Champagner-Fonds
es Champagner war?«
Nach dem Frühstück waren sie wieder unterwegs, heute in Richtung Süden und ohne Haken zu schlagen. Philipp wollte nach Urville. Dort, in der Côte des Bar, dem südlichsten Teil der Champagne, lebte ein Winzer, dessen Champagner Philipp kannte und schätzte, den er für France-Import ausgesucht und dessen Etiketten er gestern in der Halle gesehen hatte. Somit bildete auch er einen Teil des Fonds.
»Unser Verfolger wird sich wundern, oder die Verfolgerin«, Philipp blickte grimmig in den Rückspiegel, »falls es wieder eine Frau ist. Inzwischen machen Frauen wirklich jeden Scheiß mit und halten das für Emanzipation. Ich würde sonst was darum geben zu wissen, wer sie uns auf den Hals gehetzt hat.«
»Wer außer Touraine kann es sein?«, fragte Thomas und sah sich um. »Und wieso wird er oder sie sich wundern?«
»Weil der da hinter uns nicht damit rechnet, dass wir hundertfünfzig Kilometer fahren. Die Côte des Bar ist der südlichste Teil der Champagne, er grenzt direkt an die Côte d’Or im Burgund.«
»Und was liegt dazwischen?«
»Das Land gehört nicht dazu. Am Anfang des letzten Jahrhunderts wurden die Trauben der Côte des Bar nach Reims verkauft, um Champagner zu machen. Irgendwann, als die Appellation offiziell eingeführt wurde, gab es in BarÄrger mit den Weinbauern und Lieferstreiks. Sie wollten auch zur Appellation Champagne gehören. Das haben sie erreicht, aber je weiter die Weinberge von Reims entfernt waren, desto weniger wurden sie als Cru- und Premier-Cru-Lagen eingestuft. Deshalb gab es auch weniger Geld für diese Trauben, das ist bis heute so. In Bar ist der Boden anders, es kommt mehr Kalkstein vor, deshalb wird auch Pinot noir wie im Burgund angebaut. Vor hundertfünfzig Jahren gab es hier doppelt so viel Weinland wie heute und drei Mal so viele Einwohner.«
Als Thomas mit seinem Mobiltelefon herumfummelte, erinnerte sich Philipp an Langers Anruf. Er durfte ihn nicht länger warten lassen.
»Ich habe Sie heute zurückerwartet.« Langer war stinkig. »Ist mit Ihnen im Laufe des Tages zu rechnen?«
»Ich hatte Ihnen letzte Woche bereits gesagt, dass es Schwierigkeiten mit Monsieur Touraine gibt ...«
»... und mit Ihnen, wie mir scheint. Ich habe Sie eingestellt, damit Sie Probleme lösen und nicht welche schaffen.«
Philipp gab sich einen Ruck. »Es zeichnet sich eine Katastrophe ab, Herr Langer. Wir müssen dringend miteinander reden, ganz im Vertrauen, unter vier Augen, und nicht jetzt am Telefon.«
»Das hört sich ja sehr geheimnisvoll an. Haben Sie was angestellt? Sagen Sie es gleich, Achenbach!«
»Es geht um den Fonds. Ich glaube, dass hier ein ziemlich krummes Ding abgezogen wird, und ich brauche noch mehr ... äh ...« Beweise hatte er sagen wollen, aber das klang zu kriminalistisch, deshalb entschied er sich für »... mehr Informationen, um zu einem Urteil zu gelangen.«
»Na gut, wenn es hilft. Dann sind Sie morgen hier?«
»Frühestens übermorgen.«
»Mann, Achenbach. Sie sind doch sonst so schnell. Beeilen Sie sich, Goodhouse ist diese Woche in Köln, dann will ich Sie bekannt machen. Er ist sehr gespannt. Ich habe Siein den höchsten Tönen gelobt. Es können sich neue Aufgaben für Sie ergeben, interessante Aufgaben, auch finanziell ...«
Das Gegenteil wird der Fall sein, dachte Philipp, nachdem das Gespräch beendet war. Er sah zum wiederholten Mal in den Rückspiegel. Der Motorradfahrer wusste Abstand zu halten, sie oder er hatte gelernt. Sein schlechtes Gewissen nagte im Stillen weiter. In Montmort-Lucy hatten sie den Motorradfahrer aus den Augen verloren und atmeten auf. In Sézanne war bei der komplizierten Straßenführung rund um das Städtchen kein Zweifel mehr möglich, dass er sie weiter verfolgte. In Anglure, als sie die Aube überquerten und an einer Brücke ausstiegen und darüber sprachen, sich ein Hausboot für eine längere Tour zu mieten, und Thomas ihn mit der Frage ärgerte, ob er lieber Helena oder Louise mitnehmen würde, wartete der Motorradfahrer am Ufer des Flüsschens unter einer Trauerweide. Auf der Schnellstraße rund um Troyes hielt er noch mit, aber dann, Thomas sah es, bog er in eine Tankstelle ein. Ihm musste das Benzin ausgegangen sein, auf eine derart lange Tour war er nicht vorbereitet.
»Jetzt gib Stoff, Papa, aber verschärft! Dann sind wir ihn endgültig los.« Thomas schien ihr Abenteuer Spaß zu machen, Philipp hingegen war das Versteckspiel satt. Er fühlte sich miserabel,
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