schmutzig, oder der Bourgeois fürchtet sich vor dem Proletarier. Sie sind keinKommunist, nein? Nicht zufällig? Es gibt in Frankreich auch viele Leute wie Sie, Intellektuelle, die sind auch Kommunisten oder Trotzkisten. Sind Sie keiner von denen?«
»Ich interessiere mich nicht für Politik.«
»Wieso nicht? Alles ist Politik.«
»Es ist ein schmutziges Geschäft.«
»Es ist ein Geschäft wie jedes andere, wie das, was wir hier machen. Die Parteien sind Unternehmen. Die verkaufen eben Ideen, Worte, Illusionen, und in der eigenen Partei prügeln sich alle untereinander um die besten Jobs. Wer am besten bescheißen kann oder die größte Beute verspricht, wird Präsident. Und Sie, Monsieur, Sie wollen etwas haben, das ich habe, nämlich Informationen. Dafür müssen Sie zahlen – wie für alles im Leben.« Seine Ausführungen schienen ihm Spaß zu machen.
Also lief es auf Geld hinaus. Als Philipp noch überlegt hatte, ob ein solches Geschäft unmoralisch sei, hatte sein Gegenüber längst die Situation erfasst. Der General war sich sicher, wen er in Philipp vor sich hatte und was er wollte.
»Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.«
»Welche?«
Philipp glaubte, dass der General genau wusste, was er wissen wollte, also musste er ihm ein Angebot machen. Er schob unauffällig einen Zwanziger über den Tisch.
»Dabei verhungert man ja, Monsieur. Sie geben heute Abend mehr als das für Ihr Abendessen aus – mit Wein.« Der General spielte den Beleidigten. »Etwas mehr sollte es sein, wenn ich für Sie die Augen offen halten soll. Oder haben Sie noch was anderes vor?« Bei seinem Flüstern konnte man die Worte unmöglich am Nebentisch verstehen, zu vorgerückter Stunde wogten die Stimmen lautstark durch den Raum. »Mit siebzig bin ich zufrieden.«
»Ich gebe Ihnen fünfzig, dann sehen wir weiter.«
Der General steckte das Geld wortlos ein, ohne sich zu vergewissern, ob ihn jemand beobachtete.
»Was haben Touraines Leute nun gemacht? Ich habe gesehen, dass gefegt worden ist. Er hat gesagt, es seien eine Menge Flaschen geplatzt, und deshalb hätten sie umschichten müssen ...«
» Bêtises
, Quatsch.«
»... eine fehlerhafte Lieferung von Flaschen.«
»Das kann passieren, wenn die Dosage nicht stimmt, wenn zu viel Hefe in den Wein gegeben wird. Aber das Platzen hätten wir gehört.«
»Auch wenn es nachts passiert?«
»Dann hätte ich die Flecken auf dem Boden gesehen, und ich hätte es gerochen. Wir laufen morgens durch alle Gänge.«
»Weshalb war er dann da?«
»Können Sie sich das nicht denken? Weil wir nicht da sind und nicht sehen, was sie machen und wer für ihn arbeitet. Offiziell heißt es, dass sie unseren Arbeitsablauf nicht stören wollen. Wir sollen sie in Ruhe lassen. Das tun wir auch.«
»Haben Sie eigentlich Zugang zu allen Kellern?« Philipp wurde
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